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86 Länder. 318 Städte. Tausende Geschichten von Leuten, die gescheitert sind. Die Fuckup Nights mischen die Fehlerkultur auf, und das rund um den Globus. Bei diesem Eventformat geht es darum, über berufliche Misserfolge – Fuckups – vor Publikum zu sprechen und die eigenen Erfahrungen weiterzugeben.

Die Fuckup Nights treffen einen gesellschaftlichen Nerv, quer durch die Kulturen. Scheitern gehört zum Leben dazu. Kein Mensch hätte je das Laufen gelernt, wenn er nicht als Kleinkind hunderte Male hingefallen und wieder aufgestanden wäre. Der Unterschied ist: Kleine Kinder werden ermutigt, motiviert, es wieder und wieder zu probieren, ihnen wird die Hand gereicht, beim Aufstehen geholfen. Erwachsenen nicht. Ihre ersten Schritte auf unbekanntem Terrain müssen von Erfolg gekrönt sein, gerade im beruflichen Umfeld. Ansonsten werden sie schnell als Versager abgestempelt. Deshalb ist Scheitern in unserer Gesellschaft ein Tabuthema. Die Fuckup Nights ändern genau das und brechen die bestehende Fehlerkultur auf.

Bei den Fuckup Nights kamen 180 Leute in den Club „Die Stadtmitte“. (Bild: Michael M. Roth, MicialMedia)

Großer Andrang bei der ersten Fuckup Night Karlsruhes

Bei den Fuckup Nights sprechen drei bis vier Speaker in entspannter Atmosphäre über ihre Misserfolge. Offen. Echt. Schonungslos. Aber auch ihr Weg aus der Krise und ihre Erfolge nach dem Scheitern werden thematisiert. Motivierend. Lehrreich. Spannend. Im März fand die erste Fuckup Night in Karlsruhe statt.

180 Leute kamen in den Club „Die Stadtmitte“ – eine Resonanz, die die Initiatorinnen Melanie Schoen und Linda Roth überwältige. „Wir sind beide selbständig und veranstalten das Event, weil wir von der Sache überzeugt sind. Dass die Veranstaltung ausverkauft war, hat uns gezeigt, dass auch Karlsruhe Lust hat, Teil einer neuen Fehlerkultur zu sein“, sagt Linda Roth. Angst, dass was schief geht an dem Abend, hatten die beiden schon. „Da organisiert man eine Fuckup Night und hat selbst Angst davor, zu scheitern,“ sagt Melanie Schoen. Doch sie scheiterten nicht, der Abend war ein Erfolg. Vier Speaker. Vier Geschichten: Mal witzig, sodass das Publikum lachen konnte, mal nachdenklich, sodass alle hoch konzentriert zuhörten und mal berührend, sodass einige Tränen in den Augen hatten. „Es gab Momente an dem Abend, da hätte man eine Stecknadel fallen hören,“ sagt Melanie Schoen.

Die nächste Fuckup Night findet am 3. Juli wieder im Club „Die Stadtmitte“ statt. Bild: Michael M. Roth, MicialMedia

Emotionale Vorträge, motivierende Botschaften

Es sind die Emotionen, die eine Fuckup Night zu etwas Besonderem machen. Nicht nur, weil sie groß sind, sondern weil sie echt sind, so ganz ohne Fassade dazwischen. Da war zum Bespiel Ben Bartolovic, Unternehmer aus Karlsruhe. Er verglich sein Scheitern mit einbrechendem Eis, mit Wasser, in das man eintaucht, aus dem man alleine nicht mehr herauskommt. Und keiner reicht einem die Hand. Oder Jonas Loch, der seinem unternehmerischen Scheitern mit Humor begegnet, mit einer Leichtigkeit, die das Publikum zum Lachen brachte und eben deutlich macht: Das Leben ist nicht vorbei, wenn du mal auf die Fresse fällst. Auch nicht, wenn es zwei oder dreimal passiert. Oder Andrea Hanna, selbständige Coach, die deutliche Worte fand und „scheiße“ sagte, wenn etwas es eben scheiße lief. Und dann DJ und Musikproduzent Shahrokh Dini, der weniger detailliert erzählte, dem Publikum dafür Raum ließ, um zu interpretieren.

Der das große Ganze sieht und Kritik an der Gesellschaft äußerte. Vier Persönlichkeiten, die sich ihren Erfolg erkämpft haben, dadurch vielleicht stärker sind als andere. Davon profitiert auch das Publikum, was interessiert Fragen stellte und mit den Speakern in den Austausch kam. Nach dem offiziellen Programm konnten dann bei dem ein oder anderen Drink nochmal intensivere Gespräche geführt werden. Es wurde zusammen gelacht, getanzt, getrunken. Das Scheitern verlor an dem Abend seinen Schrecken.

Zweite Fuckup Night am 3. Juli 2019

Die nächste Fuckup Night findet am 3. Juli wieder im Club „Die Stadtmitte“ statt. Tickets gibt es ab sofort online (5 €) oder vor Ort an der Abendkasse (6 €). Dass in der IT-Stadt Karlsruhe auch zukünftig einige Speaker aus der digitalen Branche auf der Bühne stehen werden, ist klar. Die beiden Initiatorinnen betonen aber, dass sie mit den Fuckup Nights jeden ansprechen möchte, der sich mit Selbstverwirklichung oder Unternehmertum beschäftigt. Ganz unabhängig von Branche, Alter oder Beschäftigungsverhältnis. Melanie Schoen und Linda Roth freuen sich wieder auf einen Abend voller Emotionen. Wieder authentisch. Wieder lehrreich.