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In der Karlsruher Gründerszene ist er kein Unbekannter. Elektroingenieur Klaus Pontius hat eine beeindruckende Karriere hinter sich, die ihn durch die Höhen und Tiefen des Unternehmertums geführt hat. Heute ist er Mentor für junge Gründerinnen und Gründer im CyberLab Accelerator. Ariane Lindemann sprach mit ihm über seine Motivation und die Bedeutung von Mentoring für Startups.

Was motiviert dich, deine Erfahrungen als Mentor für Startups weiterzugeben?

Ich habe selbst die Höhen und Tiefen des Unternehmertums erlebt. Mit meinem Hintergrund als Elektroingenieur habe ich mein erstes von insgesamt elf Unternehmen gegründet und verschiedene Ideen verfolgt, einige erfolgreich, andere weniger. Diese unterschiedlichen Erfahrungen haben mir gezeigt, wie wichtig es ist, gerade in der Anfangsphase eines Startups Unterstützung und Beratung zu erhalten. Als ich gefragt wurde, ob ich mir vorstellen könnte, Mentor zu werden, habe ich sofort zugesagt. Es ist eine Möglichkeit, meine Erfahrungen weiterzugeben und gleichzeitig junge Talente kennenzulernen. Aber es ist natürlich auch ein Vorteil, dass ich hier potenzielle Beteiligungsmöglichkeiten kennenlerne. Das trenne ich natürlich strikt von meiner Tätigkeit als Mentor. Als Mentor geht es für mich ausschließlich um das Wohl des Unternehmens und der agierenden Menschen.

Was ist dein Spezialgebiet?

Mein Thema ist immer der Vertrieb, ich habe oft mit Ingenieur:innen zu tun. Und mein Credo ist, dass man aus Ingenieur:innen Verkäufer:innen machen kann aber nicht umgekehrt. Aus Ingenieur:innen Verkäufer:innen zu machen, das funktioniert und das mache ich recht häufig.

Deine Aufgabe besteht darin, gemeinsam Ziele zu erarbeiten …

Wir schauen gemeinsam, welche Schritte unternommen werden können. Es ist nicht meine Aufgabe, den Unternehmen ihr eigenes Geschäftsmodell zu erklären, das muss schon vorhanden sein. Durch meine eigene Ingenieursausbildung und den Umgang mit Ingenieur:innen bin ich aber schnell auf dem aktuellen Stand und kann daher auf Augenhöhe mitreden. Der Fokus liegt aber darauf, wie man eine effektive Vertriebspipeline aufbaut. Wie überwindet man den inneren Widerstand, morgens zum Telefonhörer zu greifen und die Kundenliste abzuarbeiten? Wenn man sofort auf Ablehnung stößt, wie entwickelt man die nötige Resilienz, um trotzdem weiterzumachen? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt unserer Zusammenarbeit.

Welche Rolle spielt ein:e Mentor:in für ein Startup?

Ein:e Mentor:in kann eine entscheidende Rolle spielen, insbesondere in der kritischen Anfangsphase eines Startups. Ich sehe meine Aufgabe darin, den Teams zu helfen, sich zu entwickeln und ihre Ziele zu erreichen. Das kann von der Entwicklung einer Vertriebsstrategie bis hin zur Bewältigung von Herausforderungen im Teammanagement reichen. Ein:e Mentor:in bringt nicht nur Fachwissen mit, sondern auch eine Außenperspektive, die oft sehr wertvoll ist. Als Mentor:in hat man einen unternehmerischen Überblick, der hilft, die jungen Gründer:innen von Beginn an weiterzubringen.

Du hast schon alles gesehen: Teams, die gescheitert sind, Teams, die sich nie entwickelt haben, und Teams, die durch die Decke gegangen sind. Gibt es ein häufiges Problem, mit dem Startups zu kämpfen haben?

Ein häufiges Problem, das ich sehe, ist die Herausforderung, sich schnell an Veränderungen anzupassen und gleichzeitig die richtigen Führungskompetenzen zu entwickeln. Viele Gründerinnen und Gründer haben einen technischen Hintergrund und müssen lernen, sich auch als Unternehmer:innen und Führungskräfte zu etablieren. Das kann eine steile Lernkurve sein, aber mit der richtigen Unterstützung ist es durchaus machbar.

Was bedeutet es, sich als Führungskraft zu etablieren?

Als Unternehmer:in sind sie damit beschäftigt, ihr Unternehmen am Leben zu erhalten und Kund:innen zu gewinnen. Aber eine Führungskraft zu sein bedeutet mehr: Es geht darum, effektiv mit den Mitarbeitenden zu interagieren, um Spitzenleistungen zu erzielen. Gerade für Ingenieurinnen und Ingenieure kann dies eine Herausforderung sein.
Oft geht es um Führungskompetenz, um Entscheidungen von oben durchzusetzen. Viele Unternehmer:innen aus dem Ingenieurwesen müssen noch lernen zu akzeptieren, dass sie allein für ihre Entscheidungen verantwortlich sind, auch wenn nicht alle Mitarbeitende damit einverstanden sind.

Wie können Startups sicherstellen, dass ihre Idee tragfähig ist?

Der Schlüssel liegt darin, mit potenziellen Kunden zu sprechen und ihre Bedürfnisse zu verstehen. Oft sehen Gründerinnen und Gründer ihre Idee durch eine rosarote Brille, aber erst im direkten Kontakt mit dem Markt zeigt sich, ob sie wirklich tragfähig ist. Das bedeutet nicht, endlos zu forschen, sondern frühzeitig Feedback einzuholen und bereit zu sein, die Idee anzupassen.
Ich erinnere mich an einen Elektronikentwickler, der eine bahnbrechende Idee zum Energiesparen hatte, aber nach Gesprächen mit potenziellen Kunden merkte, dass er auf dem Holzweg war, weil diese eine ganz andere Technologie bevorzugten.

Ist Mentoring für Startups unverzichtbar?

Auf jeden Fall. Gerade für Gründerinnen und Gründer, die nicht aus einem unternehmerischen Umfeld kommen. Es geht darum, Fehler zu vermeiden, Herausforderungen frühzeitig anzugehen und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Ich ermutige alle Startups dazu, sich jemanden zu suchen, der bereits viel Erfahrung hat und bereit ist, sein Wissen weiterzugeben. Obwohl es viele Coaching-Angebote gibt, halte ich es für entscheidend, dass ein:e Mentor:in wirklich über die Erfahrung und das Fingerspitzengefühl verfügt, um die Situationen zu verstehen, in die Gründer:innen gerade in schwierigen Zeiten geraten können. Ich selbst war zweimal in meiner Karriere an einem Punkt, an dem meine wirtschaftliche Existenz bedroht war. Das ist ein sehr unangenehmes Gefühl, das ich nie vergessen werde. Es ist wichtig, diese Erfahrungen weiterzugeben.

Hast du im Laufe der Jahre ein Gespür dafür entwickelt, schnell zu erkennen, wenn ein Startup in eine falsche Richtung steuert?

Meine Rolle als Mentor ist es, neutral zu bleiben und den Teams zu helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Das Bauchgefühl kann wichtig sein, besonders wenn es um die Menschen hinter dem Startup geht, aber bei fachlichen Themen versuche ich, so objektiv wie möglich zu bleiben.

Hast du zum Schluss noch einen Tipp für Startups?

Der aktuelle Trend ist natürlich, als Startup sofort nach Investor:innen zu suchen und sofort viel Geld einzusammeln. Meine Überzeugung ist aber: Überlegt, ob das Geld nicht auch von den Kund:innen kommen kann. Es ist sinnvoller, schnell ein marktfähiges Produkt zu entwickeln und Schritt für Schritt voranzugehen, als viel Geld einzusammeln und dann festzustellen, dass das Geschäft nicht so gut läuft.

CyberLab

Das CyberLab unterstützt IT-Startups und Gründungsinteressierte mit digitalem Bezug in Baden-Württemberg über alle Gründungsphasen hinweg – von der Geschäftsidee und dem Markteintritt über die Finanzierung bis hin zur Wachstumsphase. Das Angebot umfasst Gründungsberatung und ein Accelerator-Programm für Startups aus den Bereichen IT, Künstliche Intelligenz, Smart Production und IT-Security sowie Mentoring, Infrastruktur, Networking-Möglichkeiten und eine lebendige Startup-Community.

Das CyberLab wird vom Hightech.Unternehmer.Netzwerk. CyberForum e.V. betrieben, das mit seinen 1.200 Mitgliedsunternehmen seit 1997 die Basis für die erfolgreiche Unterstützung von Gründer:innen bildet.

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