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Während Filialbanken immer häufiger Kontoführungs- und Servicegebühren erheben, bieten Direktbanken dieselben Leistungen meist kostenlos an. Aber wo liegen die Vor- und Nachteile? Unser Autor Frank Feil hat in den vergangenen Jahren unterschiedliche Kontomodelle getestet – und kommt für sich zu einem klaren Ergebnis.

Meine Großeltern waren jahrzehntelang Kunden der Sparkasse in meinem Heimatdorf. Am Monatsanfang ging mein Großvater zum Schalter und hat das Haushaltsgeld für die kommenden vier Wochen abgehoben. Ich hatte als Kind ein Sparbuch und freute mich stets auf den alljährlichen Weltspartag, an dem ich das Münzgeld aus meinem Sparschwein eingezahlt und dafür noch ein kleines Geschenk bekommen habe. Meine Großeltern hatten noch Sparbriefe und der zuständige Bankmitarbeiter war die erste Anlaufstelle bei allem rund um das Thema Geld.

Inzwischen leben wir in einem anderen Zeitalter. In einem Zeitalter, in dem beispielsweise auf das Einzahlen von Münzgeld Gebühren erhoben werden. In einem Zeitalter, in dem der Zahlungsverkehr größtenteils bargeldlos und online abläuft. In einem Zeitalter, in dem Filialbanken zunehmend von der Bildfläche verschwinden, weil sie – unter anderem – den technischen Fortschritt zu lange ignoriert haben.

Das Tagesgeldkonto – mein erster Berührungspunkt mit einer Direktbank

Aber der Reihe nach. Das erste Mal hatte ich mit einer Direktbank vor rund acht Jahren zu tun. Die Zinsen waren im Keller und ich auf der Suche nach einem Tagesgeldkonto. Mir war es zu diesem Zeitpunkt wichtig, dass ich zu jeder Zeit auf mein Geld zugreifen kann. Sowohl bei der Volksbank als auch bei der Sparkasse bot man mir Tagesgeldkonten mit einem Zinssatz von 0,4 Prozent an. Oder besser gesagt: Man erklärte mir, dass Tagesgeldkonten heutzutage keinen Sinn mehr machen und ich doch lieber in die hauseigenen Fonds, Sparpläne oder Festgeld investieren solle.

Leicht genervt von dieser Form der „Beratung“ begann ich im Internet zu recherchieren und stieß auf die Direktbank Bank of Scotland. Hier lag der Zinssatz beim Tagesgeld zu diesem Zeitpunkt bei 1,6 Prozent. Die Kontoeröffnung dauerte genau zwei Tage – und das auch nur, weil damals nur das PostIdent-Verfahren und nicht die Authentifizierung via Video-Call möglich war. Ich erhielt meine Zugangsdaten und konnte fortan alles online verwalten. Zu Beginn eines jeden Jahres erhielt ich automatisch die notwendigen Bescheinigungen für das Finanzamt und Überweisungen auf mein Referenzkonto dauerten keine 24 Stunden.

Die Sache mit dem persönlichen Ansprechpartner vor Ort

Zunächst setzte ich nur beim Tagesgeld auf Direktbanken. Doch mit den Jahren überraschte mich meine Hausbank beim Girokonto mit immer neuen Gebühren (vom Geschäftskonto, das mit 20 bis 26 Euro pro Monat zu Buche schlug, fange ich gar nicht erst an). Gleichzeitig fehlte es an gängigen Standards: Während viele Direktbanken seit Jahren NFC-fähige EC-Karten hatten, führte meine Hausbank die Technologie erst vor wenigen Monaten ein. Eine Limitänderung, die bei N26 oder Fidor eine Minute dauert, braucht bei meiner Filialbank einen Tag. Und dann wäre da noch das ganze Online-Banking-Backend, das ebenfalls seit Jahren nicht mehr sichtbar weiterentwickelt wurde.

Irgendwann kam ich an den Punkt, an dem ich mich fragte: Wofür bezahle ich die Gebühren überhaupt? Die Argumente von Seiten der Filialbanken sind immer dieselben: die Mitarbeiter kosten Geld, die Räumlichkeiten kosten Geld, die Infrastruktur kostet Geld – und außerdem gibt es da noch die Mitarbeiter vor Ort, die einem stets kompetent weiterhelfen. Ein Service, den eine Direktbank nicht bietet.

Der letzte Punkt fällt für mich in die Kategorie „Kundenbindung“, denn ein fester Ansprechpartner vor Ort schafft vor allem eines: Vertrauen. Aus diesem Grund waren wir auch jahrelang mit mehreren Privat- und Geschäftskonten bei einer Filialbank Kunde. Wir dachten, dass ein solcher Ansprechpartner, zu dem man Vertrauen hat, gerade bei wichtigen Themen wie einer Baufinanzierung Gold wert ist. Das bestätigten uns auch zahlreiche Freunde und Bekannte: „Eine Baufinanzierung? Immer nur bei der Hausbank, da kann man zu jeder Zeit persönlich zum Sachbearbeiter gehen und über alles sprechen!“

Und das taten wir dann auch. Zuvor hatten wir uns noch Vergleichsangebote bei einem Vermittler von Baufinanzierungen eingeholt, um schon einmal grob eine Vorstellung zu haben, was uns erwartet. Diese besprachen wir dann mit unserem „Bankberater vor Ort“ und erklärten ihm, dass uns vor allem wichtig ist, den Kredit schnell abzubezahlen (Stichwort Sondertilgungen). Die Antwort war kurz und knapp: „Diese Konditionen können wir Ihnen nicht anbieten. Ohnehin nutzen die meisten unserer Kunden die niedrigen Zinsen um anderweitig Vermögensaufbau zu betreiben und nicht für Sondertilgungen.“ Tatsächlich machte man sich nicht einmal die Mühe, uns ein Referenzangebot zu erstellen. Stattdessen belehrte man uns auch noch.

Soviel zum Thema Vertrauen und Kundenbindung.

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Guter Service ist auch online möglich

Inzwischen habe ich ein kostenloses Girokonto bei N26 und ein kostenloses Geschäftskonto bei der Fidor Bank. Das Online Banking ist im Vergleich zu den Angeboten der Filialbanken eine andere Welt, ebenso die Smartphone-Apps. Alles funktioniert tadellos. Bargeld kann ich an fast jedem Geldautomaten bis zu fünf Mal im Monat kostenlos abheben. Das reicht für meine Zwecke vollkommen, da ich ohnehin nur in Ausnahmefällen Bargeld nutze. Bei Fragen und Problemen kann ich den Telefon- oder Online-Support kontaktieren, der mir schnell und kompetent weiterhilft.

Und die Baufinanzierung? Die haben wir letztendlich auch bei einer Direktbank abgeschlossen. Alle Unterlagen konnten wir bequem als PDF über das Online Banking einreichen, ebenso Rechnungen und Baustandsberichte. Diese werden von einem Sachbearbeiter überprüft und man erhält innerhalb kürzester Zeit Rückmeldung. Sogar Zins und Tilgung lassen sich ganz einfach online anpassen.

Letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er einen persönlichen Ansprechpartner in einer Bankfiliale vor Ort braucht, oder nicht. Ich für meinen Teil habe bei den Direktbanken alles, was ich brauche: Erstklassigen Service, Überweisungen werden zum Teil noch am selben Tag ausgeführt, ich kann mein gesamtes Konto bequem online verwalten und sowohl die EC-Karten als auch die Apps sind stets auf dem neuesten Stand der Technik. Und das alles ohne Gebühren, selbst im Geschäftskundenbereich.

All das soll nicht heißen, dass Filialbanken keine Daseinsberechtigung mehr haben, allerdings werden sie es künftig schwer haben, ihre zum Teil horrenden Gebühren zu rechtfertigen, wenn der Service am Ende schlechter als bei einer (kostenlosen) Direktbank ist.