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Ein Jugendlicher entwickelt 1999 eine Software, um die Zeiten bei Wettläufen messen zu können. Was er noch nicht weiß: rund 20 Jahre später gehört er mit der Weiterentwicklung dieser Software zu den Weltmarktführern in diesem Bereich. race result versorgt heute jährlich tausende Sportveranstaltungen weltweit mit seinem System zur Zeitmessung, Online-Anmeldung, Teilnehmermanagement und Event-Auswertung. Ein Interview mit Firmengründer Sönke Petersen, der kürzlich als Referent zu Gast beim InfoMarkt des CyberForum war.

Du hast mit gerade mal 16 Jahren angefangen, den Vorläufer der race result Software zu entwickeln. Was war der Anlass – bist Du selbst ein begeisterter Sportler?

Ich war wahrscheinlich schon Mitglied im Sportverein, bevor ich überhaupt laufen konnte. Ursprünglich komme ich aus Glückstadt, einer Kleinstadt in der Nähe von Hamburg, und mein Vater war erster Vorsitzender im Sportverein. Ich habe dort später auch ehrenamtlich mitgeholfen, unter anderem beim jährlichen Stadtlauf mit rund 1.000 Teilnehmern. Die Zeitmessung und Auswertung hat nie richtig funktioniert, sodass ich irgendwann sagte: „Ich mache da mal was für euch.“ Da wurde ich als Jugendlicher natürlich erstmal argwöhnisch beäugt, aber es hat dann hervorragend funktioniert.

Irgendwann kam mir die Frage: Kann man damit auch Geld verdienen? So habe ich mein Projekt immer weiter entwickelt, während der restlichen Schulzeit und anschließend parallel zu meinem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens, für das ich nach Karlsruhe gezogen war. Nach dem Studium, 2009, stand ich vor der Entscheidung, mir entweder einen „richtigen“ Job zu suchen oder aus meinem Projekt eine Firma zu machen – und habe mich für race result entschieden. Immerhin gab es schon 800 Kunden, das ist nicht vergleichbar wie bei anderen Startups, die vielleicht ganz von Null auf anfangen: kein Geld, keine Kunden, keine Ahnung. Wir, meine hinzugekommenen Co-Founder Nikias Klohr und Thorsten Vogel und ich, hatten also eine super Basis, um Sachen auszuprobieren.

Nochmal zurück zur Zeitmessung: Wie wurde denn überhaupt früher die Zeit bei Sportwettkämpfen getrackt?

Bis weit in die 2000er war es üblich, dass man einen Barcode auf der Startnummer hatte und dann nach Einlauf ins Ziel abgescannt wurde. Was heutzutage noch verwendet wird, sind Zielbildkameras, die zum Beispiel bei Pferderennen oder kleinen 100m-Läufen zum Einsatz kommen. Bei Skirennen beispielsweise, bei denen nur ein Sportler auf der Piste ist, wird mit Lichtschranken gearbeitet.

Bei Massenveranstaltungen, im sogenannten Breitensport, verwendet man heutzutage Transponder. Das fing meines Wissens schon in den 80ern an. Die Idee kam ursprünglich aus der Logistik und wurde auf den Sport übertragen. Heute gibt es aber diverse Anbieter, die Software für diese Transponder anbieten und diverse Anbieter, die solche Transpondersysteme auf den Markt bringen. Diese Transpondersysteme werden dann von Firmen verwendet, die im Auftrag des Veranstalters die Zeitmessung durchführen.

Welche Technologie steckt hinter diesen Transpondern und wo wird der Chip befestigt?

Wir haben zwei unterschiedliche Technologien, man unterscheidet hier zwischen Aktiv- und Passivtranspondern. Aktivtransponder heißt, er hat eine Batterie und dadurch relativ viel Power, da ist quasi ein kleiner Mini-PC drin. Der Chip kann also wirklich was. Passivtransponder sind dementsprechend ohne Batterie und werden in der Regel auf die Startnummer geklebt. Der Passivtransponder hat im Gegensatz zum batteriebetriebenen Aktivtransponder keine beschränkte Funktionsdauer. Der Aktivtransponder ist aber zuverlässiger, funktioniert auch bei höheren Geschwindigkeiten und viel besser im Wasser als der Passivtransponder. So gibt es je nach Veranstaltungstyp unterschiedliche Transponder, die wir haben.

Bald will race result in seine Transponder eine Funktion integrieren, die es ermöglicht, Teilnehmer einer Veranstaltung live zu tracken. Das war doch schon zuvor über GPS möglich?

Sowas funktioniert nur im Fernsehen, zum Beispiel bei Mission Impossible, da hatte Tom Cruise sowas minikleines für die Hosentasche, was am besten noch weltweites Tracking mit unbegrenzter Batterielaufzeit ermöglicht. In der Praxis gibt es zwar solche Geräte, die sind aber relativ groß und recht schwer, haben begrenzte Akkulaufzeiten und zudem braucht man zwei Geräte: eins fürs Tracking, eins für die Zeitmessung.
Sowas funktioniert nur bei zum Beispiel der Tour de France, da sind aber auch nur geschätzte 100 bis 200 Fahrer am Start. Und da ist auch genug Geld da, um den Aufwand zu betreiben.

Bei der Entwicklung unserer neuen Technologie sind wir nun zunächst dabei, überhaupt mal diese Daten zu erfassen, um zu sagen: wo ist jemand gerade? Was sich daraus entwickelt, werden wir sehen. Wenn man in der Lage ist, bei einem großen Triathlon mit ein paar tausend Leuten wirklich jeden tracken zu können, entstehen natürlich ganz neue Möglichkeiten.

Und unser Zielmarkt besteht nicht aus diesen Big Events, diese superbekannten Events, wie der Tour de France. Von diesen Events gibt es nicht so viele, und wirklich viel Geld verdient man damit nicht, auch wenn man das vielleicht denkt. Es geht dabei eher um den Marketing-Effekt. Wir hingegen zielen auf die vielen kleinen und mittleren Events ab: Es gibt weltweit jährlich zwischen 100.000 und 200.000 Veranstaltungen, die eine Art von Zeitmessung brauchen. Alleine in Deutschland gibt es jährlich 4.000 Laufveranstaltungen; in den USA 49.000 Wettläufe und 10.000 Triathlons. Rund um die Welt wird gelaufen, geschwommen, geradelt, und überall sprießen solche Events aus dem Boden.

Ihr stattet jährlich weltweit tausende Sportveranstaltungen mit einem Komplettpaket aus, das Zeitmessung, Teilnehmermanagement und Auswertung umfasst, inklusive Hardware zum Leihen oder Kaufen. Dabei wird in Eurem Unternehmen vieles inhouse erledigt, was man auch an Zulieferer und Dienstleister auslagern könnte. Zum Beispiel druckt Ihr die Startnummern selbst. Inwiefern hat sich dieses Inhouse-Konzept bewährt?

Unglaublich gut. Wir machen sehr viel selbst und haben es keinen Tag bereut. Im Gegenteil, wir haben enorme Vorteile. Denn natürlich will man selbst möglichst viel vom Kuchen der Wertschöpfungskette haben. Wenn ich einen Zulieferer habe, der einen Teil für mich macht, habe ich natürlich weniger von diesem Kuchen.

Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass die Qualität besser ist, wenn wir es selbst erledigen. Natürlich nicht, wenn Du Sachen nur einmal im Monat machst – aber, wenn Du eine täglich laufende Wertschöpfungskette hast, wie in unserem Fall, Startnummern zu produzieren und weltweit zu verkaufen. Wir sind der größte Produzent von Startnummern in Deutschland. Wenn Du Dich darauf spezialisierst, ist die Qualität besser, Du hast eine höhere Flexibilität – und, dadurch, dass wir so viel selbst machen, entwickeln sich ungeahnte Möglichkeiten oder neue Wege eröffnen sich, an die wir zuvor gar nicht gedacht haben. Und im Grunde genommen basiert unsere ganze Firmenentwicklung darauf, dass wir die Sachen einfach gemacht haben.

Auf der Zielgeraden: was ist Dein Wunsch für race result, wo soll es noch hingehen?

Ein ganz klares Ziel gibt es nicht. Es macht uns einfach einen Haufen Spaß, tolle Produkte zu entwickeln, die wir auch selber einsetzen würden oder es auch mal tun. Ab und zu ist man ja doch mal bei einer Veranstaltung mit vor Ort. Und wenn man spürt, dass es vorwärts geht, dass sich was entwickelt, man neue Projekte anpackt und die Kunden begeistert sind, dann hat man einfach Spaß. Wenn ich Marathon laufe, will ich ja auch nicht unbedingt mal den Marathon-Weltrekord brechen, aber trotzdem habe ich Freude daran, Marathon zu laufen.

In den letzten 4 Jahren haben wir uns verzehnfacht. Das weitere Wachstum bestimmen die Kunden. In dem Moment, in dem Du sagst: wir haben genug Kunden, es reicht – dann ist es ja auch irgendwie vorbei. Du hast gute Produkte und Kunden und da willst Du auch liefern. Die Anforderungen verändern sich, das Volumen verändert sich. Bei unserem Firmenneubau im Pfinztal haben wir uns auch gefragt: wie groß bauen wir den? Was wird 2020 sein? In der Politik sagt man: Wir müssen auf Sicht fahren. Das Entscheidende ist weiterhin gute Arbeit, gute Produkte und der Rest wird sich fügen. Und falls sie uns die Bude einrennen, finden wir da auch eine Lösung.