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Die Sharing Economy hat sich in den vergangenen Jahren von einer Nischenbewegung zu einem globalen Phänomen entwickelt. Eine Bestandsaufnahme.

Ist der Mensch von Natur aus egoistisch? Früher glaubte man das, aber inzwischen wissen wir, dass bereits Kinder dazu in der Lage sind, Dinge mit anderen zu teilen. Auch unsere Gesellschaft entwickelt sich weiter. Das „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“-Konzept existiert zwar auch heute noch, aber es hat an Bedeutung verloren.

Das hängt auch mit den Krisen der vergangenen Jahrzehnte zusammen: Es gibt Untersuchungen, die belegen, dass in Zeiten wirtschaftlicher Krisen und internationaler Konflikte die Bereitschaft zum Teilen steigt.

Das Internet hat der Sharing Economy zum Durchbruch verholfen

Letztendlich war es aber dann doch das Internet, dass der Sharing Economy zum Durchbruch verhalf. Denn obwohl das Prinzip des Teilens keineswegs neu ist und beispielsweise in Form von Bibliotheken schon seit Jahrtausenden existiert, führten erst die Möglichkeiten des World Wide Web dazu, dass sich innerhalb weniger Jahre eine ganze Reihe von Sharing-Angeboten etabliert hat. Zu den prominentesten zählen dabei:

  • Uber hat die Art und Weise, wie Menschen ein Taxi buchen, revolutioniert. Die App verbindet Fahrgäste direkt mit Fahrer*innen in ihrer Nähe, wodurch traditionelle Taxidienste umgangen werden.
  • Airbnb ermöglicht es Haus- und Wohnungseigentümer*innen, ihre Wohnräume kurzfristig an Reisende zu vermieten. Das reicht von einem Zimmer bis hin zu ganzen Häusern, was eine Alternative zu herkömmlichen Hotels und Pensionen bietet.
  • WeWork bietet flexible Arbeitsräume, die von Freelancern, Startups und sogar großen Unternehmen genutzt werden können. Nutzer*innen können auf monatlicher oder täglicher Basis Büroflächen mieten, was den festen langfristigen Mietverträgen traditioneller Büroräume entgegensteht.
  • TaskRabbit ist ein Online-Marktplatz, der Personen, die Hilfe bei verschiedenen Aufgaben benötigen, mit solchen verbindet, die diese Dienstleistungen anbieten. Dies umfasst eine breite Palette von Tätigkeiten, von der Möbelmontage über Umzugshilfe bis hin zu handwerklichen Arbeiten.
  • BlaBlaCar verbindet Fahrer*innen, die auf Langstrecken unterwegs sind, mit Passagier*innen, die eine Mitfahrgelegenheit suchen. Die Plattform ermöglicht es den Nutzer*innen, Reisekosten zu teilen, was eine kosteneffiziente und soziale Alternative zu herkömmlichen öffentlichen Verkehrsmitteln oder privaten Fernreisen darstellt.

Sharing Economy steht erst am Anfang

Anhand dieser Beispiele wird deutlich, dass in einer Welt, in der Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit zunehmend in den Vordergrund treten, das Konzept der Sharing Economy immer mehr an Bedeutung gewinnt. Was als Nischenbewegung begann, ist in vielen Bereichen schon heute fest in unserem Alltag verankert.

Und das ist erst der Anfang. Prognosen zufolge steht der Markt der Sharing Economy vor einem beachtlichen Wachstum, getrieben von einer wachsenden Nachfrage in Bereichen wie Verkehr, Elektronik, Unterkünfte, Lebensmittel und Getränke, Tourismus und Bildung. Mit einer erwarteten beeindruckenden jährlichen Wachstumsrate bis 2030 signalisiert der Markt nicht nur ein florierendes Geschäftspotenzial, sondern spiegelt auch einen Wandel im Verbraucherverhalten wider.

Diese Entwicklung wird auch durch wirtschaftliche Notwendigkeiten angetrieben. Steigende Kosten für Lebenshaltung und Mobilität, wie etwa die erhöhten Spritpreise, zwingen viele Menschen dazu, nach alternativen Einkommensquellen und kostensparenden Lösungen zu suchen. In diesem Kontext bieten uns Sharing-Plattformen einerseits eine lukrative Möglichkeit ungenutzte Gegenstände und Dienstleistungen zu monetarisieren – und auf der anderen diese kostengünstig zu nutzen.

Sharing Economy: Wo Licht ist, ist auch Schatten

Trotz des rasanten Wachstums und der vielfältigen Vorteile bringt die Sharing Economy auch Herausforderungen mit sich, die nicht übersehen werden dürfen.

Ein zentrales Problem ist die regulatorische Unsicherheit: Viele der Sharing-Dienste bewegen sich in rechtlichen Grauzonen oder stoßen auf gesetzliche Hürden, da bestehende Vorschriften auf traditionelle Geschäftsmodelle ausgerichtet sind und nicht auf die durch Technologie getriebenen neuen Formen des Teilens – und wenn Dienstleistungen und Produkte von Privatpersonen statt von geprüften Anbietern kommen, kann natürlich auch deren Qualität und Zuverlässigkeit leiden.

Darüber hinaus gibt es noch Datenschutzbedenken, da viele Angebote der Sharing Economy erst dadurch möglich werden, dass man große Mengen persönlicher Informationen auswertet.

Und last but not least: Obwohl die Sharing Economy häufig mit Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht wird, da sie die effiziente Nutzung von Ressourcen fördert, ergeben sich auch Nachhaltigkeitsprobleme. So kann der erhöhte Zugang zu geteilten Produkten und Dienstleistungen paradoxerweise zu einem erhöhten Konsum und damit verbundenen Umweltauswirkungen führen, ein Phänomen, das als Rebound-Effekt bekannt ist. Ebenso kann die kurzfristige Vermietung von Unterkünften die lokale Infrastruktur belasten, ohne dass die Einnahmen notwendigerweise in die Pflege und Erhaltung der Gemeinschaftsressourcen fließen.

Klar ist, dass die Sharing Economy die Welt zum Positiven verändern kann, aber wie in allen Bereichen, braucht es auch hier staatliche Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich Sharing-Plattformen entwickeln können.