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Dank der ergiebigen Schneefälle herrschten im Winter 2017/18 auch in den kleineren Skigebieten des Nordschwarzwalds beste Wintersportbedingungen und auf rund 1.000 Metern Höhe über dem Meeresspiegel konnten sich Alpinskifahrer und Langläufer von Mitte Dezember bis Mitte März nach Herzenslust austoben. Auch künftig sollten Schneesportfans die bestens präparierten Pisten und Loipen vor ihrer Haustüre so oft wie möglich in Anspruch nehmen, rät Harald Kunstmann, denn für die Zukunft des Wintersports in der Region zeichnet der Bereichsleiter vom Campus Alpin KIT-Instituts für Meteorologie und Klimaforschung (IMK-IFU) ein eher düsteres Szenario.

„Die Schnellfallgrenze wird sich in den kommenden Jahrzehnten sukzessive nach oben verschieben“, sagt der Physiker mit Wissenschaftsbüro am Fuß der Zugspitze in Garmisch-Partenkirchen. Grund für seine Annahme ist dabei der Klimawandel mit einem prognostizierten Anstieg der Durchschnittstemperatur von 1,5 Grad Celsius bis zum Jahr 2050. „Wegen der globalen Erwärmung fällt in den tieferen Lagen mehr Regen und der Schnee bleibt auch nicht mehr so lange liegen“, so Kunstmann. Die Basis für seine Berechnungen sind die nach Auswertung von sämtlichen zur Verfügung stehenden Wetterdaten erstellten Klimamodelle. „Das Prinzip ist ähnlich wie bei einer Wettervorhersage, nur eben über einen weitaus größeren Zeitraum“, so Kunstmann.

Neben den meteorologischen Daten wird bei den Klimaberechnungen allerdings noch der jährliche Ausstoß von Treibhausgasen mit einbezogen. Dass Kohlendioxid in der Atmosphäre einen direkten Einfluss auf das Klima habe und für die Erderwärmung mitverantwortlich zeichne, hätten außer ihm schon zahlreiche Wissenschaftler belegt, weist Kunstmann die Argumente von Klimaskeptikern zurück, „und bisher hat es noch keine seriöse Studie gegeben, die das Gegenteil belegt“. Nach Kunstmanns Erkenntnissen könnte höchstens ein unvorhergesehenes Extremereignis, wie ein Vulkanausbruch noch für eine deutliche Veränderung bei den derzeitigen Klimaprognosen sorgen. „Aber solche Annahmen sind wegen der geringen Wahrscheinlichkeit nicht seriös“, so Kunstmann.

Skifahren ist auch weiterhin möglich

Die Skiausrüstung müsse trotz der Tendenz zu weniger schneereichen Wintern allerdings noch niemand einmotten. Die Temperaturen steigen nach Kunstmanns Schätzungen nämlich nicht stetig an, vielmehr vergleicht der Experte das Zukunftsszenario mit einer nach oben verlaufenden Welle mit „zackigen Ausschlägen“ in beide Richtungen. „Es wird also aller Voraussicht nach auch weiterhin schneereiche Winter mit optimalen Bedingungen für Skifahrer geben“, betont Kunstmann, „aber es werden im mehrjährigen Vergleich eher weniger als bisher“. Und auch die Lage eines Skiorts spiele nach wie vor eine wichtige Rolle. Die so genannten „Schneelöcher“ in schattigen Tälern mit wenig Sonne, vielen Nordhängen und häufigem Niederschlag hätten auch in mehreren Jahren noch bessere Chancen auf einen geregelten Wintersportbetrieb als etwa die Sonnenhänge unter 1.500 Metern im Bregenzer Wald.

Schneekanonen können Wintersport in tiefer gelegenen Regionen nicht retten

Und nicht nur bei den Wintersportlern stoßen die Studien von Kunstmann und seinen Wissenschaftskollegen auf großes Interesse; für die Tourismusstrategen und die Skiliftbetreiber in den traditionellen Urlaubsorten im Alpenraum bilden sie die Grundlage für die zukünftige Ausrichtung. Um dauerhaft schwarze Zahlen schreiben zu können, brauche ein klassischer Skiort nach Kunstmanns Erfahrungen rund drei Monate Skifahrbetrieb und in den umsatzstarken Weihnachtsferien eine geschlossene Schneedecke.

„Das wird künftig bei Lagen unter 1.500 Metern auch mit dem Einsatz von Schneekanonen kaum mehr zu schaffen sein“, sagt Kunstmann, denn zur Erzeugung von ausreichend Kunstschnee brauche es über einen längeren Zeitraum Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Wer in einem tiefer gelegenen Wintersportort heute mehrere Millionen Euro in eine neue Beschneiungsanlage investiere, müsse deshalb damit rechnen, dass sich diese Ausgabe nicht mehr amortisiere, mahnt Kunstmann, „und deshalb sollten so früh wie möglich alternative Tourismuskonzepte zur Stärkung der Urlaubsorte entwickelt werden“.