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Die Themen Digitalisierung und Virtual Reality werden auch für Freizeit- und Vergnügungsparks immer wichtiger. Wir haben mit Michael Mack, geschäftsführender Gesellschafter des Europa-Parks über die Bedeutung neuer Technologien für Freizeit und Vergnügungsparks gesprochen.

Lieber Herr Mack, wenn ich Ihnen jetzt einfach nur den Begriff „Digitalisierung“ nenne, was fällt Ihnen dazu – ganz generell – ein?

Es kommt ganz darauf an, wie viel Zeit und Platz Sie mir für die Antwort einräumen. Digitalisierung ist – für mein Verständnis – eine unglaubliche Chance, die der Europa-Park früh erkannt hat und gezielt nutzt. Digitalisierung kann Menschen vernetzen, an ein Produkt binden und im Falle von Deutschlands größtem Freizeitpark mit seinen zahlreichen Gaming- und App-Angeboten auch unterhalten – überall und zu jeder Zeit. Digitalisierung steht zwangsläufig für Innovationen, die in unserer schnelllebigen Gesellschaft tagtäglich in vielerlei Bereichen auf den Markt schwappen. Am Beispiel des Europa-Park sei nur auf den weltweit ersten Virtual-Reality-Ride auf einer Achterbahn hingewiesen. Im September 2015 konnten Besucher bei uns erstmals im Tagesgeschäft eines Freizeitparks mit einem VR-Headset von unserem Kooperationspartner Samsung ein völlig neues Coaster-Erlebnis auf der Achterbahn „Alpenexpress Coastiality“ entdecken. Dieses Beispiel steht – wie kaum ein anderes Projekt in unserer Branche – gleichermaßen für Digitalisierung und Innovation und war in unserem Falle wahrlich Pionierarbeit, die sich gelohnt hat und uns eine völlig neue Form der Customer Experience ermöglicht. Digitalisierung ist für mich etwas durchweg positives.      

Als geschäftsführender Gesellschafter des Europa-Park und Geschäftsführer von MackMedia sind Sie maßgeblich für die Digitalisierung und die technischen Innovationen im Europa-Park verantwortlich. In welchen Bereichen spielen digitale Prozesse schon heute eine große Rolle und wo geht es eher noch analog zu?

2002 gründete ich das Medienunternehmen „MackMedia“, dessen Vision es ist, eine digitale Erlebniswelt im Einklang mit der ortsgebundenen Geschichte des Europa-Park zu schaffen, die sich sowohl stationär – also intern – als auch extern mittels eines 360-Grad-Angebots abspielt. Die Ergebnisse bis heute: Entwicklung von Charakteren und Marken, Produktion von Filmen, Konzeption von VR-Animationen, Verlegen von Musik, Programmieren von Spielen und Apps. Weitere digitale Prozesse finden bei zahlreichen Info-Screens oder Kassen- und Ticketsystemen im Park statt. Als konkrete Neuerung kann hier das Zeitticket-System bei der Großattraktion Voletarium genannt werden. Gästen ist es dabei möglich, sich morgens ein Zeitticket für das größte Flying Theater des Kontinents zu besorgen und es zu einem späteren Zeitpunkt – ohne lange Anstehzeit – wieder einzulösen. Dieses Prinzip haben wir mit Inbetriebnahme des Voletariums erstmals im Tagesgeschäft eingeführt. Die Reaktionen darauf sind sehr positiv.

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Analog erleben die Besucher im Europa-Park über 100 Attraktionen und Shows. Auch unser Gästeservice, bei dem sich alle Besucher und Interessenten per Mail oder Telefon melden können, agiert analog.

Lange bevor die breite Masse mit den Themen Virtual Reality, 3D oder sogar 4D in Berührung kam, gab es in den Freizeitparks dieser Welt schon entsprechende Attraktionen. Ist ein Erlebnis-Resort wie der Europa-Park der Zeit diesbezüglich immer ein Stück voraus?

Menschen wollen bei uns mit ihren Freunden und Familien einen oder mehrere unbeschwerte Tage erleben. Das bedeutet, dass sie unter anderem Unterhaltung, Nervenkitzel und Spaß erleben möchten. Um ihnen das bieten zu können, liegt es in der Natur der Sache, Attraktionen und Angebote zu schaffen, die sie nirgends anders erleben können. Somit sind wir stets dazu angehalten, die Augen und Ohren offen zu halten, neue Trends wahrzunehmen, mit der Zeit zu gehen, zu erörtern und hinterfragen und gegebenenfalls bei uns im Europa-Park zu integrieren. Als bestes Beispiel kann das bereits erläuterte VR-Angebot genommen werden, wo wir Pionierarbeit leisteten oder jüngst mit dem größten Flying Theater des Kontinents ein wirkliches Highlight in der Freizeitpark-Branche präsentieren konnten.

Der Europa-Park steht nie still, denn Stillstand wäre Rückschritt und würde unmittelbar von unseren Besuchern bemerkt und entsprechend negativ beurteilt werden. Schließlich sind sie es – Freunde, Besucher und Fans – sowie die eigene Familie, die das Karussell des Lebens darstellen und es immer wieder aufs Neue anschieben und bewegen. 

Wie kommen Attraktionen, wie Ihr neues Voletarium, bei den Besuchern an?

Das Voletarium kommt sehr gut an und hat unsere eigenen Erwartungen tatsächlich noch übertroffen. Zu Pfingsten ging die Attraktion in den Tagesbetrieb und hat seither über 800.000 Menschen begeistert (Stand Mitte August 2017). Die Besucher können das größte Flying Theater direkt zu Beginn des Europa-Park im Deutschen Themenbereich erleben. Mit seinen zwei 16 Meter hohen Theatersälen, wo jeweils 70 Flugpassagiere pro Vorstellung Platz finden, können pro Stunde 1.400 Personen einen atemberaubenden Flug über den europäischen Kontinent genießen. Effekte wie Wind, Wasser und Duft intensivieren das Gefühl des Fliegens noch einmal, während die Passagiere in sesselliftartigen Fluggeräten sitzen und ein viereinhalbminütiges Video von MackMedia auf einer 21 Meter Durchmesser großen Leinwand sehen. Die Dimensionen sind einfach gigantisch und das Projekt vereint meine beiden Lieblingsdisziplinen: die Ingenieurskunst und das Filmemachen. Zugleich stellt das Voletarium die größte Investition in der Geschichte des Familienunternehmens für eine Einzelattraktion dar.

Unabhängig von dieser Großattraktion zeichnet den Europa-Park aber auch aus, dass bestehende Fahrgeschäfte immer wieder gewartet, saniert und in Schuss gehalten werden, um Klassiker wie die Bootsfahrt „Piraten in Batavia“ im Holländischen Themenbereich oder den „Alpenflieger“ im Schweizer Themenbereich weiter attraktiv zu halten. Auch die zahlreichen Shows werden regelmäßig hinsichtlich Story und Kostümen neu inszeniert. Gleiches gilt für das Gastro- und Shopping-Angebot. Hier wiederhole ich mich gerne: der Europa-Park steht nie still.

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Gibt es in 20 Jahren nur noch „virtuelle“ Achterbahnen, mit denen man durch fremde Welten reist, oder geht der Trend eher in Richtung klassische Achterbahn ergänzt durch VR-Brillen?

Um es vorweg zu nehmen: die VR-Technologie wird den klassischen Freizeitpark nicht ersetzen und überflüssig machen. Vielmehr kann und wird die Technologie als Ergänzung und Erweiterung des bestehenden, stationären Unterhaltungsangebots zu verstehen sein, die zu einer Aufwertung des jeweiligen Fahrgeschäfts führen wird. Auch in Zukunft werden authentische beziehungsweise fantasievolle und detailgetreue Thematisierungen in Freizeitparks notwendig sein, um Besucher zu begeistern und zu fesseln. Das „Begreifen“, „Erlaufen“ und „Erleben“ der jeweiligen Themenbereiche und das „Wahrnehmen“ mit seinen eigenen Sinnen, wird noch lange Zeit das dominante Element im Gesamterlebnis „Freizeitpark“ sein. 

Die Digitalisierung betrifft natürlich nicht nur die Attraktionen, sondern auch viele andere Bereiche des Europa-Parks. Mit der offiziellen Europa-Park-App kann man Tickets kaufen, interaktiv durch den Park navigieren, und vieles mehr. Wie kommt das bei den Gästen an?

Die Europa-Park App, die seit Mitte Juli 2016 für Android- und iOS-User in den jeweiligen Stores kostenlos verfügbar ist, kommt hervorragend bei unseren Besuchern an. Folgende Zahlen belegen das eindrücklich: seit der Einführung der Applikation haben 1,8 Millionen Menschen die App heruntergeladen und auch die Bewertungen bewegen sich im sehr guten Bereich – fünf von fünf Sterne bei den iOS-Usern sprechen eine deutliche Sprache. Durch regelmäßige Updates, die auch aufgrund von Anregung unserer Besucher initiiert werden, verbessern und erweitern wir stetig unser App-Angebot. Aufgrund der positiven Entwicklung in diesem Sektor werden wir schon bald eine neue App für unser Hotel-Resort mit seinen fünf 4-Sterne Häusern kostenlos zur Verfügung stellen, die auf alle spezifischen Bedürfnisse unserer Hotelgäste eine passende Antwort bereithalten wird.

Michael Mack vom Europa-Park
Michael Mack ist geschäftsführender Gesellschafter des Europa-Park und Geschäftsführer von MackMedia.

Erst Ende Mai diesen Jahres hat Ihre Facebook-Seite die Eine-Million-Fans-Marke geknackt. Welche Rolle spielen die sozialen Netzwerke für den Europa-Park?

Der Europa-Park bietet seinen Gästen und Fans seit jeher ein bestmögliches Besuchererlebnis. In den letzten Jahren werden Erlebnisse immer stärker digital. Soziale Netzwerke werden heutzutage von mehr als zwei Milliarden Menschen weltweit zur täglichen Kommunikation genutzt und bieten uns damit optimale Möglichkeiten, mit unseren Fans und Gästen zwischen den Besuchen in Kontakt zu bleiben. Um die Faszination Europa-Park in die digitalen Kanäle zu übertragen, bietet der Europa-Park und MackMedia seinen mehr als 1,5 Millionen Fans auf über 30 Social Media-Profilen tagesaktuelle Unterhaltung, exklusive Informationen, neue Angebote und zahlreiche Überraschungen. Täglich tritt unser Social Media-Team mit den Nutzern in den Dialog, um Fragen zu beantworten und Anregungen aufzunehmen. Mit dem Einsatz innovativer Funktionen wie Facebook-Live, Snapchat-Stories oder segmentierten Inhalten an unsere Follower aus Deutschland, Frankreich, BeNeLux und dem Rest der Welt steht der Europa-Park mit an der Spitze der Freizeitparks weltweit. 

Unser Ziel ist es weiterhin, innovativer Vorreiter bei digitalen Projekten zu sein und über die sozialen Medien unsere Anhänger weltweit mit spannenden Inhalten zu begeistern und immer neue Wege zu finden, das echte Offline-Erlebnis im Park und die digitalen Welten miteinander zu verschmelzen. 

Werfen wir zum Abschluss noch einen Blick in die Zukunft: Was wird in den kommenden Jahren die größte Herausforderung in puncto Digitalisierung sein? 

Wie oben bereits angedeutet, ist das Thema Digitalisierung sehr schnelllebig, schafft Chancen, bietet Möglichkeiten, die allesamt genutzt werden sollten. Sicherlich sind Innovationen, die mit der Digitalisierung einhergehen, mit erheblichen Kosten verbunden. Möchte ein Unternehmen jedoch zeitgemäß handeln, sind die digitalen Kanäle bestmöglich auszureizen – ohne das klassische Marketing und analoge Produkte aus den Augen zu verlieren. Deutschlands größter Freizeitpark ist noch lange nicht am Ende seiner Digitalisierung angekommen. Der Einstieg ist aber gelungen.