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Der Holzmodulbau gewinnt zunehmend an Bedeutung. Bei dieser innovativen Bautechnik werden standardisierte Holzmodule industriell gefertigt und vor Ort zu Gebäuden unterschiedlichster Art zusammengesetzt. Im Interview mit Gründer Josua Brett erfahrt ihr, wie das Startup ModuGen traditionelle Baukonzepte durch innovative Ansätze transformiert und mit seinem einzigartigen Ansatz für nachhaltiges Bauen die Branche nachhaltig verändert.

Von Ariane Lindemann

Joshua, euer Weg vom traditionellen Holzbauunternehmen zum Pionier im Holzmodulbau ist beeindruckend. Mit 20 hast du während des Studiums den elterlichen Betrieb übernommen …

Ich bin in einem Holzbaubetrieb aufgewachsen, den ich 2017 nach dem plötzlichen Tod meines Vaters übernommen habe. Ich wollte schon immer selbstständig sein, hatte auch schon in den Ferien praktische Erfahrung auf Baustellen gesammelt, aber wenig Ahnung vom Holzbau. Mir war schnell klar, dass ich so nicht weitermachen wollte und dass Veränderungen nötig waren. Unser traditionelles Holzbauunternehmen mit Zimmereiarbeiten wie Dachsanierungen, Carports etc. war nicht wirklich strukturiert. Ich wollte etwas Neues machen und habe mich gemeinsam mit meiner Mutter für den Holzmodulbau entschieden.

Warum Holzmodulbau?

Die Holzmodulbauweise bot klare Strukturen und lag damals im Trend. Es handelt sich um 3D-Raumzellen, die bereits ausgestattet sind, teilweise mit gefliesten Bädern, Elektroinstallationen etc. Wir haben eine neue Halle gebaut, hatten aber eigentlich noch kein richtiges Geschäftsmodell und auch keine Kunden. Das war alles etwas naiv. Aber wir erkannten das Potenzial des Holzbaus und die wachsende Nachfrage nach nachhaltigen Baulösungen. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten haben wir uns unseren Platz in diesem Markt hart erkämpft und unseren Umsatz seitdem deutlich gesteigert.

Wie ist die Idee für ModuGen entstanden?

Als Generalunternehmer, der auch die Planung von Gebäuden übernimmt, sind mir in dieser Planungsphase viele Ineffizienzen aufgefallen. Normalerweise zeichnen wir ein Architekturmodell und der/die Architekt:in übernimmt die Planung.

Was sind die Konsequenzen?

In der digitalen Welt gibt es einen Bruch zwischen der Architektur und den Fachplaner:innen wie Statiker:innen, Bauphysiker:innen oder Schallschützer:innen. Das bedeutet, dass die Übergabe der Informationen für das 3D-Gebäudemodell vom/von der Architekt:in an die Fachplaner:innen nicht digital, sondern immer noch auf Papier oder teilweise als PDF erfolgt. Das bedeutet, dass nur ein sehr kleiner Teil der Daten für die Fachplaner:innen extrahiert wird und die 3D-Planung gänzlich fehlt.

Heißt das, dass alles noch einmal gemacht werden muss?

Ja, obwohl die 3D-Darstellung im Architekturmodell bereits vorhanden ist und auch die Grundlage für die anderen Fachplaner:innen bildet. Wenn ich zum Beispiel die Gebäudehülle berechnen will, brauche ich die Außenwände. Um die Statik berechnen zu können, muss ich wissen, wo die Träger und Wände sind. Dazu muss ich ein Modell erstellen. Gerade im Holzbau ist das noch schwieriger als im Massivbau.

Warum ist das so?

Weil der Holzbau einen kleineren Markt hat. Vor allem vor 10 bis 15 Jahren, als noch niemand über Nachhaltigkeit im Bauwesen nachgedacht hat, war der Markt noch kleiner.   Dementsprechend haben sich auch die Softwarefirmen nicht darauf konzentriert.

Wie habt ihr die Idee dann umgesetzt – auch finanziell?

Wir haben zunächst vage mit der Idee experimentiert und haben dann von Professor Haghsheno vom KIT im Rahmen des Exist-Programms finanzielle Unterstützung bekommen, was uns einen enormen Rückenwind gegeben hat. Die Pandemie erschwerte zwar das Reisen nach dem Studium, gab uns aber genügend Zeit, unser Startup aufzubauen. Nach drei Jahren und einem großen Investment in der Hochphase des Venture Capital haben wir mit unserer Vision und etwas Code eine Bewertung von rund zehn Millionen Euro erreicht und uns in der Seed-Runde 1,2 Millionen Euro gesichert. Trotz anfänglicher Herausforderungen war die Entwicklung unserer eigenen Software ein Wendepunkt und der Schlüssel zum Erfolg.

Was kein einfacher Weg war ….

Es war ein langwieriger Prozess, der viel Geduld und Durchhaltevermögen erforderte. Wir mussten ein Expertenteam zusammenstellen, das sowohl im Bereich Statik als auch in der Softwareentwicklung versiert war. Es war ein ständiges Hin und Her zwischen Theorie und Praxis, aber letztendlich gelang es uns, ein Produkt zu entwickeln, das unseren Anforderungen entsprach.
Ursprünglich planten wir, die Software einfach an unsere Kunden zu verkaufen, um unseren Umsatz zu steigern. Doch dies erwies sich als schwieriger als gedacht. Die Kunden waren skeptisch und es traten immer wieder Probleme auf.

Warum hat es nicht auf Anhieb geklappt?

Statik ist ein sehr komplexes Gebiet, das ein tiefes Verständnis der Physik und der Softwareentwicklung erfordert. Unsere Herausforderung bestand darin, eine Cloud-Software zu entwickeln, die automatisiert Berechnungen durchführt, was sich als äußerst schwierig erwies, da keiner von uns über ausreichende Erfahrung in diesen Bereichen verfügte. Trotz vieler Investitionen und Kundenkontakte konnten wir das Produkt nicht effektiv auf den Markt bringen, da immer wieder Fehler auftraten, insbesondere im Bereich der Statik, was ein ernsthaftes Problem darstellte, da die Kunden auf korrekte Berechnungen angewiesen waren.

Ihr habt euer Geschäftsmodell noch einmal komplett überarbeitet?

Wir haben unser Geschäftsmodell komplett umgekrempelt und beschlossen, die Software intern zu nutzen und eine Ingenieursabteilung aufzubauen, um die User Experience zu verbessern und unsere Dienstleistungen zu professionalisieren. ModuGen bietet nun Ingenieurdienstleistungen für große Holzbauunternehmen an. Unser Versprechen an unsere Kunden ist es, diese Dienstleistungen schneller, hochwertiger und kostengünstiger als die Konkurrenz anzubieten.

Wie funktioniert die Software und welche Vorteile bietet sie gegenüber herkömmlichen Methoden?

Unsere Software verwendet 3D-Architekturmodelle, um automatisch Tragwerksmodelle zu generieren, was den Planungsprozess erheblich beschleunigt und zu präziseren Ergebnissen führt. Durch die Automatisierung von bis zu 80 Prozent der Arbeitsschritte im Holzbau verkürzen wir die Durchlaufzeiten erheblich. Während herkömmliche Büros für ein Einfamilienhausprojekt zwischen 40 und 60 Stunden benötigen, sind wir bereits in der Lage, in nur 4 bis 8 Stunden zu arbeiten und arbeiten weiter an der Optimierung, um die Durchlaufzeiten kontinuierlich zu minimieren. Unsere Vision ist es, Holzbau einfach und skalierbar zu machen.

Wie hat sich das Unternehmen seither entwickelt?

Wir haben seitdem einen enormen Wachstumsschub erlebt. Unsere Dienstleistungen werden von den Kunden sehr gut angenommen, und wir konnten unseren Umsatz deutlich steigern. Wir sind nahe an der Profitabilität und haben ein starkes Team von Expert:innen, das uns hilft, unsere Vision weiter voranzutreiben.

Gibt es Mitbewerber?

Nein, es gibt keine direkten Konkurrenten. Unser Geschäftsmodell ist einzigartig, da es einen unkonventionellen Ansatz verfolgt und in einem Markt mit begrenzter Größe operiert. Die Herausforderung, eine solche Investition in einem Markt dieser Größe zu erhalten, ist außergewöhnlich und erfordert eine spezifische Ausrichtung auf Software-as-a-Service (SaaS). Wir sind in erster Linie Entwickler und konzentrieren uns auf die Automatisierung von Leichtbaustrukturen, was in unserer Branche ungewöhnlich ist. Wir sehen uns als Pioniere auf diesem Gebiet und schätzen unsere Position als einzigartig ein.

Und was steht als nächstes für ModuGen an?

Wir sind derzeit auf der Suche nach Investor:innen, die unsere Vision teilen und uns dabei unterstützen, unsere Position als führendes Unternehmen im Bereich des Holzbaus zu festigen und weiter zu wachsen. Unsere Pläne für die Zukunft sind ehrgeizig, aber realistisch und wir sind zuversichtlich, dass wir sie umsetzen können. Eine Partnerschaft mit uns bietet potenziellen Investor:innen die Möglichkeit, sich an einem innovativen und zukunftsträchtigen Unternehmen zu beteiligen und von unserem Erfolgspotenzial zu profitieren.