Viele Handwerksberufe sind nach wie vor klassisch geprägt – aber dennoch macht die Digitalisierung auch vor Handwerkern nicht halt. Immer häufiger setzen auch Elektriker, Zimmermänner oder Landschaftsgärtner in ihrem Alltag auf neue Technologien.
Ortstermin auf einer Baustelle im Jahr 2018. Das Dach soll saniert und im Zug dessen auch gleich noch eine Photovoltaikanlage installiert werden. Der Zimmermann und der Solarinstallateur erscheinen gemeinsam. Aus dem Kofferraum holen sie aber nicht etwa Stift und Papier, sondern eine Drohne und ein iPad. Wo früher zur Beurteilung eines Dachs eine Leiter oder gar ein Gerüst notwendig waren, kommt heute eine Drohne zum Einsatz.
Mit ihr lassen sich im Handumdrehen Bilder aus unterschiedlichen Perspektiven aufnehmen, die sowohl für die Planung des neuen Dachs als auch der Photovoltaikanlage genutzt werden können. So lassen sich beispielsweise Verschattungen leicht erkennen, was von großer Bedeutung für die spätere Auslegung der Solarmodule ist. Bei Bedarf kann sogar eine Visualisierung erstellt werden. Der Anlagenbetreiber bekommt dadurch bereits vorab einen Eindruck davon, wie die fertige Photovoltaikanlage auf seinem Dach aussehen wird.
Apropos Visualisierung: Während der Landschaftsgärtner für die Gestaltung der Außenanlagen zwar weiterhin auf Bagger und Schaufel angewiesen ist, kommen bei der Planung immer häufiger 3D-Animationen zum Einsatz. Wie sieht das fertige Pflaster vor der Garage später aus? Wie wirkt der Baum vor der Terrasse und wo platziert man am besten den Teich? All diese Dinge bespricht man heutzutage im Detail vor dem Bildschirm, anstatt sich auf grobe Skizzen mit Papier und Stift zu verlassen.
Staatliche Förderung bringt Digitalisierung voran
Laut einer Umfrage des Baden-Württembergischen Handwerkstags sehen derzeit 46 Prozent der Betriebe die Digitalisierung als Chance. Mehr als die Hälfte hat in den vergangenen zwölf Monaten Maßnahmen zur Digitalisierung umgesetzt. Nur knapp acht Prozent erachten den digitalen Wandel als Risiko.
Diese Zahlen sind vor allem deshalb interessant, weil in vielen Handwerksbranchen derzeit die Auftragsbücher voll sind. Auf einen Termin mit einem Maler oder Fliesenleger muss man zum Teil mehrere Monate warten. Da spielt es für viele Bauherren dann auch keine Rolle mehr, ob der Handwerker nun mit dem iPad auf der Baustelle erscheint oder nicht. Hauptsache, er kommt. Und dennoch sind viele Handwerksbetriebe bestrebt, die Vorteile der Digitalisierung schon jetzt zu nutzen und für die Zukunft gewappnet zu sein.
Die Gründe dafür sind vielfältig: Einerseits sind digitale Kompetenzen bereits seit einigen Jahren ein fester Bestandteil von Aus- und Weiterbildungen. Andererseits herrscht im Handwerk akuter Fachkräftemangel. Durch die neuen Technologien können Betriebe zumindest einige Aufgaben „digital auslagern“.
Unterstützt werden sie dabei auch von staatlicher Seite. Im Rahmen des Projekts „Dialog und Perspektive Handwerk 2025“ macht beispielsweise der Baden-Württembergische Handwerkstag gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium die Betriebe fit für das digitale Zeitalter. Selbiges gilt für die Digi Hubs im Land. Die Handwerkskammer Südthüringen hat derweil im November den „DigitalCoach“ ins Leben gerufen. Ab Januar 2019 werden Beschäftigte von Thüringer Handwerksbetrieben darin geschult, ihre Firmen bei der Einführung und Umsetzung einer digitalen Strategie zu unterstützen.