Videospiele sind weit gekommen: Wo die Herstellung und der Vertrieb früher ein reines Retail-Geschäft waren, existiert heute ein buntes Feld an Möglichkeiten: vom klassischen Verkauf über “Games as a Service”, über Freemium, über Crowdfunding bis zur Werbefinanzierung. Gunnar Lott, langjähriger Games-Journalist, PR-Berater und Podcaster, schreibt an dieser Stelle regelmäßig über digitale Geschäftsmodelle rund um Games.
Liebe Techtag-Leser,
dies ist der Start einer Serie von Artikeln zum Thema Games, wobei ich mich auf die Vielfalt der Geschäftsmodelle konzentrieren möchte und, mal detailliert, mal mehr mit dem Makro-Blick, interessante Ideen und Entwicklungen vorstellen werde. Wir beginnen aber mit einem groben Überblick über den Videospiele-Markt, um zunächst mal das Feld abzustecken.
Im Gaming spricht man von MAU und DAU, dem monthly active user und dem daily active user. Wenn man alle Menschen, die weltweit mindestens ein Mal im letzten Monat ein Spiel gespielt haben, also die MAU der gesamten Spieleindustrie zusammen zählt, kommt man auf über zwei Milliarden. Das ist natürlich keine Nische mehr.
Der globale Markt für Games ist fragmentiert und nicht perfekt dokumentiert, weil die Umsätze der Anbieter aus diversen Strömen kommen, von Abos über Verkäufe bis hin zu Werbung. Die beste Schätzung der Gesamtgröße beträgt rund hundert Milliarden Dollar und stammt vom Marktforscher Newzoo aus dem letzten Jahr. Die Zahlen von Newzoo sind nicht unumstritten, taugen aber als Überblick.
Der Konkurrent Superdata kommt auf gut 90 Milliarden, das kommt vermutlich ungefähr hin. Asien macht gut die Hälfte des Weltmarktes aus. Die größten nationalen Märkte sind China und die USA, wobei jeweils heimische Games dominieren. Mobile Games machen den Löwenanteil aus, vor allem aufgrund der Dominanz in Asien:
Ökosysteme
Interessanter als die schiere Größe der Zahlen ist der verengte Blick auf den westlichen Markt und seine Plattformen. Im westlichen Games-Markt gibt es eine Reihe an großen, konkurrierenden Ökosystemen mit teils überlappenden, teils exklusiven Angeboten: Zum einen die App-Stores von Google und Apple mit ihren Millionen Spielen, zum anderen die digitalen Stores der Konsolenhersteller (Microsoft, Sony, Nintendo) und die PC/Mac/Linux-Plattform Steam. Dazu ein paar kleinere: Amazon hat für seine Geräte einen eigenen Store, GOG und der Humble-Store sind Konkurrenten von Steam; die Marktführer der Branche, etwa Electronic Arts, haben noch eigene Angebote. Aber das verwirrt bloß. Wir bringen erstmal ein bisschen Ordnung in die Liste, okay? Also, so sieht das von oben aus:
Plattform | Notwendiges OS/Gerät | Anzahl der Spiele im Store | Games-Umsatz 2016 weltweit |
Steam | PC, Mac, Linux | unter 15.000 | ca. 3.5 Mrd. USD |
Apples AppStore | iOS | 400.000 – 500.000 | ca. 18 Mrd. USD |
Google Play | Android | 400.000 – 500.000 | ca. 11 Mrd. USD |
PSN Store | PS3, PS4, Vita etc. | über 5.000 | unbekannt* |
Sony weist für das letzte vollständige Geschäftsjahr 2015/2016 für das PSN einen Umsatz von rund 5 Mrd. US-Dollar aus, aber da sind Abogebühren enthalten – der reine Store-Umsatz, der vergleichbar mit den anderen Plattformen wäre, ist nicht bekannt. Und dann ist da noch die Schwierigkeit, dass einige der erfolgreichsten Spiele der Welt direkt vertrieben werden und nicht über die Stores kommen:
League of Legends etwa, ein kostenloses MOBA von Riot Games und vermutlich das beliebteste Spiel der Welt derzeit, macht eine gute Milliarde Dollar im Jahr und wird monatlich von mehr als 100 Millionen Menschen gespielt. Gleiches gilt für das Panzerspiel World of Tanks und die Spiele von Blizzard (Overwatch, World of Warcraft, Hearthstone, Heroes of the Storm), die im Jahr 2016 zusammen auch knapp 2.5 Milliarde Dollar Umsatz geholt haben.
Geschäftsmodelle
Das beherrschende Geschäftsmodell ist “Free to Play”, bei dem das Spiel als “Game as a Service” dauerhaft kostenlos bereitgestellt wird, für beschleunigten Fortschritt, besondere Funktionen, die Hervorhebung gegenüber anderen Spielern und bessere Siegchancen Geld verlangt wird. Free to Play macht nach sinnvollen Schätzungen gut 80 Prozent des weltweiten Umsatzes mit Games aus, die derzeit einzige Plattform, die nicht von F2P dominiert wird, sind Spiele auf Heimkonsolen wie PS4 und Xbox One. Neben F2P-Spielen, die stets auf Dauer angelegt sind, als kompetitive Multiplayer-Spiele zumeist, sind Kaufspiele der zweitwichtigste Umsatzstrom, dann kommen Einnahmen aus Ingame-Werbung, die vor allem Mobile zuletzt enorm an Bedeutung gewonnen haben.
In den nächsten Folgen dieser Artikelserie werden wir uns im Detail den bedeutendsten Geschäftsmodellen rund um Games widmen und untersuchen, wie F2P funktioniert, welche Bedeutung der Marktplatz Steam hat, wie auf Youtube und Twitch Geld verdient wird und noch einiges mehr.