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Bei einem Online-Meeting über kleine Bildschirmkacheln mit anderen in Interaktion zu treten ist nicht jedermanns Ding. Ein Gründer-Trio aus dem CyberLab hat deshalb Ambitionen, mit seinem Tool das „meeting-thing“ der Zukunft zu werden. Das Team von thing.online will mit seiner Anwendung virtuelle Meetings in die nächste Generation führen und setzt auf einen maximalen Grad an Kollaboration.

Kein Job-Alltag mehr ohne Online-Meeting. Zwei Klicks genügen und Teilnehmer aus verschiedenen Orten diskutieren in einem Konferenzraum, ohne einen einzigen Kilometer Anfahrt. Durch die virtuelle Vernetzung ist ein Software-Entwickler aus Nigeria plötzlich genauso nah wie einer um die Ecke. Was hochgradig interaktive Meetings angeht, ächzen die Tools jedoch nicht selten unter der organisatorischen Last, die bei der Kommunikation zwischen Moderator und Gruppe entsteht.

Eine Erfahrung, die die beiden Coaches Kai-Uwe Rupp und Thomas Krause, die seit 2015 gemeinsam das Karlsruher PM-Camp organisieren, schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie gemacht haben. Beide arbeiten seit vielen Jahren mit Teams auf der ganzen Welt zusammen, organisieren Workshops für internationale Konzerne und sind auf Online-Tools angewiesen, um zunehmend global agierende Teams per Videoschalte zu vernetzen statt immer mehr Flugmeilen anzuhäufen. Als im Frühjahr 2020 die ganze Welt von heute auf morgen in den Remote-Modus wechselt und damit das Problem immanent wird, starten die beiden gemeinsam mit Web-Developper Dennis Maaß eine neue User-Experience in Sachen Online-Workshops.

Online-Sessions der nächsten Generation

„Bei unseren Moderationen und Coachings sind wir darauf angewiesen, Raum zu lassen für alle Meinungen“, erklärt Co-Founder Rupp den Ansatz von thing. „In großen Gruppen ist es aber online oft sehr schwierig, den Grad an Kollaboration zu erreichen, den man braucht, um gute Ergebnisse zu erzielen.“ Auch Thomas Krause hat die Grenzen der Produktivität bei größeren Online-Events häufig erlebt: „Ein großes Hindernis ist allein schon, wenn sich Leute ohne Kamera zuschalten. Eine fruchtbare Kommunikation ist dann eigentlich unmöglich.“
Wie kann man Online-Sessions also rocken, dass sie effektiv und lebendig sind? Dreh- und Angelpunkt ist für das Team das mühelose Managen von Breakout-Sessions.

„Die besten Gespräche finden an der Kaffeemaschine statt“

Breakout-Sessions dienen der thematischen Vertiefung in Kleingruppen. Allerdings: Wenn ein Moderator während einer Session hauptsächlich damit beschäftigt ist, sämtliche Gespräche zu koordinieren und alle Gruppen im Auge zu behalten, bleibt laut Rupp das inhaltliche Moderieren auf der Strecke. „Dieses Problem lösen wir mit thing“, erklärt er. „Unsere Erfahrung zeigt, dass der Outcome am Rande einer Veranstaltung in kleinen Gruppen enorm ist. Wir haben nach Präsenzveranstaltungen häufig gehört, dass die besten Gespräche offensichtlich an der Kaffeemaschine stattfanden.“ In diesem Feedback sehen die Entwickler aus dem CyberLab das entscheidende Potential. Spontane, autonome Kommunikation zu ermöglichen, gleichzeitig einen strukturierten Ablauf zu schaffen und das Ganze auf spielerische und anwenderfreundliche Art, machen sie zum großen Ziel von thing. „Das Tool soll einfach in der Handhabung sein und einen angenehmen Komfort bieten, damit eine Veranstaltung zum Erfolg wird“, ist das Gründer-Trio überzeugt.

https://www.baden-tv.com/mediathek/video/bernd-entdeckt-thing/

thing als Produktivitätsbooster

„thing ist eines der wenigen Produkte, das die Themen Kommunikation, Kollaboration und Steuerung des Ablaufs in einem Werkzeug vereint“, stellt Krause den Unterschied zum Wettbewerb heraus. „Wir nennen das effortless virtual workshops ( = mühelose virtuelle Workshops ). Indem der Moderator auf unserer Plattform beim Steuern des Ablaufes deutlich entlastet wird, ist ihm letztlich wieder eine Fokussierung auf die Inhalte möglich.“ Gesprächsgruppen unkompliziert betreten und verlassen, kreativ sein können, ohne sich mit dem technischen Ablauf auseinandersetzen zu müssen – das Produktivitäts- und Qualitätslevel in Bezug auf die Ergebnisse des Workshops zu verbessern ist das Ziel von thing.

Bewegen wie ein Mensch

Im MeetingSpace von thing.online agieren die Teilnehmer als Videoavatare, die sich im zweidimensionalen Besprechungsraum frei bewegen sowie ein- und auszoomen lassen. Eine Konversationskarte zeigt an, wer wo gerade mit wem spricht. Gespräche werden initiiert, indem man sich durch Bewegen des Avatars mit der Maus wie auf einer echten Veranstaltung beliebigen Gruppen im Raum nähert. Die Verwendung von Emojis unterstützt den Moderator dabei, die aktuelle Stimmung zu erfassen und entsprechend zu reagieren. Einen großen Vorteil sehen die Entwickler vor allem auch in der Möglichkeit, Miro, Conceptboard, Google Docs, InfinityMaps oder auch Slack, Discord oder andere Collaboration-Tools für verteilte Teams in die Sessions einzubinden.

„Ohne die Mentoren wären wir nicht so schnell so weit gekommen“

Im Mai 2021 ging thing.online mit einem open Beta live. Dass das Produkt innerhalb von neun Monaten den aktuellen Reifegrad erreicht hat, da ist sich das Team einig, liegt zu einem wesentlichen Teil an der Unterstützung der Mentoren, die eine wichtige Säule für die Startups des Acceleratorprogramms im CyberLab darstellen. „Die beiden Mentoren haben zum Beispiel unser Produkt nicht auf Anhieb verstanden“, erinnert sich Rupp. „Das war ein sehr wichtiges Signal für uns, es noch besser zu formulieren.“ „Wir legen bei unseren Mentees den Finger in die Wunden“, berichtet Mentor Thorsten Kolbinger, der gerne genau dort ansetzt, wo es wehtut. „Bei thing haben wir von Anfang an gesehen, dass es Unterstützung im Teambuilding braucht“, erzählt der Fachmann für Wachstumsberatung.

„Außerdem fühlte sich zu Beginn keiner für den Vertrieb zuständig, da haben wir nicht lockergelassen, bis die Zuständigkeiten klar verteilt waren.“ Das Team beschäftigte sich lange damit, wie es sich am besten organisiert. „Thorsten und Klaus haben uns da sehr geholfen. Mittlerweile organisieren wir uns viel konfliktfreier und zielorientierter“, räumen die Gründer offen ein. „Ohne die Mentoren wären wir nicht so schnell so weit gekommen“, sagen sie, „wir hätten viel zu viel Zeit damit verbracht, das Produkt immer weiter zu optimieren. Durch sie haben wir gelernt, wie wichtig es ist, schnell raus auf den Markt zu gehen, auch wenn an der einen oder anderen Stelle noch Nachbesserungsbedarf besteht.“

„Das Produkt generiert echten Kundennutzen.“

„Ich war von Anfang an von der Idee begeistert, nicht zuletzt wegen des Timings im Kontext der Pandemie, wo wir gemerkt haben, dass unsere Arbeitswelt eine nachhaltige Veränderung durchlebt“, beschreibt Thorsten Kolbinger seine Motivation, das Team zu unterstützen. „Aber ich wollte überzeugt werden, dass sie es ernst meinen. Diese Entscheidung habe ich nie bereut.“

Günstige Marktbedingungen sieht auch Management Consultant Klaus Pontius und bescheinigt thing eine lukrative Zukunft: „Das Produkt generiert echten Kundennutzen.“ Von inhaltlichen, praktischen oder monetären Aspekten abgesehen sieht er bei jungen Unternehmen wie thing vor allem im psychologischen, bzw. emotionalen Bereich innerhalb des Teams viel Unterstützungsbedarf. „Die drei sind nicht nur als Unternehmen, sondern auch persönlich in dieser Zeit gewachsen.“

Marktplatz für gute Workshops

Ziel von thing ist es, im Laufe der Zeit immer mehr Möglichkeiten zu bieten, Teile der Workshops zu automatisieren. „Mit Hilfe der Automatisierung können auch nicht so erfahrene Moderatoren gut strukturierte Workshops anwenden und dabei auf den Schultern der Meister in diesem Feld stehen“, argumentieren die Entwickler. „Wir können uns vorstellen, uns als Marktplatz für gute Workshops zu etablieren und damit das Konzept zu vervielfältigen und in die Breite zu tragen.“