Lesedauer ca. 10 Minuten

Das CyberLab Karlsruhe hat in den vergangenen zehn Jahren eine herausragende Rolle in der Stärkung und Entwicklung der lokalen Startup-Szene sowie in ganz Baden-Württemberg eingenommen. Als eine zentrale Institution in der Innovationslandschaft hat das CyberLab nicht nur Startups unterstützt, sondern auch den Unternehmergeist gefördert und damit einen nachhaltigen positiven Einfluss auf die gesamte Region ausgeübt. Was als kleine Initiative mit einer Handvoll hochmotivierten Leuten begann, ist zu einem Powerhouse für innovative Ideen geworden.

Die Startup-Landschaft in Karlsruhe hat sich in den letzten Jahren enorm entwickelt. Heute finden junge Tech-Talente im CyberLab, am KIT und an den Hochschulen eine florierende Gründerkultur vor, die von Innovation, Kreativität und Gemeinschaft geprägt ist. Das CyberLab begleitet jedes Jahr über 60 Startups beim Markteintritt und stellt ihnen wertvolles Wissen, Erfahrung und ein starkes Netzwerk zur Verfügung. Viele von ihnen sind bereits zu echten Big Playern herangewachsen. Das CyberLab fungiert nicht nur als Katalysator für unternehmerisches Wachstum, sondern auch als ein Ort der Inspiration und des kreativen Austauschs. Es ermutigt junge Talente, ihre Ideen zu verwirklichen und motiviert gleichzeitig Unternehmen, sich mit den disruptiven Kräften der Startup-Welt auseinanderzusetzen. Dabei hat das CyberLab eine einzigartige Verbindung zwischen etablierten Branchen und aufstrebenden Startups geschaffen, die fruchtbare Kooperationen und Synergien hervorbringt.

Ariane Lindemann im Interview mit Daniel Karszt, Head of CyberLab.

Im CyberLab bringt ihr Pioniere auf die Spur. Welche Benefits haben Startups bei euch?

Wir unterstützen Gründer*innen in allen Phasen. Von der Idee über die Teamfindung, der Validierung, Finanzierung, mit Räumlichkeiten oder bei der Kundenakquise bis hin zur Führung im Wachstum mit den jeweils passenden Angeboten. Wir unterstützen Startups unter anderem mit dem CyberLab Accelerator, mit Gründungsberatung, 200 Mentor*innen, 5.400 Quadratmeter Workspace, Coaching, Investoren-Netzwerk und einer großen ambitionierten Community u.a. mit mehr als 300 Startup-Alumni, von der Gründungsidee auf ihrem Weg bis zum Markteintritt.

Lass‘ uns mal zurückschauen. Wie sah die Startup-Landschaft vor zehn Jahren in Karlsruhe aus?

Damals war die Startup-Szene in Karlsruhe noch recht klein und erst im Aufbau. Es gab nur wenige Unterstützungsangebote. Es fehlten intensive Fördermaßnahmen und Acceleratoren. Da hat sich in den letzten zehn Jahren extrem viel getan. Heute gibt es das CyberLab, das jährlich 60 Startups aus ganz Baden-Württemberg und darüber hinaus beim Markteintritt unterstützt, das KIT mit der Gründerschmiede und die Hochschule Karlsruhe mit dem (x)Lab. Mittlerweile bieten auch die Hochschulen umfassendere Unterstützung und Beratung für angehende Gründer*innen an.

Was sind die Erfolgsfaktoren des CyberLab?

Neben den genannten Angeboten spielt die Nähe zum CyberForum-Netzwerk, mit über 1.200 Mitgliedsunternehmen, das über 26 Jahre gewachsen ist, eine ganz entscheidende Rolle. Dieses Netzwerk hat mehr als 200 ehrenamtliche Mentor*innen, 250 Business-Angels und Gast-Investor*innen, über 200 Netzwerkveranstaltungen, in denen sich Gründer*innen untereinander, aber gleichzeitig auch etablierte Unternehmen und Experten treffen können. Und das in dem Bereich, der für sie mit unseren Schwerpunkten also KI, IT-Security und Smart Production auch relevant ist. Da der IT-Bereich immer breiter wird, fokussieren wir im CyberLab speziell diese drei Themen, um hier zu glänzen und mit dem Smart Production Park auch skalierbare Geschäftsmodelle an der Schnittstelle zur Produktion zu unterstützen.

Und das nicht nur für die begrenzte Zeit im Accelerator …

Die Vorteile der Community sind nicht auf die Zeit im Accelerator begrenzt. Wir bieten eine durchgehende Unterstützung, die über mehrere Phasen geht. Denn eine erfolgreiche Gründung ist kein kurzer Sprint, sondern zieht sich in mehreren Stufen über mehrere Jahre, in denen viel Unterstützung nötig ist. Community bedeutet bei uns, sich über die verschiedenen Phasen einer Gründung permanent auszutauschen und dadurch eine langfristige Verbundenheit mit der Community zu leben. Startups, die erfolgreich geworden sind, haben hier Gelegenheit, wieder etwas zurückzugeben von ihrem Wissen und ihre Erfahrungen als Mentor*innen zu teilen.

Wie viele Startups habt ihr seit 2013 im CyberLab unterstützt?

Im CyberForum wurden über die Jahre insgesamt bereits mehr als 8.000 Gründer*innen beraten und betreut. Bezogen auf skalierbare Startups in unseren Accelerator-Formaten konnten wir seit der Einführung des CyberLab rund 300 Startups im CyberLab unterstützen. CyberLab-Alumni haben insgesamt einen Umsatz von 416 Mio. Euro erwirtschaftet und mehr als 1.260 neue Arbeitsplätze geschaffen.

Kolibri Games ist nur ein Beispiel von vielen Startups aus dem CyberLab, die zu Big Playern geworden sind. Kannst du noch weitere Namen nennen?

Campusjäger, jetzt Workwise, haben bereits mehrere Millionen Risikokapital eingesammelt. Bemerkenswert ist, dass sie lange gebootstrapped waren. Unter anderem auch Papershift, Artiminds, HQS, Quantum Simulations, Medical Values und Askui haben beeindruckende Erfolge zu verzeichnen. Je jünger die Unternehmen sind, desto kleiner sind sie natürlich, aber es sind einige dabei, die die 100 Mitarbeitenden-Grenze geknackt haben. Ausschlaggebend ist aber letztlich nicht nur die Mitarbeiterzahl, sondern auch, wie profitabel die Unternehmen sind.

Eine Story, die dich besonders beeindruckt hat in den letzten Jahren?

Ein sehr schönes Beispiel ist GoSilico (heute Teil von Cytiva). Das waren drei promovierte Mathematiker*innen, die mittels Chromatographie Simulationen für die Aufreinigung von Biopharma-Prozessen entwickelt haben – eine Software, die Laborexperimente weitgehend überflüssig macht. Das ist ein hochtechnisches Thema mit einem sehr engen Markt. Nur eine Handvoll sehr großer Unternehmen kommt weltweit in Frage, dieses Produkt, das damals entstehen sollte, auch anzuwenden. Wir haben sie, nachdem sie vom KIT ausgründen wollten, mit einem Mentor zusammengebracht und mit unserem Programm begleitet, um schnell in den Markt einzutreten. Das Team hat das Wissen dieses Mentors im Thema Vertrieb förmlich aufgesaugt, sehr schnell umgesetzt und innerhalb von sechs Monaten zehn zahlende Kunden aus dem B2B-Bereich in ihrem Marktsegment gewonnen. Das ist bei großen Unternehmen sehr ungewöhnlich. Dieser Erfolg zeigt mir immer wieder: Der Wissenstransfer lohnt sich.

Welches ist der größte Pain, mit dem die Teams bei euch ankommen? 

Bei allen Teams spielt das Thema Ressource eine große Rolle. Ressource ist gerade am Anfang immer knapp in einem Startup. Es gilt die bestehenden Ressourcen einzusetzen, um weitere in deutlich größerem Umfang zu sichern. Die Stadien und Pains der Startups sind natürlich verschieden, aber womit wir gleich zu Beginn oft einen sehr großen Mehrwert schaffen können, ist das Ausrichten auf den tatsächlichen Marktbedarf. Hier gilt es, eine gewisse Konsequenz zu zeigen und nicht zu schnell der ersten oder der zweiten vermeintlich guten Chance nachzulaufen, sondern das Geschäftsmodell erst mal zu validieren, um sicher zu sein, dass man den Weg in Richtung eines skalierbaren Produkts für einen attraktiven Markt einschlägt. Das macht das Startup auch für Investor*innen interessanter.

Wie haben sich die Unterstützungsangebote in den letzten zehn Jahren im Startup-Sektor verändert?

Insgesamt hat sich in der Förderlandschaft viel getan. Es gibt viele neue Instrumente. Dazu gehören zum einen die Acceleratoren, wo wir übrigens damals mit dem „Hightech Business Inkubator“, wie das Projekt zu Beginn hieß, ein vom Land Baden-Württemberg gefördertes Pilotprojekt waren. Mittlerweile gibt es 14 geförderte Start-up BW-Acceleratoren in Baden-Württemberg mit verschiedenen Schwerpunkten.
Zusätzlich wurde das Angebot um die Frühphasenfinanzierung Start-up BW Pre-Seed erweitert und mittlerweile ist das Land Baden-Württemberg nach dem High-Tech Gründerfonds (HTGF) der größte Frühphaseninvestor in ganz Deutschland. Hier waren wir ebenfalls einer der beiden ersten Partner, mit denen das ausgerollt wurde.

Ganz allgemein ist auch die Awareness beim Thema Gründung in der Gesellschaft gestiegen. An den Hochschulen sind von Studierenden getriebene Hochschulgruppen entstanden, wie zum Beispiel die Pioniergarage am KIT oder innovate an der Hochschule Karlsruhe. Hier formieren sich Studierende und treiben sich gegenseitig an zu gründen.

Die Gründungsunterstützung vom Land wurde deutlich ausgebaut, mittlerweile unter der Domain Startup-BW.de, die das CyberForum übrigens damals an das Land verschenkt hat. Wir haben aber auch durch unsere Arbeit dazu beigetragen, dass hier eine ganz neue Marke etabliert wurde. Unter Startup BW sind mittlerweile alle Startup-Angebote in Baden-Württemberg zusammengefasst und bekommen eine starke Sichtbarkeit. Insofern ist das auch ein Geburtstagsgeschenk, auf diese Gemeinsamkeit zurückzuschauen und auf diese Entwicklung, die wir mit anschieben durften, anzustoßen.

Das CyberForum ist gemeinsam mit dem FZI und dem DIZ Digitales Informationszentrum Träger des Digital Hub Karlsruhe. Damit sind wir einer von 12 bundesweiten DE:Hubs, in dem Startups mit Mentoring, Coaching und der Bereitstellung von Workspaces unterstützt werden.

Wie hat sich die Zusammenarbeit mit dem KIT entwickelt?

Die Zusammenarbeit zwischen dem CyberLab und dem KIT war von Anfang an sehr kooperativ. Das KIT dient als Forschungsstätte für innovative Ideen, während das CyberLab den Startups dabei hilft, den Markt zu erreichen. Das ist unsere Expertise. Wir haben vor etwa 10 Jahren bereits am KIT Gründungsberatung angeboten und gemeinsam erste Acceleratoren-Formate durchgeführt.

Allein in Baden-Württemberg gibt es 14 Acceleratoren. Worauf sollte man bei der Auswahl achten? 

Wichtig ist, dass Acceleratoren Schwerpunkte herausgebildet haben, die zur eigenen Gründung passen. Ein Startup sollte sich auch die Frage stellen, inwiefern sich die Wertversprechen, die dort formuliert werden, mit den eigenen Bedarfen decken. Entscheidend ist auch, ob das Netzwerk, das der Accelerator mitbringt, relevant ist und ob die eigenen Ziele mit denen des Accelerators kompatibel sind.

Startups wechseln oft nach einiger Zeit die Seite und stehen jungen Teams als Ratgeber zur Seite. Euer Alumni-Netzwerk ist eine wichtige Säule eures Erfolges … 

Wer im CyberLab Accelerator ist, profitiert immer auch von unserem großen CyberForum-Netzwerk, das über 26 Jahre gewachsen ist. Hier findet ein fruchtbarer Austausch statt, unter anderem in Form von Networking-Events, Workshops, Roundtables, Vorträgen und vieles mehr. Wir haben eine moderne Mentoring-Kultur. Alumni-Teams aus dem CyberLab wechseln später die Seite und bieten jungen Teams Unterstützung an. Entlang dem Lebenszyklus eines Startups bieten wir immer wieder den nächsten Schritt Unterstützung an. Unser aktuelles Projekt ist das Scale-up Leadership Programm mit dem Unternehmer Wolfgang Grenke.

Worum geht es im Scale-up Leadership Programm konkret?

Startups sind früher oder später mit Wachstumsherausforderungen konfrontiert. Es geht um die Strukturen, die man als Organisation aufbauen muss, um zu skalieren. Der Moment, nachdem die jungen Unternehmen bereits einen Kundenkreis aufgebaut haben, ist oft ein neuralgischer Punkt, da sie zu diesem Zeitpunkt oft in unerwartete Engpässe schlittern, die sie in ihrer Entwicklung bremsen. Im Scale-up Leadership Programm entwickeln die Teilnehmenden ein Leadership-Mindset, das die Mitarbeitenden in den Mittelpunkt stellt und ein Umfeld schafft, in dem sie ihr Potenzial entfalten können. Wir freuen uns, dass wir mit Wolfgang Grenke einen Unternehmer an unserer Seite haben, der dieses Angebot mit seiner Erfahrung, seinem Netzwerk, aber auch finanziell fördert.

Female Founders – eines der großen Themen im CyberLab …

Absolut. Wir haben viele Angebote und Formate, die wir kontinuierlich ausbauen, um Frauen gezielt zu unterstützen. Dazu gehört der Accelerator, aber insbesondere auch in die EXI-Gründungsberatung. Die Female Founders Night, die Female Founders Days sind ebenfalls zwei Erfolgsformate. In Zukunft werden wir darüber hinaus, gemeinsam mit Freiburg und Mannheim, ein Extraformat etablieren, in dem wir Gründerinnen auf dem Weg in die Startup-Acceleratoren unterstützen wollen.

Wie sieht es mit dem Thema Fachkräfteverfügbarkeit bei Startups aus?

Für Startups ist die Wahl der ersten Mitarbeitenden ganz entscheidend. Das ist häufig eine der größten Investitionen. Fehlentscheidungen sind riskant. Deshalb ist es sehr hilfreich, wenn man zunächst in einem gewissen Umfeld Personen kennenlernen kann, um dann gemeinsam zu gründen und diese Personen auch mit ins Risiko zu nehmen. Insgesamt ist das ein Thema, das noch mehr Sichtbarkeit braucht in Deutschland. Es gilt zu zeigen, dass eine Startup-Gründung eine Option ist, früh in ein Unternehmen einzusteigen, mit ins Risiko zu gehen und dann aber auch mit in die Chance zu kommen, wenn ein Unternehmen schnell wächst.

Wie hat sich der Risikokapitalmarkt verändert?

Bis vor 10 Jahren gab es hier nur Kizoo als Risikokapitalgeber am Standort. Mittlerweile gibt es auch Lea Partners und First Momentum Ventures. Damals hatten wir bei den Speed-Datings für Investoren und Startups rund 20 Startups und 10 Investoren, mittlerweile ist es andersherum. Und das, obwohl sich die allgemeine Stimmung an den Risikokapitalmärkten in den letzten 15-18 Monaten etwas eingetrübt hat. Ich denke allerdings, die Stimmung ist schlechter als der tatsächliche Zustand. Die Bewertungen sind zwar etwas runtergegangen, aber das Kapital ist da. Ein gutes Startup bekommt eine Finanzierung. CyberLab Alumni haben seit der Gründung insgesamt 78 Mio. € Risikokapital erhalten.

Euer Ziel bis zum nächsten runden Geburtstag?

Der nächste Schritt wird sein, die Erfolge, die wir bereits haben, zu potenzieren. Das heißt, die Anschlussfinanzierungen sicherzustellen, so dass aus den Erfolgen auch nationale und internationale Erfolge werden. Das schaffen wir hoffentlich schon vor dem nächsten runden Geburtstag.

The Länd – The Läb.
CyberLab goes international!

Ja! Wir starten im zweiten Halbjahr mit International Gateway, einem neuen Format, um die internationale Kooperation auszubauen und mehr Startups aus dem Ausland unterstützen zu können, beziehungsweise an den Standort zu holen. Wir kooperieren im Rahmen der The Länd-Kampagne mit BW_i, Baden-Württemberg International, was uns eine Sichtbarkeit auf den großen internationalen Startup-Messen verschafft.