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Change-Projekte sind komplex und bringen viele Herausforderungen mit sich. Eines der Schlüsselelemente, das oft übersehen wird, sind Emotionen. Julia Schleidt erkundete bei einem Roundtable im CyberForum die Facetten von Emotionen im Kontext von Veränderungsprojekten und stellte fest, dass die Teilnehmenden eine breite Palette von Assoziationen zum Thema Veränderung hatten – von Angst und Freude, über das Verlassen der Komfortzone bis hin zum Ergreifen von Chancen. Veränderung ist Teil der menschlichen Natur, insbesondere im Kontext von BANI (Brüchigkeit, Angst, Nichtlineares, Unverständliches), in dem wir uns derzeit befinden. Emotionen spielen dabei eine entscheidende Rolle und beeinflussen auch die täglichen Entscheidungen der Menschen sowie die Leistung von Teams und die Umsetzung von Projekten.

Was sind Emotionen?

Emotionen sind kurze, bio-psycho-soziale Reaktionen auf spezifische Ereignisse, die unser Wohlbefinden beeinflussen und normalerweise sofortiges Handeln erfordern. Diese Gefühle sind die Empfindungen des Körpers. Emotionen sind weder positiv noch negativ, sie sind angenehm oder unangenehm.

An der Entstehung von Emotionen sind verschiedene Teile des Gehirns beteiligt, u.a:

Thalamus: Überträgt sensorische Informationen von den Sinnen zu anderen Teilen des Gehirns.

Amygdala: Verarbeitet emotionale Informationen und spielt eine Rolle bei der „Kampf-oder Flucht“-Reaktion auf Bedrohungen.

Präfrontaler Cortex: Reguliert Emotionen und unterstützt die Entscheidungsfindung.

Man spricht von fünf Emotionen, die in allen Kulturen vorhanden sind, diese sind:

Angst: Eine natürliche Reaktion auf potenzielle Gefahren.

Ärger: Entsteht bei Frustration oder Bedrohung.

Trauer: Eine emotionale Antwort auf Verlust oder Trennung.

Scham: Ein Gefühl der Unzulänglichkeit oder Schuld.

Verwirrung: Wenn wir uns unsicher oder desorientiert fühlen.

Emotionen

Wie kann man Emotionen regulieren?

Die Regulierung von Emotionen ist eine individuelle Aufgabe, für die es verschiedene Methoden gibt. Julia Schleidt verwies auf die Methode der bifokalen Achtsamkeit, bei der die Person ihre Aufmerksamkeit gleichzeitig auf zwei Reize oder Aktivitäten (innerlich oder äußerlich) richtet. Zum Beispiel kann sie an eine stressige Situation denken, während sie rückwärts zählt oder eine Atemtechnik anwendet. Nach aktuellen Forschungsergebnissen gilt die bifokale Aufmerksamkeit als Hauptweg zur Regulierung von Emotionen.

Das Modell der 5 Wirkfaktoren, das für die Ausbildung von Emotionscoaches entwickelt wurde und erfolgreich im Change-Management angewendet wird, umfasst folgende Aspekte:

  1. Transformative Allianz: Die Beziehung zwischen Coach und Coachee macht 30 – 70% des Coachingerfolgs aus. Mit dieser Methode lernt man, eine stabile und transformative Allianz zwischen dem Coach und seinem Coachee aufzubauen und so zum Erfolg des Coachingprozesses beizutragen.
  2. Relational-motivationale Klärung: Intuitives Vorgehen im Coaching ist nicht mehr zeitgemäß, insbesondere wenn wir genau wissen, was zum Erfolg eines Coachings beiträgt. Es ist wichtig zu wissen, wie man das Problem des Coachees ganzheitlich erfasst und strukturiert, wann man welche Intervention einsetzt und welche Wirkung sie hat.
  3. Aktivierung von Ressourcen: Der Erfolg eines Emotionscoachings hängt vor allem davon ab, wie gut es dem Coach gelingt, die vom Coachee mitgebrachten Ressourcen für die Coachingziele zu aktivieren. Der Emotionscoach arbeitet immer ressourcenstärkend und aktiviert gezielt die Ressourcen des Coachees auf verschiedenen Wegen.
  4. CORE – Aktivierung: Bleibt ein Coaching lediglich auf der kognitiven und sachlichen Ebene, bewegt sich auch der Veränderungsprozess nur an der Oberfläche. Für eine nachhaltige Tiefenwirkung des Coachings, bedarf es der emotionalen Aktivierung, Regulation und Ressourcenstärkung.
  5. Emotionsregulation: Nachdem das emotionale Kernthema identifiziert und die dazugehörigen Emotionen aktiviert wurden, kommen wir zum Kern des Emotionscoachings: der Emotionsregulation. Man lernt die nachweislich wirksamsten Methoden und das zugrundeliegende Wirkprinzip, um emotionale Blockaden zu lösen.

Emotionale Blockaden sind Hindernisse oder Einschränkungen im emotionalen Erleben einer Person, die den freien Fluss und die Regulation von Emotionen behindern. Diese Blockaden können verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel traumatische Erlebnisse, ungelöste Konflikte, negative Glaubenssätze oder unbewusste Ängste.

5 Wirkfaktoren

Emotionale intelligente Change Projekte

Solche Projekte zielen darauf ab, die emotionale Intelligenz von Mitarbeitenden und Führungskräften zu fördern und zu nutzen, um Veränderungsprozesse effektiver zu gestalten. Merkmale sind die Förderung der emotionalen Intelligenz, der Aufbau der emotionalen Widerstandsfähigkeit, die Verbesserung der Führung durch emotionale Intelligenz, die Förderung von Kommunikation und Zusammenarbeit sowie die Beteiligung der Mitarbeitenden am Veränderungsprozess.

Durch die Berücksichtigung der emotionalen Intelligenz als integralen Bestandteil des Veränderungsmanagements können Organisationen die emotionalen Herausforderungen des Wandels effektiver bewältigen und die Akzeptanz und Umsetzung von Veränderungen verbessern.

 

Die Inhalte dieses Wissensbits stammen aus einem Impulsvortrag im Rahmen des RoundTable „Emotionen – Der Grund, warum Change Projekte scheitern“ von Julia Schleidt, Wirtschaftsingenieurin und Emotions- und Businesscoach. Diese Veranstaltung wurde durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) Plus gefördert und ist vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg kofinanziert.