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Wie kann man sich als Unternehmen dem Thema Gender Pay Gap nähern – und was hat das alles mit der Digitalisierung zu tun? Darüber haben wir mit Robert Szilinski, Vorstandsvorsitzender der esentri AG, gesprochen.

Lieber Robert, du bist Vorstandsvorsitzender der esentri AG. Für diejenigen, die euch bislang noch nicht kennen: Erzähl uns doch kurz, was ihr als Unternehmen so macht.

Wir bei esentri verstehen uns als Pioniere für die digitale Transformation von Unternehmen. Typische Kunden von esentri sind Hidden Champions oder solche, die das strategisch werden möchten. Wir entwickeln nachhaltige Zukunftsperspektiven für unsere Kunden und unterstützen sie dabei, sich ganzheitlich und nachhaltig für die digitale Zukunft aufzustellen.

Am 17. März 2021 wurden erstmals in der Geschichte der Entgeltgleichheit Unternehmen mit dem UNIVERSAL FAIR PAY CHECK ausgezeichnet. Unter den Preisträgern war auch die esentri AG. Damit geltet ihr als deutschlandweites Pilotunternehmen für faire Bezahlung. Wie ist es dazu gekommen und warum ist euch gerade dieses Thema so wichtig?

Ich versuche unsere Historie dahin kurz zusammenzufassen, denn die Gründe dafür sind vielschichtig. Bei esentri haben wir in den letzten Jahren vom großen DAX-Konzern bis hin zum gehobenen Mittelstand viele erfolgreiche Digitalisierungsprojekte umgesetzt. Häufig ging es dabei um die Optimierung von Geschäftsprozessen oder die Steigerung von Effizienz.

Wir haben für uns festgestellt, dass Digitalisierung mehr ist als das. Es geht am Ende nicht nur um den Profit, sondern auch um die Wirkung – und um gesellschaftliche Verantwortung. Wir stehen bei esentri für eine warme Digitalisierung, die den Mensch bei der Transformation in den Mittelpunkt stellt.

Entsprechend haben wir uns auch selbst in den letzten Jahren neu aufgestellt und verändert. Von der klassischen IT-Beratung hin zum Zukunfts-Hub für unsere Kund*innen.
Zentraler Baustein unserer eigenen Transformation ist unsere gelebte Selbstorganisation. Eine Initiative, die aus dem Kreis der esentri-Mitarbeitenden kam, war auf diesem Weg auch das Thema „Faires Gehalt“, das tatsächlich nicht einfach mal schnell zu lösen ist.

Wir sind große Fans von diversifizierten Teams und sind der Überzeugung, dass nachhaltig bessere Ergebnisse erzielt werden, wenn alle miteinander auf Augenhöhe arbeiten. Unser Verständnis von Digitalisierung benötigt insbesondere auch sehr viele weibliche Qualitäten und wir möchten klar zum Ausdruck bringen, dass Frauen bei uns nicht benachteiligt werden und als Arbeitgeber gleiche Zukunftschancen garantieren. Ich selbst habe zwei Kinder – Mädchen und Junge – und möchte, dass beide in einer Gesellschaft aufwachsen, die ganz selbstverständlich beiden die gleichen Chancen ermöglicht.

Ich war sehr froh mit Henrike von Platen und ihrem Fair Pay Innovation Lab super kompetente Experten im Netzwerk zu haben. Mit ihrer Unterstützung konnten wir am Ende auch zum Pilotunternehmen in Deutschland von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ausgezeichnet werden.

Was muss aus deiner Sicht passieren, damit Gender Pay Gaps deutschlandweit auf 0 Prozent gebracht werden können? Wo liegen die größten Herausforderungen?

Wir haben schon immer auf faire Bezahlung geachtet und dennoch hat die Analyse mit dem Fair Pay Innovation Lab gezeigt, dass auch wir nicht alles perfekt gemacht haben. Der erste Schritt ist meiner Meinung nach der, dass man sich auf Management-Ebene dem Thema stellt und akzeptiert, dass selbst bei den besten Absichten Gehaltsunterschiede auftreten können.

Damit einher geht auch eine Kultur, die durch Vertrauen und Transparenz getragen wird. Wer sich dem Thema Pay Gaps nähern möchte, muss sich auch im Bereich Kommunikation und Mindset entsprechend aufstellen. Es braucht eine offene Haltung und eine Bereitschaft sich mit verschiedensten Perspektiven auf das Thema Gehalt intensiv zu beschäftigen. Das ist nicht in allen Unternehmen selbstverständlich und wir haben auch in der Gesellschaft eine große Hemmschwelle darüber zu sprechen. Wir sollten hier auch als Unternehmer*innen unserer Verantwortung gerecht werden und in die Diskussion gehen, was „fair“ eigentlich ist und was wir auch im Sinne Nachhaltigkeit darunter verstehen.

Sind diese Herausforderungen genommen, gilt es zu handeln – und den Worten Taten folgen zu lassen, so dass es nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt. Eine Offenlegung aller Gehälter, die vielen Angst macht, braucht es übrigens nicht, um nachweislich fair zu bezahlen.

Eine Anmerkung noch aus unserer Erfahrung: Gender Pay Gaps sind relativ einfach zu finden und auch zu beseitigen. Schwieriger wird es noch, wenn man den Wert von Arbeit im Unternehmen generell bewertet. Das ist für uns die nächste Herausforderung: Unterschiede zwischen einzelnen Abteilungen oder Rollen im Unternehmen zu analysieren und hier gemeinsam die nächsten Schritte zu gehen.

Robert Szilinski
Robert Szilinski ist Vorstandsvorsitzender der esentri AG.

Du wirst am 4. Mai auf dem CyberForum InfoMarkt unter anderem auch über Equal Pay sprechen. Würdest du dir wünschen, dass mehr Unternehmer*innen deinem Beispiel folgen und das Thema in die Öffentlichkeit tragen?

Absolut. Das war auch der Grund, warum wir uns entschieden haben, mit gutem Beispiel voranzugehen. Ich spreche gerne darüber und freue mich auch auf den InfoMarkt. Nicht erst durch Corona leben wir in einer anderen Zeit und hinterfragen mehr als je zuvor, wohin sich unsere Gesellschaft entwickeln wird und wie wir eigentlich leben wollen. Andere Länder wie Island feiern tolle Erfolge mit Equal Pay und nicht nur durch die zuletzt verabschiedeten EU-Richtlinien wird das Thema auch bei uns in Deutschland immer relevanter.

Ich möchte jeden einladen, sich auf diesen Prozess einzulassen. Am Ende profitieren alle vom Ergebnis und ich bin überzeugt, dass alle Mitarbeitenden „Fairness“ zu schätzen wissen und auch honorieren. Im nach wie vor angespannten Fachkräftemarkt ist das ein absoluter Asset und für unsere ambitionierten Wachstumspläne in den nächsten Jahren ein wichtiger Erfolgsfaktor.

Als esentri AG seid ihr schon lange Zeit Mitglied im CyberForum. Was schätzt du an dem Netzwerk und warum lohnt es sich aus deiner Sicht für Unternehmen in und um Karlsruhe, hier Mitglied zu werden?

Netzwerke leben vom Erfahrungsaustausch und den Menschen, die sich dort vernetzen. Das gefällt mir beim CyberForum besonders gut. Wir waren gleich zu Beginn für die CyberChampion Awards nominiert und durch das CyberForum haben wir viele tolle Kontakte und langjährige Partnerschaften aufgebaut.

Mit Jakob Karszt und Joachim Bernecker sind Gründer des CyberForums und erfahrene Mentoren bei uns im Aufsichtsrat. Ich selbst bin auch im CEO Circle, der vom CyberForum initiiert wurde, und tausche mich inzwischen seit vielen Jahren einmal im Monat mit Geschäftsführer*innen aus dem Netzwerk aus. Dieser Austausch ist für mich von extrem hohem Mehrwert und das Vertrauen, das sich hier zwischen den Mitgliedern entwickelt hat, ist außergewöhnlich.

So konnte schon manch kritische Situation in den Unternehmen durch den vertrauensvollen Austausch im CEO Circle gelöst werden. Etwas vergleichbares habe ich bisher nicht erlebt und ich möchte in diesem Zusammenhang auch mal Danke an alle Kolleg*innen und das CyberForum sagen – ihr seid klasse!

Zum Abschluss noch eine letzte Frage: Karlsruhe gilt als Motor der Digitalisierung. Warum ist das deiner Meinung nach so und was macht den Standort so besonders?

Zunächst mal glaube ich, dass die Region schon immer ihr hohes Innovationspotential gezeigt hat. Heute sehe ich die große Stärke der Region aus der aktiv gelebten Vernetzung von hervorragenden Hochschulen, Universitäten, Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft. Ich persönlich spüre einen sehr guten Spirit bei den Menschen, Dinge bewegen zu wollen und Veränderung aktiv zu treiben.

Viele unserer Mitarbeitenden sind für ihr Studium nach Karlsruhe gezogen und bleiben auf Grund der optimalen Lebensbedingungen und der exzellenten Ausbildung hier. Karlsruhe wirkt wie ein Magnet nach außen und ich traue der Region auch zukünftig zu, die digitale Welt von morgen maßgeblich zu prägen.

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