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Die Zeiten, in denen Videospiele nur mit einem Millionenbudget und mit der Hilfe von großen Publishern erfolgreich werden, sind vorbei. In den letzten Jahren hat sich in der Games-Branche einiges getan, sodass zunehmend unabhängige Entwicklerteams mit Indiegames den Markt aufmischen. Möglich machen dies unter anderem Crowdfunding-Plattformen, wie Indiegogo oder Kickstarter. Auch in Karlsruhe hat sich eine Indiegames-Szene entwickelt. Wie groß ist diese und was macht sie aus? Wir haben mit Martin Nerurkar, Gründer von Sharkbomb Studios, gesprochen.

Lieber Martin, stelle dich unseren Lesern doch mal kurz vor: wer bist du, was machst du?

Ich bin Martin, habe Architektur studiert und entwickle Spiele. Zumindest ist das die Kurzfassung. Wenn du es genauer wissen willst, dann bin ich sowohl Freiberufler als auch selbstständiger Spieleentwickler. Als Freiberufler bin ich seit 2011 unterwegs und relativ breit aufgestellt: Game Design, UX Design, VR Development und mehr sind Dienste, die ich anbiete.

Als Spieleentwickler habe ich unter dem Label Sharkbomb Studios ein paar kleinere Smartphone-Games veröffentlicht und arbeite jetzt an einem größeren PC/Mac/Linux Titel.

Darüber hinaus organisiere ich noch diverse Events für die lokale und überregionale, unabhängige Spieleentwicklerszene.

Nachdem wir jetzt mehr über dich wissen, möchten wir natürlich auch mehr über dein Spiel erfahren. Erkläre uns doch in ein paar Sätzen, was euer Spiel ausmacht.

Unser Spiel Nowhere Prophet (verfügbar für PC, Mac und Linux) ist ein Einzelspieler Kartenspiel. Der Spieler schlüpft in die Rolle eines Anführers und muss seine Gefolgsleute durch eine gefährliche, post-apokalyptische Welt führen. Dabei ist die Route, auf der man spielt, stets neu. Das macht auch die Kämpfe, die man unterwegs mit einem taktischen Kartenspiel bestreitet, immer wieder spannend.

 

Lebst du hauptberuflich als Spieleentwickler oder ist es eher etwas, das du nebenher machst?

So ein bisschen was von Beidem. Aktuell ist es so, dass das Projekt – und auch mein Unterhalt – sowohl von Förderung, meinen Ersparnissen und meiner eigenen freiberuflichen Arbeit finanziert wird.

Wie würdest du die Games-Szene in Karlsruhe, hinsichtlich Größe und Aktivität beschreiben?

Karlsruhe ist verglichen mit Berlin, Hamburg oder München, die zu Deutschlands Hotspots gehören, natürlich eher etwas klein. Verglichen mit anderen Städten in Baden-Württemberg stehen wir aber sehr gut da.

Dabei wird die lokale Szene natürlich vor allem von den beiden lokalen Riesen Gameforge und Flaregames dominiert. Diese beiden Arbeitgeber haben einige Talente in die Region gebracht. Ich selbst bin hier in Karlsruhe, weil ich von 2009 bis 2011 bei Gameforge gearbeitet habe.

Leider haben beide Unternehmen in den letzten Jahren einige „strukturelle Veränderungen“ (lies: Entlassungen) durchgemacht. Davon sind haben sich einige Personen neue Jobs in der Branche gesucht und die Stadt verlassen, aber viele sind auch vor Ort geblieben und haben sich selbstständig gemacht. Das hat natürlich dazu geführt, dass die bis dahin sehr kleine Szene der unabhängigen Entwickler deutlich zugenommen hat.

Mit Events, wie der vom gamelab der HFG organisierten Global Game Jam, oder dem von Steffen Reichelt und mir organisierten Talk & Play Karlsruhe, hat die Szene der kleineren Entwickler auch an Zusammenhalt gewonnen.

Angela Merkel hat auf der Spielemesse Gamescon 2017 versprochen die Spieleindustrie mit mehr Fördergeldern zu unterstützen. Wurde sie zuvor eher stiefmütterlich behandelt?

Definitiv. Es gibt einige, die die Argumente dafür eloquenter ins Feld führen als ich, aber nur so viel: Der Umsatz der Spielebranche hat, je nachdem wie man zählt, entweder den der Filmbranche überholt oder zieht langsam mit dieser gleich.

Die Förderungslandschaft steht dagegen im klaren Missverhältnis. Wenn Deutschland international mithalten möchte, dann macht es vielleicht Sinn darüber nochmal nachzudenken.

Was muss Karlsruhe noch tun, um attraktiver für Entwicklerstudios zu werden?

Das ist so bisschen die Frage, was Karlsruhe für Studios anziehen möchte. Größere Studios anzuziehen ist nicht so einfach. Selbst wachsende Studios zu halten, gestaltet sich manchmal schwierig: Ein gutes Beispiel dafür ist das Gaming-Startups Fluffy Fairy Games, welches Anfang 2018 nach Berlin gezogen ist.

Um Entwicklerstudios zu halten oder auf sich aufmerksam zu machen, müsste man diese wahrscheinlich mit finanziellen Mitteln anziehen. Steuererleichterungen für Spielestudios sind in Kanada zum Beispiel an der Tagesordnung und haben einige der ganz Großen, wie Ubisoft, angelockt.

Auf der anderen Seite macht es aber auch Sinn – und das sage ich natürlich nicht ganz uneigennützig – die Umstände für kleinere Entwickler zu verbessern. Man könnte bei der Gründung von neuen Unternehmen helfen, junge Startups vor Ort zu halten und die existierenden zu stärken. Hier gibt es viele möglichen Wege: Coaching-Programme, Inkubatoren bis hin zu günstigen Büroräumen. Ideen gibt es ja genug :)

Zu guter Letzt: Kannst du dich noch an dein erstes Spiel als Kind/Jugendlicher erinnern?

Mein allererstes Spiel? Oh je, das wird irgendwas am C64 gewesen sein, als ich 4 oder 5 Jahre alt war. Eines der ersten Spiele ist sicherlich Pitstop, weil ich wahrscheinlich nie den Motorensound dieser Pixel-Rennwagen vergessen werde.