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In Deutschlands weitläufigen Produktionshallen könnten bald ferngesteuerte Gabelstapler durch die Gänge navigieren – eine visionäre Antwort auf eine der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit: den Fachkräftemangel. Die beiden Technologiepioniere enabl und PCB-Arts haben sich zusammengetan, um effiziente und autonome Lösungen für die Logistikbranche zu entwickeln, die besonders unter dem akuten Fachkräftemangel leidet. Getroffen haben sich die beiden Gründer im CyberLab Accelerator. Die Nähe zu anderen Startups fördert hier immer wieder fruchtbare Kooperationen.

Der Status quo der Logistik in Deutschland

Die Logistik, als wesentlicher Bestandteil der Wirtschaft, steht vor einem Dilemma. Sie ist nicht nur der drittgrößte Industriezweig des Landes, sondern auch einer der am stärksten vom Arbeitskräftemangel betroffenen Sektoren. Die Unvorhersehbarkeit der Auftragslage macht es schwierig, jederzeit über ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte zu verfügen. Traditionelle Lösungsansätze, wie die Automatisierung, stoßen hier auf Herausforderungen. Im Gegensatz zu Bürotätigkeiten, bei denen die Automatisierung schnell voranschreitet, benötigen die Arbeitsbereiche der Logistik mindestens ein weiteres Jahrzehnt, um sich an diese relativ neuen technologischen Konzepte anzupassen.

enabl aus Karlsruhe: Ein innovativer Ansatz gegen den Staplerfahrermangel

Inmitten dieses Szenarios ist enabl ein Vorreiter. Ein junges Unternehmen aus Karlsruhe, dessen Ingenieur:innen an modernen und kreativen Lösungen für den Mangel an Gabelstaplerfahrer:innen arbeiten, einem der kritischsten Engpässe in der Logistik. Was sie derzeit anbieten, ist eine bahnbrechende Technologie namens „Forklift-Remote-Automation“. „In vielen Situationen funktionieren echte Fahrer:innen immer noch am besten, aber sie sind nicht immer verfügbar. Häufig stößt die Automatisierung an ihre Grenzen“, erklärt Julian Wadephul, Co-Founder von enabl. Das Startup bietet eine Lösung an, mit der deutsche Unternehmen ihre Gabelstapler jederzeit mit europäischen Arbeitskräften vernetzen können. Diese können ihre Fähigkeiten dann flexibel einsetzen, wenn vor Ort Personal fehlt. Die Buchung eines Transportauftrags erfolgt mit wenigen Klicks und wird nur für die tatsächlich benötigte Zeit abgerechnet.

Die Technologie hinter der Innovation

Die Funktionsweise ist ebenso faszinierend wie fortschrittlich. enabl stattet die Gabelstapler mit einem umfangreichen Paket bestehend aus mehreren Kameras, verschiedenen Sensoren, Mikrofonen, Lautsprechern, einem Router und dem Edge AI-Computer (EdgeKit) aus. Mit diesem Paket können Remote-Mitarbeiter:innen den gesamten Raum um den Gabelstapler herum einsehen. Lasersensoren liefern genaue Details über Entfernungen, und Mikrofone am Fahrzeug ermöglichen es den Fahrer:innen, ihre Umgebung zu hören. Ein integrierter Lautsprecher ermöglicht die Kommunikation mit den Mitarbeiter:innen vor Ort.

Warum EdgeKit?

PCB-Arts, als Lieferant für eine der Kernkomponenten hat die Technologieplattform entwickelt. Der Hardwarekern basiert auf Nvidia Jetson und ermöglicht die Echtzeitverarbeitung aller eingehenden Daten. „Industrielle Hochleistungsrechner in kleinem Maßstab bieten normalerweise keine Anpassungsmöglichkeiten“, sagt Saber Kaygusuz, Gründer von PCB-Arts. „Das EdgeKit bietet jedoch detaillierte Konfigurationsoptionen und regelmäßigen Software-Support, so dass die Anwendung schnell in Betrieb genommen werden konnte.“

Der Weg in die Zukunft

„Die Automatisierung wird weiter voranschreiten. Wir planen einen fließenden Übergang von der Fernsteuerung eines Gabelstaplers für Mitarbeiter:innen zur möglichen Steuerung mehrerer Gabelstapler, die zum Teil vollautomatisiert fahren können.“ Julian betont, dass dies jedoch nicht zwangsläufig den Verlust vieler Arbeitsplätze bedeute, wie das Projekt „Hands off the Wheel“ von Amazon bereits gezeigt habe. „Im Gegenteil: Mit der Remote-Technologie werden bessere Arbeitsplätze geschaffen und Mitarbeitende dort integriert, wo die Automatisierung an ihre Grenzen stößt.“

Die Partnerschaft mit PCB-Arts im CyberLab Accelerator

Die Zusammenarbeit zwischen enabl und PCB-Arts begann im CyberLab Accelerator, wo innovative Teams aufeinandertreffen. Julian erzählt von ihrem ersten Kontakt: „Ich habe mir angeschaut, welche Teams im aktuellen Accelerator Batch sind, und es klang so, als ob PCB-Arts für uns relevant sein könnte.“ Die Zusammenarbeit wurde schnell zu einer Erfolgsgeschichte, bei der sich beide Teams regelmäßig austauschten und gemeinsam an der Entwicklung neuer Technologien arbeiteten.

Der Weg zur Marktreife und Kundennachfrage

Die Implementierung des EdgeKits begann im Sommer 2023, zunächst mit einem Prototyp. „Das Ganze hat sich entwickelt und etabliert“, freut sich Julian. Mittlerweile hat enabl fünf Fahrzeuge in fortgeschrittenen Pilotphasen, die bald in den operativen Dauerbetrieb übergehen werden. Die Nachfrage der Kunden ist vielversprechend. enabl wendet sich ausschließlich an hochwertige Großkunden.