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Die alarmierende Unzufriedenheit des IT-Mittelstands mit der deutschen Digitalpolitik ist ein unüberhörbarer Weckruf für dringend benötigte Reformen. Spätestens jetzt sollte die Ampel-Regierung handeln. Ein Kommentar.

Eine aktuelle Umfrage des Bundesverband IT-Mittelstand e.V. (BITMi) legt schonungslos offen, wie tief die Unzufriedenheit der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der deutschen Digitalwirtschaft verankert ist. Die Tatsache, dass sich ganze 90 Prozent der Befragten negativ über die aktuelle Digitalpolitik geäußert haben, illustriert die klaffende Lücke zwischen den Erwartungen der Industrie und den bisherigen politischen Leistungen.

Zwar spricht Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gerne mal davon, dass im Bereich der Digitalisierung in den kommenden Jahren Investitionen auf Rekordniveau geplant seien, aber bemerkbar macht sich davon nichts. Im Gegenteil. Erst im Sommer machte eine Meldung die Runde, dass vor allem im Bereich der digitalen Verwaltung drastische Einsparungen geplant sind.

Die Herausforderung der Digitalen Souveränität

Aber es geht nicht allein um Einsparungen, wie die Umfrage zeigt. Die erschreckende Abhängigkeit von außereuropäischen Technologiegiganten ist für viele Unternehmen ein alarmierendes Signal. Die Sorge, dass die digitale Zukunft Europas unter der Kontrolle anderer globaler Mächte steht, sollte auch von der Politik ernstgenommen werden. In einer Welt, die zunehmend von Technologie dominiert wird, können wir es uns nicht leisten, passiv zu bleiben und das Steuer anderen zu überlassen.

Länder wie Estland haben beeindruckende Fortschritte in der Digitalisierung erzielt, indem sie E-Government-Initiativen und digitale Innovationen an die Spitze ihrer politischen Agenda gesetzt haben. Die Integration digitaler Technologien in den öffentlichen und privaten Sektor hat die Effizienz, Zugänglichkeit und Qualität der Dienstleistungen verbessert. Und auch wenn ein Land wie Estland sich nicht mit Deutschland vergleichen lässt, sollten wir uns daran dennoch ein Beispiel nehmen.

Die Digitalpolitik muss in Deutschland eine höhere Priorität bekommen

Eine strategische Neuausrichtung in der Digitalpolitik ist notwendig, um eine agile, adaptive und innovative deutsche Digitalwirtschaft zu fördern. Das beginnt mit einer umfassenden Modernisierung der Verwaltung. Wir brauchen ein E-Government, das sich durch Benutzerfreundlichkeit, Effizienz und Transparenz auszeichnet. Ein solcher Fortschritt wird nicht nur die öffentlichen Dienstleistungen verbessern, sondern auch das Vertrauen in die Behörden stärken.

Der Ausbau der digitalen Infrastruktur ist ebenso dringend. Die Versorgung mit schnellem und zuverlässigem Internet in allen Teilen des Landes ist das Fundament, auf dem die digitale Zukunft Deutschlands gebaut wird. Eine flächendeckende, leistungsstarke Glasfaserversorgung ist ein Katalysator für Innovation, Wirtschaftswachstum und nicht zuletzt soziale Inklusion.

Gerade beim Glasfaserausbau darf das Motto nicht wie derzeit lauten „Wir verlegen nur dort Glasfaser, wo es noch kein schnelles Internet gibt“, sondern vielmehr „Wir verlegen überall Glasfaser, ohne Ausnahme.“

Digitale Bildung muss einen festen Platz im Lehrplan haben

Zu guter Letzt darf auch die digitale Bildung nicht vernachlässigt werden, denn sie ist der Eckpfeiler, unserer Gesellschaft.

Themenfelder wie Programmieren, Künstlichen Intelligenz und Medienkompetenz müssen sich viel stärker im Lehrplan wiederfinden. Und natürlich muss sich die Digitalisierung auch in den Schulen selbst widerspiegeln. iPad-Klassen und Unterricht mit digitalen Hilfsmitteln müssen die Regel, und nicht die Ausnahme sein. Wenn man bedenkt, dass viele Lehrkräfte bis vor wenigen Jahre noch nicht einmal eine E-Mail-Adresse hatten, braucht man sich nicht zu wundern, dass Deutschland hier im internationalen Vergleich keinen Blumentopf gewinnen kann.

Digitalpolitik: Gehandelt werden muss jetzt

Die gravierende Unzufriedenheit des IT-Mittelstands ist mehr als nur ein Alarmsignal. Sie ist ein Appell für eine tiefgreifende Revision und Transformation der deutschen Digitalpolitik. Die Uhr tickt, und es besteht ein dringender Bedarf, Deutschland auf den Weg der digitalen Souveränität und Innovationsfähigkeit zu führen. Eine umfassende, zielgerichtete Agenda ist unerlässlich. Nur so kann Deutschland seine Position in der globalen digitalen Landschaft festigen und eine führende Rolle in der Gestaltung der digitalen Zukunft einnehmen.