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Was ist vom letzten Strategie-Meeting eigentlich übrig geblieben? Wie lange haben wir gefeilt, überlegt und diskutiert, wie viel Hirnschmalz in die Formulierung einer Vision gesteckt und uns gefreut, ein Leitbild zu haben? Nur damit alles Wochen später in der Schublade schlummert oder ab und zu als blasse Erinnerung kurz Hallo sagt, um dann gleich wieder zu verschwinden …

Warum ist es so schwer, an Unternehmenszielen festzuhalten und sie auch wirklich umzusetzen? Die Antwort weiß Unternehmer Sven O. Rimmelspacher. Er hat alles selbst erlebt und dann von Grund auf geändert. Mit seinem Startup Rocket Routine holt er jetzt die Unternehmensziele aus dem Tiefschlaf, damit sie zum Erfolg führen können.

Von Ariane Lindemann

Im Jahresmeeting werden Ziele vereinbart und nach ein paar Wochen erinnert sich keiner mehr dran. Vielen dürfte das bekannt vorkommen.

Tatsächlich ist das ein sehr häufig auftretendes Phänomen in Unternehmen. Eine Strategie zu entwickeln und Ziele zu definieren, ist ein aufwendiges Projekt, das viel Zeit und Kreativität erfordert. Aber das ist ja erst mal „nur“ die Arbeit auf dem Papier. Was danach kommt, ist oft ernüchternd.

Wenn die Strategie steht, kann man doch eigentlich loslegen …?

Richtig. Aber genau das ist das Problem. Denn „einfach loslegen“ endet oft in Planlosigkeit. Damit aber die Zeit, die in Jahresmeetings und Planungsworkshops verbracht wird, auch ein wirklich sinnvoller Invest ist, ist es unerlässlich, schnell konkrete Aufgaben zu definieren und unbedingt eine Erfolgs- bzw. Zielerreichungskontrolle in den Prozess einzubauen und regelmäßig zu überprüfen.

Auf eurer Webseite findet man erschreckende Zahlen zu diesem Thema: Nur 29% der MitarbeiterInnen kennen die Unternehmensstrategie überhaupt. 73% der Führungskräfte zweifeln am Erfolg der Unternehmensstrategie und für 59% der Beschäftigten ist unklar, wie sie einen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten können. Das klingt gar nicht gut … 

Das Problem ist, dass Themen wie Strategie, Vision, Mission oder Unternehmenszweck längst nicht mehr nur in der Führungsetage angesiedelt sein sollten. Im Idealfall sind sie ein Gemeinschaftswerk aller im Unternehmen arbeitenden MitarbeiterInnen. Nur wer weiß, warum er etwas tut, kann zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Dieses Bewusstsein fehlt in vielen Unternehmen.

Du hast selbst die Erfahrung gemacht, dass man sich schnell verzetteln kann, was dann Projekte zum Erstarren bringt …

Ich habe in meinem eigenen Unternehmen und auch in vielen Gesprächen mit anderen Unternehmern festgestellt, dass zwar viele mittlerweile eine gute strategische Planung haben, aber die Umsetzung häufig scheitert. Wir haben damals miteinander konkrete Ziele im Jahresmeeting vereinbart und nach drei Monaten hat sich keiner mehr dran erinnert. Das war ein Schlüsselerlebnis, bei dem ich dachte: Hier ist echt Not am Mann.

Mit Rocket Routine helft ihr Unternehmen genau an diesem wunden Punkt.

Ja. Wir helfen damit Firmen, sich selbst zu professionalisieren und den ganzen strategischen Überbau zu definieren. Wir können die Menschen dabei unterstützen, ein stimmiges Gesamtbild aus Purpose, Vision, Mission, Werten, Strategie und Zielen aufzubauen. So wird das alles nicht nur für alle transparent, sondern auch im Alltag verankert.

Strategie klingt für viele abstrakt, ist es aber gar nicht?

Wir versuchen, die Zusammenhänge zwischen diesen verschiedenen Ebenen spielerisch sichtbar zu machen. Jeder Mitarbeiter sieht, wie er beim Erledigen einer konkreten Aufgabe auf strategische Zielsetzungen einzahlt. Jeder weiß sofort, welche Aufgaben erledigt werden müssen und wie viel Fortschritt bereits erzielt wurde und er behält immer das große Ganze im Blick. Und – ganz wichtig ist – er weiß, was er tut und warum er es tut.

Kurz: Die Strategie gibt allen MitarbeiterInnen Orientierung. Die Ziele werden gemeinsam bearbeitet und das Daily Business ergibt für jeden einzelnen einfach mehr Sinn. 

„Genaugenommen sind doch Powerpoint-Präsentationen, die dem Management mundgerecht präsentiert werden, nur großes Business-Theater.“ 

Also Schluss mit: „Wo stehen wir eigentlich gerade?“

Definitiv. Wir ersetzen diese Nachfragerei nach dem aktuellen Stand durch lückenlose Transparenz. Genau genommen sind doch auch Powerpoint-Präsentationen, die dem Management mundgerecht präsentiert werden, nur großes Business-Theater. Das geht doch viel einfacher und besser. Wenn du einen Werkzeugkasten für die operative Umsetzung hast, dann kommt ein ganz anderer Arbeitsfluss rein. Was man unbedingt braucht, sind Routinen wie feste Meeting-Rhythmen.

Was ist das Innovative an Rocket Routine? 

Das Entscheidende ist, dass wir eine ganzheitliche Betrachtung machen. Mit unserem Produkt siehst du sämtliche Informationen über das Unternehmen an einer Stelle: Vision, Mission, Werte, Prinzipien, aber auch Informationen über USPs, SWOT-Analyse oder das Business Model Canvas. Das sind alles Informationen, die in den Unternehmen häufig in der Schublade beim Chef liegen oder irgendwo an der Wand hängen. Wir fügen das alles an einer Stelle zusammen. Damit ist es ein Werkzeug für die gesamte Unternehmensführung und alle Mitarbeiter.

„Denn die Menschen im Unternehmen sollen ja wissen: Warum machen wir das alles, was wir hier tun?“

Also ist Rocket Routine offen für alle?

Auf jeden Fall. Denn die Menschen im Unternehmen sollen ja wissen: Warum machen wir das alles, was wir hier tun? Sie sollen von der Vision bis zur täglichen Aufgabe miteinander verbunden sein. Damit jeder weiß: Wenn ich an dieser Aufgabe arbeite, dann zahlt das auf unser Quartalsziel ein, das mit dem Jahresziel verknüpft ist, das unsere 5-Jahres-Vision bedient. Das erzeugt eine gemeinsame Ausrichtung von allen Menschen im Unternehmen, die so normalerweise nur schwer zu erreichen ist.

Was braucht es, damit die MitarbeiterInnen handlungsfähig sind?

Voraussetzung ist, dass alle die richtigen Informationen haben, um Entscheidungen zu treffen, um die Aufgaben richtig zu verteilen, um Verantwortung für ihre Aufgaben zu übernehmen. Dafür brauchen wir eine große Transparenz und gleichzeitig Funktionalitäten, die die Zielerreichung visualisieren und damit alle das Gefühl haben: Okay, wir sind auf Kurs.

Du bist schon lange Unternehmer und hast es dir dennoch nicht nehmen lassen, dich beim CyberLab Accelerator zu bewerben. Welches Know-how hat dir noch gefehlt?

Ich bin zwar der Geschäftsführer, aber meine beiden Kolleginnen Sirkka und Isabel machen die Hauptarbeiten und werden die Geschäftsführung auch von mir übernehmen. Für die beiden war das Gründen eines Startups Neuland. Zwar aus der Sicherheit eines Unternehmens heraus, aber als wir dann tatsächlich im Juli offiziell eine GmbH gegründet haben, war die Verantwortung noch mal eine ganz andere. Deswegen war klar, dass es sehr hilfreich und wirksam ist, bei einem Accelerator-Programm mitzumachen, weil das letztlich uns allen dabei hilft, dass sich das Unternehmen besser entwickelt. Gerade bei Themen wie Geschäftsmodell, Zielgruppe, Vertrieb – da kann man immer noch sehr viel dazulernen.

Gibt es ein ganz konkretes Learning aus dem CyberLab?

Absolut. Anderen erzählen wir immer, wie wichtig es ist, eine scharfe Zielgruppe zu haben. Aber bei uns selbst war hier echt noch Nachbesserungsbedarf. Weil wir die unterschiedlichsten Betriebe als Kunden haben, wie Steuerberater, Handwerker, Beauty etc., waren wir, was Zielgruppe angeht, noch nicht wirklich gut fokussiert. Eine zweite wichtige Erkenntnis aus dem CyberLab war, dass wir ein bisschen blauäugig waren, zu hoffen, dass wir wahnsinnig schnell ganz viele Kunden gewinnen und deshalb über unsere Abo-Lösung genügend Geld verdienen, um selbstfinanziert zu sein. Wir haben erkannt, dass wir stattdessen den Consulting-Bereich für eine gewisse Zeit noch intensivieren müssen, um genügend Cashflow zu generieren, um das Ganze auch gut finanzieren zu können. 

Wie kommt momentan Cash rein?

Momentan in erster Linie über die Beratung und unsere sogenannten „Durchstart-Pakete“, eine Kombination aus Onboarding, Unterstützung bei der Erarbeitung der Inhalte sowie den Lizenzen für das erste Jahr. Diese Pakete sind im Übrigen für Unternehmen in Baden-Württemberg sogar noch über die Digitalisierungsprämie mit bis zu 50 Prozent förderfähig! Wenn die Software anläuft, soll es darüber skalieren. Was wir uns auch vorstellen können, ist, Co-Creation-Partner zu finden, die uns einfach noch ein bisschen mehr Geld geben und dadurch aber auch den Weg, den das Produkt nimmt, stark mitbeeinflussen können und dadurch Premium-Kunden mit Lifetime Access werden.

Wir wollten zuerst komplett bootstrappen, aber das ist im SaaS-Business ziemlich schwer. Deshalb sind wir gerade dabei, uns für BW-PreSeed zu bewerben.