Die Welt wurde und wird in den vergangenen Jahren immer wieder durch Datenschutz-Skandale wie der NSA-Affäre oder dem Cambridge Analytica Skandal erschüttert. Mit einem wachsenden Netzwerk möchte der gemeinnützige Verein fair.digital e.V. ein starkes Zeichen für mehr Digitale Souveränität von Menschen, Unternehmen, Organisationen und Staaten in Europa setzen. Als Gegenbewegung der Datenmonopole stehen bei dieser Zielsetzung die Prinzipien Datenschutz, Transparenz und Fairness im Mittelpunkt.
Der Netzwerk-Gedanke steht auch beim CyberForum, dem größten regionalen Hightech.Unternehmer.Netzwerk. Europas, an erster Stelle. Als Schnittstelle unterstützt der Verein mit über 1.200 Mitgliedern aus der Digitalwirtschaft Unternehmen in jeder Phase ihrer Entwicklung – klar, dass da auch das Thema Digitale Souveränität eine der zentralen Rollen spielt.
Martin Hubschneider, Vorsitzender des Vereins fair.digital und Vorstandsmitglied des CyberForum, sowie David Hermanns, Geschäftsführer des CyberForum und Unterstützer der Initiative fair.digital, berichten in diesem Interview, warum Netzwerke und Digitale Souveränität eng miteinander verbunden sind und nicht nur in der IT-Branche eine zentrale Rolle spielen.
Herr Hubschneider, Sie sind einer der Gründer und im Vorstand von „fair.digital“: Was war der Auslöser für Sie, diesen Verein und vor allem das Gütesiegel ins Leben zu rufen?
Martin Hubschneider: Wir leben in einer Welt, in der allzu oft bedingungslos nach Gewinnmaximierung und Macht gestrebt wird. Dafür sammeln und verknüpfen große Datenmonopole in den Vereinigten Staaten und China tagtäglich personenbezogene Daten. Als freiheitsliebender Mensch und Zukunftsgestalter aus Leidenschaft bin ich damit nicht einverstanden, da diese Plattformökonomien sowohl unsere Marktwirtschaft als auch unsere Gesellschaft insgesamt bedrohen. Der Verein fair.digital e.V. möchte deshalb dieser Art des Überwachungskapitalismus entgegenwirken und das Bewusstsein für Themen rund um die Digitale Souveränität stärken.
David Hermanns: Mit dem fair.digital-Gütesiegel zeichnet der Verein IT-Produkte und -Leistungen von Anbietern aus, die den europäischen Datenschutz und faires Handeln ernst nehmen. Das CyberForum begrüßt dies ganz ausdrücklich. Zum einen bietet das Bürgern und Bürgerinnen, sowie Verwaltungen und Unternehmen eine gute Orientierung beim Kauf von digitalen Produkten. Zum anderen zeigt die Bandbreite an fairen digitalen Lösungen, dass es durchaus bessere Alternativen gibt, die uns in Europa unabhängig von Daten-Monopolen machen.
Herr Hubschneider, welche Kriterien müssen von Herstellern digitaler Produkte und Dienstleistungen erfüllt werden, damit ihnen das Gütesiegel „fair.digital“ verliehen werden kann?
Martin Hubschneider: Insgesamt müssen sieben Kriterien für die Zertifizierung erfüllt sein. Dazu gehören neben der Einhaltung der europäischen Datenschutzrichtlinien unter anderem nachvollziehbare Datenschutz-Einstellungen für die Nutzer im Sinne einer leicht verständlichen Bedienung und Änderung der Zugriffsrechte. Außerdem dürfen dem Prinzip der Datensparsamkeit entsprechend nur wirklich notwendige Daten erhoben werden. Alle darüberhinausgehenden Daten erfordern die explizite Zustimmung des Nutzers.
Der Verein „fair.digital“ setzt auf die Zusammenarbeit mit Unternehmen, sich mit dem Gütesiegel auszeichnen zu lassen. Herr Hermanns, welche Möglichkeiten ergeben sich durch solche Netzwerke?
David Hermanns: Beim CyberForum fokussieren wird den Netzwerk-Gedanken, um einen Austausch von Wissen und Erfahrung zwischen den mehr als 1.200 Mitgliedern zu ermöglichen. Wir sind der Überzeugung, dass sich die dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit der partizipierenden Unternehmen durch ein gemeinsames Vorgehen steigern lässt. Für ein starkes Netzwerk stehen bei fair.digital auch die Hersteller mit ihren zertifizierten Lösungen wie zum Beispiel nextcloud, dem bekannten Kollaborationstool, und viele andere. Mit dem Verein fair.digital vereinen wir Unternehmen mit einheitlich übereinstimmenden Werten, um unsere Zukunft digital souverän zu gestalten.
Das Netzwerk von „fair.digital“ wächst auch stetig. Wie beschreiben Sie die Resonanz auf die Initiative?
Martin Hubschneider: Seit der Vorstellung von „fair.digital“ im ZKM als Weltpremiere beim
InnovationFestival @karlsruhe.digital, dem neuen Veranstaltungsformat der Initiative karlsruhe.digital, erfreuen wir uns über viele positive Rückmeldungen. Es besteht kein Zweifel, dass das Thema der Digitalen Souveränität deutlicher von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Immer mehr Medien und Fachorganisationen das Thema Digitale Souveränität auf und berichten darüber. Auf dem digitalen Jahrestag der Gesellschaft für Informatik gab es im vergangenen Jahr beispielsweise eine Podiumsdiskussion zum Thema „Digitale Souveränität in einer digitalen Ökonomie“.
David Hermanns: Uns beim CyberForum fällt auch auf, dass sich immer mehr Unternehmen mit der nachhaltigen Gestaltung der Digitalisierung auseinandersetzen. Viele sind sich ihrer Verantwortung bewusst, einen Beitrag zur Gestaltung der Rahmenbedingungen zu leisten und bei der Umsetzung unseres europäischen Wertesystems im digitalen Zeitalter mitzuwirken. Eine gesunde gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung basiert auf Digitaler Souveränität. Der Verein „fair.digital“ unterstützt nicht nur IT-Anbieter, die den europäischen Datenschutz und faires Handeln ernst nehmen, sondern stärkt damit auch den Karlsruher Standort und das gesamte Netzwerk.
Welche Schritte streben Sie, Herr Hubschneider, zukünftig mit dem Verein „fair.digital“ an?
Martin Hubschneider: Wir wissen, dass wir mit „fair.digital“ Basisarbeit leisten und erst einmal das Bewusstsein für Digitale Souveränität schaffen und schärfen müssen. Deshalb möchten wir mit Veranstaltungsreihen und Vorträgen künftig noch stärker in der Öffentlichkeit präsent sein – online und zu gegebener Zeit auch vor Ort. Einige Unternehmen wie Bioland und Nextcloud haben sich bereits erfolgreich zertifizieren lassen und aktuell bewerben sich auch viele weitere Unternehmen auf eine Zertifizierung mit dem Gütesiegel. Gleichzeitig stößt die Initiative auch auf großes Interesse bei den Nutzerinnen und Nutzern. Wenn wir uns in Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft als digitale Zukunftsgestalter verstehen und unser Handeln von einem gemeinsamen Willen und „fair.digitalen“ Werten geleitet wird, können wir gemeinsam die Digitale Souveränität Europas vorantreiben.
Martin Hubschneider:
Gründer und Vorstand der CAS Software AG, Vorstand im Bundesverband IT Mittelstand e.V. und CyberForum e.V sowie Initiator der Gütesiegel „Software Made in Germany“, „Software Hosted in Germany“ und „fair.digital“.
David Hermanns:
Geschäftsführer des CyberForum e.V., mit über 1.200 Mitgliedern das größte regional aktive Hightech.Unternehmer.Netzwerk. in Europa und Unterstützer des Vereins fair.digital.
Über den gemeinnützigen Verein fair.digital e.V.:
Der gemeinnützige Verein fair.digital e.V. hat sich zum Ziel gesetzt, die Digitale Souveränität von Menschen, Unternehmen, Organisationen und Staaten in Europa auf vielfältige Art zu fördern. Dabei steht der Schutz drei grundlegender Prinzipien im Mittelpunkt: Datenschutz, Transparenz und Fairness.
Mit dem fair.digital-Gütesiegel zeichnet der Beirat des Vereins digitale Lösungen aus, die eine faire und transparente Balance zwischen Nutzer, Anbieter und Gesellschaft anstreben. Die Anbieter von Software-, Hardware- oder Cloud-Lösungen verpflichten sich, die festgelegten Vergabe-Voraussetzungen des Gütesiegels zu erfüllen. Durch die transparente Selbstverpflichtung der Geschäftsführer erhalten Kunden die Sicherheit, dass die Kriterien des fair.digital-Gütesiegels dauerhaft eingehalten werden.
Über den gemeinnützen Verein CyberForum e.V.:
Das CyberForum e.V. ist mit über 1.200 Mitgliedern das größte regional aktive Hightech. Unternehmer.Netzwerk. in Europa. Vom Startup und der Softwareschmiede über den erfahrenen Unternehmer und internationalen Informationstechnologie-Anbieter bis hin zu Forschungseinrichtungen und Universitäten – das CyberForum bringt sie alle zusammen. Eine Plattform für Networking als direkte Verbindung von Kompetenz, Business-Kontakten und Karriereaussichten.