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Influencer Marketing ist in aller Munde – und erfreut sich auch im B2B-Bereich zunehmender Beliebtheit. Wir haben mit Falk Hedemann, Consultant für digitale Kommunikation und Content Distribution, über das Thema gesprochen.

Lieber Falk, für diejenigen, die dich nicht kennen, erzähl uns doch zunächst einmal, wer du bist und was du online so machst.

Hallo Frank, die Frage hört sich eigentlich ganz einfach an, tatsächlich ist sie aber gar nicht so einfach zu beantworten. Ich versuche es trotzdem mal:

Ich arbeite seit über zehn Jahren als Journalist und schreibe für verschiedene Fachmedien in Print und auch digital. Zudem bin ich Mitherausgeber beim UPLOAD Magazin. Mein Themenschwerpunkt „Digitale Kommunikation“ begleitet mich schon sehr lange und über meine Publikationen erreichten mich immer wieder spannende Projektanfragen von Unternehmen. Vor etwa fünf Jahren weitete ich mein Betätigungsfeld daher auf das Consulting aus. Ich berate seitdem Unternehmen bei Kommunikationsprojekten, vornehmlich im Bereich Content Marketing. Außerdem fungiere ich als Enabler, das heißt ich baue direkt in den Unternehmen die nötigen Kompetenzen auf, damit sie die Projekte irgendwann selbständig weiterführen können.

Der Begriff Influencer Marketing ist inzwischen zu einem echten Hype-Thema im Marketing geworden. Zurecht?

Sagen wir mal so: Das Thema Influencer Marketing hat schon seine Relevanz, nur so wie es oftmals eingesetzt wird, bekommt es für mich eine stark überhöhte Stellung. Einfach etwas zu machen, weil es alle anderen auch einsetzen, ist noch keine wertschöpfende Strategie und noch nicht mal eine kurzfristig sinnvolle Taktik.

Was bedeutet für dich gutes Influencer Marketing?

Gut ist für mich Influencer Marketing immer dann, wenn alle Beteiligten einen Mehrwert erhalten. Gemeint sind damit die Influencer selbst, die beauftragende Marke und natürlich die Konsumenten als Empfänger. Wenn wir uns dann einmal bekannte Kampagnen anschauen, bleibt oft mindestens einer der Beteiligten ohne Mehrwert. Interessanterweise sind das oft die Konsumenten, also die, die doch eigentlich positiv beeinflusst werden sollen. Hier könnte das Influencer Marketing noch viel vom Content Marketing lernen, wie ich es einsetze. Wie würden Kampagnen wohl aussehen, wenn sie konsequent vom Kunden aus gedacht werden würden? Ich behaupte mal etwas provokant: mehr als 90 Prozent der Kampagnen würde es gar nicht geben.

Viele verbinden mit Influencer Marketing ausschließlich B2C-Kommunikation. Aber auch im B2B-Bereich gewinnt das Thema mehr und mehr an Bedeutung. Wie muss man sich einen B2B-Influencer vorstellen und was kann er für eine Marke tun?

Für mich ist der B2B-Bereich sogar der Ausgangspunkt von Influencer Marketing, wobei es hier viel eher um Influencer Relations geht. Das wurde erst mit der B2C-Kommunikation zu einem Werkzeug im Sinne von Performance Marketing.

Ein B2B-Influencer ist jemand mit einer ausgewiesenen Expertise in einem bestimmten Themenbereich. Wenn sich beispielsweise jemand intensiv mit Monitoring-Tools beschäftigt und sich umfangreiches Wissen sowie praktische Erfahrungen aneignet, dann ist er für die Anbieter von professionellen Monitoring-Tools hochgradig interessant. Der Grund liegt auf der Hand: Seine Empfehlungen können Kaufentscheidungen beeinflussen. Die Anbieter können gleich mehrfach von solchen Experten profitieren. Zum einen ist es sicher keine schlechte Idee, mit ihm in den Dialog zu treten, um noch besser die Bedürfnisse der Nachfrageseite kennenzulernen. Zum anderen sollten die Anbieter proaktiv dafür sorgen, dass der Influencer immer den aktuellen Entwicklungsstand des Produkts kennt. Wenn er zum Beispiel in einen Beta-Test aufgenommen wird, kann er seine Erfahrung für wertvolles Feedback nutzen und hat das Tool immer im Hinterkopf, wenn er von der Bedarfsseite um Empfehlungen gebeten wird.

Für den Anbieter ist das sicherlich deutlich aufwändiger als eine bezahlte Kampagne, aber dabei kommt am Ende eben auch nur Werbung heraus. Und wie gut Werbung heute noch funktioniert, darf jeder gerne selbst für sich bewerten.

Spielen Faktoren wie die Reichweite im B2B-Bereich eine ebenso wichtige Rolle oder sind hier andere Dinge entscheidend?

Reichweite spielt immer eine Rolle, aber im B2B ist die Qualität der Kontakte viel entscheidender. Außerdem sind auch die Expertise des Influencers und das von ihm über sein Wissen und Wirken aufgebaute Vertrauen wichtigere Faktoren. Dann irgendwann kommt auch noch die Reichweite ins Spiel, aber die ist naturgemäß im B2B eh viel geringer als im B2C, da die Reichweite von der Größe der Zielgruppe abhängt.

Falk Hedemann
Falk Hedemann beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit dem Themenfeld „Digitale Kommunikation“.

Du selbst bist beispielsweise bei Unternehmen wie Adobe ein wiederkehrender Speaker, wenn es um digitale Trends geht. Der ein oder andere verbindet dich inzwischen sogar bereits mit der Marke. Wie nimmst du selbst das wahr?

Adobe gehört aus meiner (natürlich subjektiven) Sicht zu den Unternehmen, die bereits gute Influencer Relations betreiben. Meine Zusammenarbeit mit Adobe ist in vielen Jahren gewachsen und beruht gegenseitig auf Wertschätzung, Vertrauen und Respekt. Ich sehe mich eher als Partner und überhaupt nicht als Werber. Ich teile meine Eindrücke mit und verbinde sie mit den Erfahrungen aus meinem beruflichen Alltag. Da gehört sicher auch mal Kritik dazu, wenn es angebracht ist. Ich bin jederzeit frei in meinem Handeln, habe zudem gute Kontakte zu Wettbewerbern und besuche auch deren Events. Meine Unabhängigkeit ist mir schon sehr wichtig und die sehe ich auch nicht in Gefahr.

Immer wieder hört man, dass die besten Influencer aus der Mitte eines Unternehmens kommen. Welche Beispiel fallen dir da spontan ein? Würdest du diese Aussage unterstützen?

Nein, für mich ist sind das keine Influencer, sondern Markenbotschafter. Sie repräsentieren eine Marke und sind natürlich nicht unabhängig. Natürlich ist das für Unternehmen und Marken ebenfalls ein guter Hebel für die öffentliche Wahrnehmung, aber eher als Ergänzung zu Influencern. Es gibt natürlich einige bekannte Beispiele wie Magdalena Rogl für Microsoft oder Uwe Knaus und Sascha Pallenberg für Daimler, aber viele B2B-Unternehmen vor allem aus dem KMU-Bereich haben hier noch Nachholbedarf.

Ich halte Markenbotschafter für sehr sinnvoll, wenn sie sich entsprechend aufstellen. Reiner Marketing-Sprech und platte Werbebotschaften helfen dabei allerdings überhaupt nicht, eher im Gegenteil. Interessant finde ich die steigende Zahl der Anfragen zu Leadership-Projekten, die mich aktuell erreicht. Dabei geht es nicht um die Positionierung von Mitarbeitern aus der Mitte der Unternehmen oder aus der Kommunikation, die den Großteil der Markenbotschafter stellen, sondern explizit um den C-Level. Auch in der Führungsetage der Unternehmen steigt also das Bewusstsein, die eigene Marke mit adäquaten Inhalten in die Öffentlichkeit zu tragen. Ich halte das für einen validen Trend, der langfristig zulasten der Werbebudgets gehen dürfte.