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Als sich Waldemar Titov vor zweieinhalb Jahren ein gebrauchtes Rennrad kaufte, beschäftigte er sich auch zum ersten Mal in seinem Leben mit dem Zustand der Fahrradwege in Karlsruhe. „Eigentlich war ich lediglich auf der Suche nach einer Karte mit rennradtauglichen Radwegen“, erinnert sich der wissenschaftliche Mitarbeiter der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft an diese Zeit. Doch weil es so etwas noch nicht gab, nahm er die Sache einfach selbst in die Hand und programmierte im Rahmen des Studienprojekts Verkehrstelematik am Institut für Ubiquitäre Mobilitätssysteme (IUWS) die Applikation „GyroTracker“ zur Klassifizierung von Radwegen.

„Jedes Smartphone hat heute genügend Sensoren und eine ausreichende Rechenleistung für die aktuelle Standortbestimmung und das Erfassen der Umgebung“, sagt Titov. „Und mit diesem Daten kann dann die Einstufung des Untergrunds in verschiedene Kategorien vorgenommen werden“.

Einteilung der Radwege in drei Kategorien

Für das Sammeln der Daten muss die App nur heruntergeladen und das Smartphone mit einer entsprechenden Haltevorrichtung möglichst fest am Lenker oder am Gepäckträger befestigt werden. Bereits während der Fahrt werden die übermittelten Daten dann ausgewertet, ins System eingestellt und auf den Straßenkarten von Google Maps angezeigt. Derzeit teilt „GyroTracker“ die Radwege in drei verschiedenen Kategorien ein. Zur besten Klasse gehören die topfebenen, asphaltierten Rennradstrecken, zur schlechtesten ruckelige Kopfsteinpflasterpisten oder grob geschotterte, löchrige Feldwege. „Prinzipiell können noch mehr Kategorien ausgewiesen werden“, sagt Titov. Außerdem könne die App auch zum Einsatz auf nicht kommerziellen Karten wie der OpenStreetMap weiterentwickelt werden. „Da sind auch mehr kleinere Wege verzeichnet und das wäre gerade für die Gegend um Karlsruhe sehr hilfreich“; sagt Titov. Auch könne er mit seiner App dann auch eine gewisse Unabhängigkeit von den Branchenriesen erlangen und den künftigen Nutzern einen echten Mehrwert bieten.

Große Datenmenge durch Crowdsensing mit zahlreichen Teilnehmern

Die Klassifizierung der Radwege rund um die Fächerstadt anhand ihrer Oberflächen ist nämlich Titovs nächstes Ziel. Dafür will der Wissenschaftler mit Bachelorabschluss in Geoinformationsmanagement und Master in Verkehrssystemmanagement ab dem Frühjahr 2019 einige Studierende mit der entsprechenden Ausrüstung auf Erkundungstour schicken. Bis dahin soll die App auch kostenfrei im Internet verfügbar sein, um möglichst viele Radfahrer zum Mitmachen zu motivieren. „Wenn es zu einem regelrechten Crowdsensing kommt, erhalten wir in relativ kurzer Zeit sehr viele Daten und können damit ein valides Profil für zahlreiche Radwege in Karlsruhe erstellen“, so Titov. Doch auch die Nutzer sollen von der neuen Technik profitieren. Deshalb will Titov die App noch mit einigen Zusatzfunktionen ausstatten. „Dann können sich Rennradfahrer eine Route auf ausschließlich asphaltierten Radwegen planen lassen“, so Titov. Touren mit Inline-Skates könnten mit „GyroTracker“ dann ebenfalls geplant werden.

„Eine solche App ist auch ein Geschäftsmodell“

Doch nicht nur für Radfahrer stellt die App seiner Einschätzung einen Mehrwert dar, auch die Verwaltung kann von den Datensätzen profitieren. „Bislang werden Radwege zur Einteilung in verschiedene Schadensklassen von den städtischen Experten noch persönlich in Augenschein genommen“, betont Titov. Deshalb möchte er auch bei der Karlsruher Stadtverwaltung vorstellig werden und seine Ideen präsentieren. „Natürlich ist eine solche App auch ein Geschäftsmodell“, stellt Titov klar. Zunächst einmal müssten jedoch die verschiedenen Vermarktungsmöglichkeiten genau ausgelotet werden.