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Die cynora GmbH aus Bruchsal konnte sich im vergangenen Jahr Investitionen in Millionenhöhe von Samsung und LG Display sichern. Wir haben mit dem jungen Unternehmen über die Bedeutung der OLED-Technologie gesprochen.

Lieber Herr Bächle, Sie sind Chief Operation Officer (COO) bei der in Bruchsal ansässigen cynora GmbH. Für diejenigen, denen Ihr Unternehmen bislang noch kein Begriff ist: Erzählen Sie uns doch etwas mehr über die Geschichte und die Tätigkeitsfelder von cynora.

Mit meinen zwei Kollegen vom KIT haben wir vor fast zehn Jahren cynora als Startup gegründet. Unsere Idee war es, innovative Materialien für OLED-Produkte (Organische Leuchtdioden) mit einer neuartigen Technologie zu entwickeln. Dank unserer zukunftsorientierten Idee konnten wir binnen kürzester Zeit mit Partnern aus Industrie und Forschung an den ersten Förderprojekten arbeiten und uns einen Namen auf dem Markt machen. 2013 wurden wir sogar als Science-Start-up des Jahres ausgezeichnet. Wir waren natürlich positiv überrascht, dass unsere Vision und die ersten Forschungsergebnisse solche Erfolge bringen konnten.

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Mit der starken Unterstützung unserer Shareholder und der Wirtschaftsförderung Bruchsal sind wir dann im Jahre 2014 nach Bruchsal in die ehemaligen Siemens-Gebäude umgezogen. Bei unserem Vermieter, der Triwo AG, konnten wir moderne Büroflächen und geeignete Forschungslabore für 30 Mitarbeiter aufbauen. Heute beschäftigen wir mehr als 100 Mitarbeiter aus der Region und der ganzen Welt. Wir sind ein echtes multikulturelles Unternehmen geworden. Wir bauen jetzt gerade unseren Standort weiter aus, und noch in diesem Herbst werden wir offiziell unsere neue Fläche eröffnen.

Selbst wenn jemand den Begriff „OLED“ noch nie gehört hat, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass er oder sie bereits den einen oder anderen Berührungspunkt mit OLED-Displays hatte. In welchen Bereichen kommt die Technologie bereits heute zum Einsatz und welche werden in naher Zukunft noch dazu kommen?

Das stimmt. Der Begriff „OLED“ ist in letzter Zeit bei Endverbrauchern bekannter geworden. Meiner Meinung nach sind OLED-TVs die besten Fernseher auf dem Markt. Der Vorreiter auf diesem Gebiet ist LG Display, ein Unternehmen, das dieses Jahr auf der größten Elektronikmesse in Las Vegas das weltweit erste 77-Zoll-Modell präsentierte, das rollbar ist und ähnlich wie eine Leinwand in einer Box verstaut werden kann. Das ist die Zukunft und deswegen setzen fast alle Elektronikhersteller auf die OLED-Technologie. Mittlerweile bieten Panasonic, Loewe, Philipps oder Sony auch OLED-Fernseher an. Dabei ist LG aber der einzige Lieferant der großen OLED-Panels.

OLED kommt auch in Smartphones zum Einsatz. Der derzeitige Marktführer bei kleinen OLED-Displays ist Samsung Display, das seit mehreren Jahren OLEDs in seiner Galaxy-Smartphone-Reihe verwendet. Ende letzten Jahres ist auch Apple mit dem iPhone X von der LCD auf die OLED-Technik umgestiegen. Der technologische Vorteil Bildschirme flexibel und sogar transparent gestalten zu können, bietet in Zukunft aber auch die Möglichkeiten völlig neue Produkte zu entwickeln, die wir uns heute noch nicht vorstellen können. 

Der Fokus von cynora liegt derzeit auf hocheffizienten blauen OLED-Emitter Systemen. Welche Rolle spielen die Farben bei diesem Thema und warum liegt Ihr Schwerpunkt gerade auf Blau?

Wir haben uns vor einigen Jahren gezielt auf blaue Emitter fokussiert. Warum? Weil genau die hocheffizienten blauen Emitter auf dem OLED-Markt fehlen. Alle Displayhersteller suchen seit mehreren Jahren nach einem effizienten Blau und wir wollen das erste Unternehmen sein, das innovative blaue OLED-Materialien auf den Markt bringt.

Um zu verstehen, wieso effiziente Emitter für die OLEDs so wichtig sind, muss ich ein bisschen ausholen: Ein OLED-Panel besteht aus mehreren Schichten, wobei das Herz der OLEDs eine sogenannte Emitter-Schicht ist. Emitter wandeln elektrische Energie in sichtbares Licht um, was wir letztendlich als rote, grüne oder blaue Pixel wahrnehmen. Effizienz und Lebensdauer dieser Emitter entscheiden über die allgemeine Display-Performance. Der heutige blaue Emitter ist im Vergleich zu roten und grünen Emittern ineffizient und damit das größte Problem für Displayhersteller. Das ineffiziente Blau verursacht einen großen Energieverbrauch und somit eine kürzere Batterielaufzeit bei OLED-Smartphones. Zusätzlich nehmen die blauen Materialien wegen der niedrigeren Effizienz auch deutlich mehr Platz ein als die roten und grünen Emitter. Da die heutigen blauen Materialien deutlich schneller an Helligkeit verlieren, sorgt die große Pixelfläche dafür, dass die Pixel nicht allzu stark beansprucht werden müssen. Gleichzeitig bedeuten die größeren Pixel allerdings eine geringere Display-Auflösung. Alle OLED-Hersteller suchen bereits seit mehreren Jahren nach einem effizienten blauen Material und einer Technologie, die solche Emitter ermöglicht. Nachdem die bisherigen Technologien erfolglos waren, weckt CYNORA mit der relativ jungen TADF-Technologie großes Interesse in der OLED-Industrie.

Michael Bächle
Michael Bächle ist Gründer und COO von CYNORA.

Im vergangenen Jahr haben LG und Samsung 25 Millionen Euro in cynora investiert. Was macht das „kleine badische Unternehmen“ für Weltkonzerne wie LG und Samsung so interessant?

LG Display und Samsung Display führen den OLED-Markt an – und sie warten schon seit einigen Jahren auf einen Anbieter von hocheffizienten blauen Materialien. Unsere Firma hat in den letzten drei Jahren eindrücklich demonstriert, dass wir uns von der anfänglichen Vision der innovativen blauen OLED-Materialien sehr schnell in die finale Phase der Markteinführung bewegen konnten. Wir haben sehr viel in den Ausbau von Laboren und die weitere Verbreitung des IP-Portfolios investiert. Zusätzlich haben wir unser Team seit 2015 verdreifacht und mehr als 70 Arbeitsplätze für junge und talentierte Wissenschaftler aus 14 Nationen geschaffen. Wir haben das Know-How und das größte TADF-Team auf der Welt. Die Investition von LG und Samsung bestätigen, dass unsere Materialien und unsere Technologie für die OLED-Display-Industrie sehr attraktiv sind.

Werfen wir einen Blick auf den Technologiestandort Karlsruhe, der in der Entwicklung neuer Materialien weltweit als führend gilt: Was macht die Region für Unternehmen so attraktiv und wie profitieren sie von der engen Verzahnung von Wissenschaft und Industrie?

Unsere Firma hat von Anfang an von den hervorragenden Bedingungen am Technologiestandort Karlsruhe profitiert. Alle drei Gründer von cynora sind KIT-Alumni und in den ersten Jahren unserer Gründung haben wir außerdem Labore direkt vom KIT gemietet. In der Region haben sich auch besonders viele innovative Unternehmen und Dienstleister angesiedelt, mit denen wir gerne zusammenarbeiten. Darüber hinaus sind wir ein Mitglied des CyberForums, das eine perfekte Netzwerk- und Austausch-Plattform hier in der Technologieregion Karlsruhe bietet. Wir sind besonders stolz auf die zwei Auszeichnungen im Rahmen des CyberChampion Awards 2010 und 2012, die durch das CyberForum vergeben wurden. Mit diesen Innovationspreisen konnten wir unsere ersten Investoren (MIG, KfW und die Familie Wecken) überzeugen, die das Wachstum der Firma seither stark unterstützt haben. Wir profitieren natürlich zusätzlich von einem hohen Fachkräftepotenzial und einer guten Verkehrsanbindung sowie Infrastruktur.

Wo sehen Sie CYNORA in zehn Jahren?

Mit der baldigen Markteinführung unserer ersten Materialien in die Massenproduktion haben wir die große Chance, über die nächsten Jahre zum Weltmarktführer von OLED-Materialien zu werden. Nach der Kommerzialisierung der blauen Materialien möchten wir auch grüne und rote OLED-Materialien auf den Markt bringen. Unser Ziel ist es, das ganze Spektrum von OLED-Emittern abzudecken. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir natürlich weiterhin mit Hochdruck an unseren Produkten arbeiten, denn die Konkurrenz schläft nicht. Unser CEO, Gildas Sorin, hat schon einmal bewiesen, dass er aus einem Start-up-Unternehmen einen wertvollen OLED-Materialhersteller aufbauen kann.