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Der Countdown läuft … Noch neun Monate, dann müssen Unternehmen ihren Nachhaltigkeitsbericht für 2023 vorlegen. CSRD, wie die EU-Richtline heißt, ist ab 1. Januar 2024 verpflichtend für alle Großunternehmen. KMU haben drei Jahre mehr Zeit, der Berichtspflicht nachzukommen.
Weil die bisherigen Nachhaltigkeitsrichtlinien oft schwammig formuliert sind und viel Spielraum lassen, braucht es mehr Standards, um eine Vergleichbarkeit zu erzielen. Unter anderem geht es in der Berichtspflicht auch darum, den CO2-Verbrauch transparent zu machen, um die im Pariser Klimaabkommen definierten Ziele zu erreichen. Der Zeitpunkt für den Start von Climate Proof könnte besser nicht sein. Denn die meisten Unternehmen sind beim Reporting ihrer CO2-Werte auf externe Unterstützung angewiesen.

Ariane Lindemann im Gespräch mit Felix Merz.

Wie messen Unternehmen die Nachhaltigkeit ihrer Projekte?

Eigentlich gar nicht. Sie können zwar sagen, dass sie nachhaltig agieren, aber echte Werte, die zum Beispiel etwas darüber aussagen, wieviel CO2-Reduktion erreicht wird, das ist Stand heute nicht ohne Weiteres möglich. Und wenn, dann ist der Aufwand extrem hoch und sehr manuell. Deshalb ist es wichtig, das Thema CO2 transparent zu machen, um es auch ins Verhältnis setzen zu können.

Wie kann man diese Transparenz erreichen?

Um eine höhere Transparenz zu erreichen, gibt es die CSRD, die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Sie verpflichtet Organisationen, über ihre Umwelt- und Sozialpolitik zu berichten. Damit sollen Unternehmen, Verbraucher, Politik und Geldgeber die Nachhaltigkeitsleistung besser bewerten und nachhaltigkeitsbezogene Wirtschaftsentscheidungen treffen können.

Das bedeutet, Unternehmen müssen künftig über das Thema Nachhaltigkeit in gleicher Qualität berichten wie im Finanzreporting?

Ja und das macht auch Sinn. Im Finanzbereich wird alles auf die Messgröße Euro perfektioniert. BMW zum Beispiel weiß bei einem Automatikgetriebe mit 800 Teilen ganz genau, wieviel jedes Teil kostet, wieviel Euro in der Bearbeitung stecken, im Abrechnungswesen, im Abfräsen und Waschen usw. Für CO2 brauchen wir ebenfalls eine messbare Größe. Damit kann man Menschen und Organisationen die Möglichkeit geben, sich nachhaltig zu entscheiden.

Die aktuell geltenden CSR-Richtlinien wurden präzisiert und erweitert. Warum?

Die bisherigen Richtlinien für Nachhaltigkeit in Unternehmen sind sehr vage formuliert. Was wir brauchen, sind Standards. Zum einen lassen Verbraucher die Nachhaltigkeitsbilanz eines Unternehmens zunehmend in ihre Kaufentscheidung miteinfließen. Zum anderen stärkt eine entsprechende Nachhaltigkeitsleistung das Vertrauen in Unternehmen und Produkte. Besonders bei Branchen, die hohe CO2-Emissionen verursachen. Mit der neuen Richtlinie tritt deshalb eine deutliche Ausweitung des Geltungsbereiches in Kraft.

Wer ist von der nachhaltigen Berichtspflicht künftig betroffen?

Alle Großunternehmen, die zwei von drei der folgenden Kriterien erfüllen: mehr als 250 Beschäftigte, 40 Millionen Umsatz, 20 Millionen Euro Bilanzsumme. KMU haben wegen der Schwächung ihrer finanziellen Lage durch Corona, drei Jahre länger Zeit, die Berichte einzureichen.

Wieviel Zeit bleibt den Unternehmen noch?

Abgabe für den Bericht für das Jahr 2023 ist der 1. Januar 2024.

Sind die Unternehmen darauf vorbereitet?

Leider nicht wirklich. Wir haben vor einigen Wochen einen Fragebogen gelauncht, in dem wir Unternehmen gefragt haben, ob sie verpflichtet sind, nach der neuen EU-Richtlinie zu reporten. Sie haben weitestgehend verneint. Das bedeutet, sie wissen im Grunde gar nicht, was da auf sie zukommt.

Euch verschafft das Rückenwind, denn ihr habt ein passendes Tool gerade fertig entwickelt …

Ja. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage jetzt rapide ansteigen wird, diese EU-Verordnung 2464 in nationales Recht umzusetzen. Wir haben uns die Tools angeschaut, die die Unternehmen nutzen und in den meisten Fällen sind das umständliche Excel-Listen. Unser Ziel ist es, den Nutzer hier zu entlasten, indem wir zum einen die Eingabe radikal erleichtern und gleichzeitig über intelligente Algorithmen die Daten intelligent auswerten. Somit können die Informationen zielgerichtet und gesetzeskonform in messbare Nachhaltigkeitsstrategien überführt werden.
Wir wollen einen Standard schaffen, der über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg genutzt wird. Denn erst, wenn ein Standard da ist, sind auch Entscheidungen in komplexeren Unternehmensstrukturen und über Firmengrenzen hinweg möglich.

Welche Technologie nutzt ihr dafür?

Wir lösen das mit Kryptographie, also Verschlüsselung der Daten. Wir schauen uns die Prozessschritte in der Reduktion von CO2 an und legen die Information von jedem einzelnen Prozessschritt in der Blockchain ab. Dadurch schaffen wir nachvollziehbare CO2-Reduktionen und auch eine fälschungssichere Zertifizierung. So dass zu jedem Zeitpunkt nachvollzogen werden kann, wann CO2 reduziert wurde, durch wen und in welcher Menge.

Frisst die Blockchain nicht sehr viel Energie?

Viele verbinden mit der Blockchain einen hohen Energieverbrauch. Aber die Blockchain, die wir nutzen, verbraucht 99,9% weniger als Bitcoin.

„Das Thema Startup ist eine coole neue Welt für uns. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die sicherste IT-Lösung für CO2-Zertifizierung zu entwickeln. Da ist natürlich das CYBERLAB optimal geeignet, weil es im Bereich IT-Security die erste Adresse ist.“

Was war die größte Hürde für dich beim Gründen von Climate Proof?

Die erste Hürde war wirklich, den Schritt nach draußen zu wagen. Ich hatte bei BMW einen super Job in der Entwicklung der E-Antriebe. Zwar hatte ich die innere Überzeugung, dass es richtig ist, diesen neuen Weg zu gehen, aber die Risiken auf sich zu nehmen, Ängste und Zweifel zu überwinden und den Schritt dann auch wirklich durchzuziehen, die Kündigung einzureichen, von München wegzugehen nach Konstanz – das war alles andere als einfach.

Wo konnte euch der CyberLab Accelerator unterstützen?

Wir haben alle mehr als zehn Jahre Berufserfahrung und kennen die normale Unternehmenswelt ganz gut. Das Thema Startup ist eine coole neue Welt für uns. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die sicherste IT-Lösung für CO2-Zertifizierung zu entwickeln. Da ist natürlich das CyberLab optimal geeignet, weil es im Bereich IT-Security die erste Adresse ist. Denn wenn unser Produkt nicht sicher ist, dann können wir uns zu den bestehenden CO2-Zertifikaten nicht ausreichend differenzieren. Das CyberLab hilft uns dabei, die IT-Seite Bullet Proof zu entwickeln und gegenüber Hacker-Angriffen sicher zu machen. Aber wir wollten auch das umfangreiche Netzwerk des CyberForum nutzen, um unsere Vision nach außen zu tragen und Pilotkunden zu akquirieren. Da hat uns die Expertise im CyberLab sehr weitergeholfen.

Wo steht ihr gerade?

Wir haben einen Prototypen zur Erfassung von Scope 3 Emissionen entwickelt, den wir jetzt in der Pilotphase mit unseren Kunden testen, darunter ein DAX-Konzern. Des Weiteren führen wir aktuell Gespräche mit Investoren zur Finanzierung der nächsten Ausbaustufen der Software und Ausrollung an die von der EU2022/2464 betroffenen Firmen.