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Es ist an der Zeit, im Recruiting umzudenken. Denn der Fachkräftemangel im IT-Sektor erreicht Rekordhöhen: Laut des Digitalverbandes Bitkom sind inzwischen 149.000 Jobs in Deutschland unbesetzt – und die Lage wird sich weiter verschärfen. Deshalb sollten sich Personaler:innen auf Soft Skills, Diversität und Inklusion konzentrieren.

Viele Unternehmen suchen IT-Fachkräfte über Job-Portale, über ihre eigenen Karriereseiten, Talent-Pools und Social-Media-Kanäle, über Messen oder Universitäten. Das sind wichtige Maßnahmen, um offene Positionen zu besetzen. Doch, wie man heute schon sieht, werden sie nicht reichen. Deshalb ist ein Paradigmenwechsel erforderlich. Personaler:innen sollten sich die Frage stellen: Müssen wirklich alle im Team klassische Qualifikationen wie ein abgeschlossenes Studium im Informatik-Bereich, Kenntnisse über diverse Software-Programme oder vollumfängliche Erfahrungen im Programmieren haben?

Fokus auf Soft Skills bei Führungskräften

Der IT-Beruf hat sich in den letzten Jahren verändert. Denn die Digitalisierung betrifft das ganze Unternehmen. Alle Abteilungen sollen effizient und vernetzt zusammenarbeiten. Dadurch müssen Daten durch die gesamte Wertschöpfungskette „fließen“; der Einsatz bestimmter Software und KI-Tools darf zu keinen Insellösungen führen. IT-Führungskräfte sind mittlerweile für fach- und abteilungsübergreifende Großprojekte verantwortlich. Sie kümmern sich um Bedenken und Konflikte, sorgen für Kompromisse und Lösungen. Dafür brauchen sie in erster Linie folgende Fähigkeiten: ein offenes Mindset, Respekt, Toleranz, Flexibilität, Kreativität, Teamfähigkeit, funktionsübergreifende, empathische und kommunikative Kompetenzen.

Um auf der C-Level-Ebene Positionen im Tech-Bereich zu besetzen, haben Recruiter:innen nun die Möglichkeit, auch Bewerber:innen mit geringeren IT-Fachkenntnisse, aber mit relevanten, sozialen Soft Skills einzuladen. Dazu zählen Führungskräfte aus Fachbereichen wie dem Projekt- oder Produkt-Management. Fehlende Fachkenntnisse können im Nachgang durch Schulungen aufgebaut werden. Das ist für Unternehmen vorteilhafter und günstiger, als eine Management-Stelle – aufgrund des Fachkräftemangels – unbesetzt zu lassen.

Aktiv Diversitätsprogramme anlegen

Allein Quereinsteiger:innen oder auch Senior:innen eine Chance zu geben, sorgt für mehr Diversität im Team. Darüber hinaus sind Frauen in IT-Berufen unterrepräsentiert. Wenn das Management aber auf die Zielgruppe passende Rahmenbedingungen schafft, dann kann sich die Situation ändern. Offene Positionen werden beispielsweise für Eltern attraktiv, wenn sich zwei Kandidat:innen eine Stelle teilen, wenn sie flexibel und hybrid arbeiten dürfen. Dabei gilt es, solche strategischen Konzepte gleich in den Stellenausschreibungen zu verankern.

Dabei sollten Personaler:innen immer den Reifegrad der Diversität im Blick haben. ITler:innen sind Expert:innen. Sie können nicht überwiegend durch Quereinsteiger:innen ersetzt werden. Personalverantwortliche sollten bei der Zusammensetzung diverser IT-Teams stetig überprüfen, welche Soft Skills, Erfahrungen und Qualifikationen insgesamt vorhanden sind und wo Abstriche gemacht werden können, um alle Herausforderungen der digitalen Transformation im Unternehmen zu meistern.

Inklusionskonzepte integrieren

Auch bringen neurodivergente Mitarbeitende viel Potenzial für Tech- und IT-Positionen mit. Zu ihren bereichernden Persönlichkeitsmerkmalen zählen Analysefähigkeiten, Mustererkennung, logisches Denken, mathematische Kenntnisse, Kreativität und Spontanität.

Um die Diversität und kollektive Intelligenz im Team weiter zu stärken, sollten auch für diese Kandidat:innen die richtigen Voraussetzungen im Unternehmen entwickelt werden: Dazu braucht es beispielsweise inklusive Stellenausschreibungen, ein barrierefreies Büro oder auch Interviewgespräche, die anders gestaltet sind. Neurodiverse Bewerber:innen profitieren zum Beispiel von einer reizarmen Umgebung, einer klar strukturierten Organisation und Kommunikation während des Recruiting-Prozesses.

Unternehmenskultur entscheidet über den Erfolg

Damit sich diese neuen Kolleg:innen wohlfühlen, ist eine Firmenkultur, die auf Respekt, Toleranz, Wertschätzung und Verständnis beruht, eine Grundvoraussetzung. Ein weiterer Erfolgsschlüssel sind die Führungskräfte. Sie sollten für eine barrierefreie Karriereentwicklung, ein integratives und sicheres Arbeitsumfeld sorgen.

Der IT-Fachkräftemangel ist zur größten Herausforderung für Unternehmen geworden. Den Fokus auf Soft Skills, Diversitäts- und Inklusionsprogramme zu legen, sind praktikable Lösungsansätze. Solche Maßnahmen führen nicht nur zur Besetzung offener IT-Stellen, sondern fördern auch die Innovationskraft im Unternehmen. Denn die neue Vielfalt trägt zur Weiterentwicklung der Teams bei.