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Umsatzdruck, Organisationschaos, Zeitmangel. Leider Alltag vieler Scale-ups. Dabei geht es auch ganz entspannt. Checke dein Business auf die folgenden 5 Aspekte und du weißt, ob dein Unternehmen bereit ist, erfolgreich zu wachsen.

Ariane Lindemann im Expertengespräch mit Markus Geissinger, Geschäftsführer der SMB Academy aus dem CyberForum-Netzwerk.

Markus, gibt es so etwas wie eine Wachstumsformel?

Auf jeden Fall. Die Probleme sind bei den meisten Startups nahezu identisch, wenn es ums Wachstum geht. Dabei ist es nicht etwa so, dass Unternehmen nicht wachsen wollen oder können, sondern sie finden im Alltag einfach nicht den Einstieg. Oft fehlt es auch an Konsequenz. Wir sehen in dieser Phase viel Chaos.

Entspannt skalieren – geht das überhaupt?

Ja, unbedingt. Funktioniert aber nur, wenn man sich konsequent an ein paar wichtige Punkte hält. Dann kann man sein Unternehmen relativ gechillt aufs nächste Level bringen.

Du hast weit über 100 Unternehmen in der Wachstumsphase beraten. Unter anderem bist du als Mentor im CyberForum aktiv. Welche Muster hast du erkannt?

Es war jedes Mal wie ein Déjà-vu – in fast allen Unternehmen sind es die gleichen Aspekte, die nicht gesehen werden, die aber extrem wichtig sind. Ich habe sie die Growing 5 genannt. 5 elementare Faktoren, die man unbedingt permanent anwenden sollte, um kontinuierlich und stabil zu wachsen. Neue Kunden sind ein guter Anfang. Doch sie bedeuten noch kein nachhaltiges Wachstum. Mehr Leute einzustellen ist ein wichtiger Schritt. Reicht aber zum Skalieren nicht aus. Selbst der beste Vertriebsprofi kann wenig ausrichten, wenn entscheidende Schlüsselfaktoren unbeachtet bleiben.

 The Growing 5 heißt auch dein Buch – ein Leitfaden für Scale-ups …

Nach unzähligen Projekten immer wieder das Gleiche zu erzählen, das wurde irgendwann langweilig. Also habe ich beschlossen, ein Buch zu schreiben. Da steht jetzt alles drin, was wichtig ist. Es ist ein optimaler Einstieg in das Thema.

„Dabei ist es nicht etwa so, dass Unternehmen nicht wachsen wollen oder können, sondern sie finden im Alltag einfach nicht den Einstieg. Oft fehlt es auch an Konsequenz.“

Lass‘ uns die Growing 5 mal durchgehen. Womit fangen wir an?

Egal, ob du ein Startup bist, ein Unternehmen mit 15, 50 oder 100 Mitarbeitenden – es gibt zwei Faktoren, die – auch branchenunabhängig – quasi der Zündschlüssel sind, um mit Wachstum überhaupt loszulegen. Ich nenne sie „Härten“ und „Wiederholen“.

Das musst du uns näher erklären …

Ich habe bei vielen Unternehmen gesehen, dass sie zwar Wachstum anstreben, aber ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Heißt: Ihre Strategie ist nicht präzise, die Markt-Verprobung nicht optimal, die Zielkunden sind nur ungenau oder gar nicht definiert. Außerdem wird in vielen Fällen nur 50 Prozent Umsatz aus dem Ist-System rausgeholt. Härten bedeutet, die Unternehmer*innen da abzuholen, wo sie gerade stehen, und das Ist-System maximal stabil aufzustellen. Wachstum ist sehr teuer und sehr zeitaufwendig. Und nur mit einer sauberen Produktionssteuerung und wenn ich meine Kapitalreichweite im Griff habe – meine Firma also stabil im Ist-Zustand läuft – erst dann kann ich gesundes Wachstum ansteuern. Andernfalls habe ich permanent Krisenmanagement und Wachstum gleichzeitig. Das kann nicht funktionieren. Auch wenn viele das glauben.

Klingt nach viel Arbeit …

Härten hört sich hart an – ist es aber gar nicht. Sobald die Unternehmen einmal verstanden haben, wie stark diese Stabilität sie am Boden hält, geht es ihnen relativ einfach von der Hand, diese Handvoll Parameter sauber abzuarbeiten. Und wenn die ersten Erfolgserlebnisse da sind, freuen sich alle, inklusive der Kunden, dass es eine Nummer besser läuft. Schwieriger ist dann schon der zweite Punkt, das Thema Wiederholen. 

„Es ist besser, die Kreativität auf das zu lenken, was dein Unternehmen wirklich braucht, statt blind innovativ zu sein: Wachstum braucht eben nicht permanent neue Ideen.“

Was ist mit „Wiederholen“ gemeint?

Unternehmer*innen haben oft unzählige neue Ideen. Was für Wachstum ja auch unabdingbar ist. Das Problem ist nur, dass dieser sprühende Geist das Gegenteil einer fokussierten Strategie ist. Denn man wächst nicht mit tausend Ideen, sondern erst mal mit einer einzigen konsequent umgesetzten Idee. Und genau das ist der nächste Wachstumsschritt: eine spitze Strategie verfolgen und einen reproduzierbaren Prozess schaffen. Heißt: wiederholen, was funktioniert. Alles, was lukrativ ist, dauerhaft automatisieren und implementieren.

Warum ist das so schwierig?

Weil es viele Unternehmer*innen langweilt. Sie wollen schnell nach vorne und ihre Ideen verwirklichen. Aber gerade in der Wiederholung dessen, was gute Ergebnisse bringt, liegt der Erfolg. Sofern es auf das positive Gesamtergebnis einzahlt. Es ist besser, die Kreativität auf das zu lenken, was dein Unternehmen wirklich braucht, statt blind innovativ sein zu wollen. Wachstum braucht eben nicht permanent neue Ideen.

Was empfiehlst du zum Thema Teamerweiterung?

Expandieren ist der dritte wichtige Punkt im Wachstumsprozess. Um neue Leute und neue Skills an Land zu ziehen, braucht es eine große Sorgfalt. Man sollte ganz akribisch bei der Auswahl sein und Fähigkeiten, Mindset, Werte und Motivation des Keyplayer-Teams im Fokus haben. Denn es kann stürmisch werden auf dem Expansionskurs und je besser die Skills sind, desto eher kann das Team dem standhalten, sich an neue Gegebenheiten anpassen und maximalen Output erzielen. Wichtig: Eigene Fähigkeiten ausbauen, Skills der Mitarbeitenden und neue Talente an Bord holen – denn gute Leute wollen etwas bewegen und sind an Wachstum interessiert. Ein Unternehmen mit 25 Mitarbeitenden zu organisieren, heißt noch lange nicht, dass die Führungskräfte und Chefs ausreichende Skills haben, um 50 oder 100 Mitarbeitende zu orchestrieren. Da gelten ganz neue Gesetze. Das muss man berücksichtigen und unter Umständen auch alte Zöpfe abschneiden, die gerade noch funktioniert haben.

Beim vierten Wachstumsbeschleuniger dürfen sich ambitionierte Unternehmer*innen freuen … denn jetzt kommt das „Risiko“!

Ja, denn hier kann man ausprobieren und neue Ideen zum Fliegen bringen. Riskieren ist ein wichtiger Schritt im Wachstumsprozess. Aber gemeint sind hier keine hochriskanten Manöver, sondern überlegtes Riskieren mit kleinen abgegrenzten Versuchsaufbauten nah am Kerngeschäft. Das könnte ein neues Angebot für Kunden sein oder eine Verlagerung ins Online-Marketing oder ähnliches. Es geht darum, bewusst kalkulierte, abgeschottete Risiken einzugehen, um die laufende Performance zu verbessern. Wer da zu waghalsig agiert, vernachlässigt sein laufendes Business, was ziemlich kontraproduktiv ist.

Welches ist der 5. und letzte Tipp von dir für die Scale-up-Phase?

Netzwerken. Es ist kein Geheimnis, dass Unternehmen mit guter Skalierungsperformance mehr netzwerken als andere. Kontakte sind megawichtig. Denn neue Methoden, Techniken, Mitarbeitende, strategische Chancen, Ressourcen etc. kommen immer von außen.  Wachstum von innen ist ohne den Blick nach außen auf den Markt, auf deine Kundengruppe stark limitiert.

„Es gibt Dinge, die kannst du kopieren und es gibt Dinge, die musst
du kapieren.“

Sind diese Growing 5 eine Erfolgsgarantie?

Absolut. Denn sie bringen Klarheit und Orientierung, die in sehr vielen Fällen fehlt. Das liegt in der Natur der Sache, denn für die meisten ist das Thema völlig neu. Gleichzeitig ist es für jedes Unternehmen wichtig, die jeweils funktionsfähigen Prinzipien für sich zu erkennen und zu verstehen, was man eigentlich macht. Das Unternehmen sollte zwar stringent die Growing 5 abarbeiten, aber auch den Transfer herstellen zu den eigenen Visionen, zur eigenen Unternehmenskultur, zum Mindset und zum eigenen Kontext – und lernen, selbst die richtigen Entscheidungen zu treffen. Es gibt Dinge, die kannst du kopieren und es gibt Dinge, die musst du kapieren.

Bist du auch gerade in der Scale-up-Phase? Oder kurz davor? Dann schau dir doch mal unser Akademie-Angebot an. Gerne unterstützen wir dich und dein Unternehmen bei einem erfolgreichen Wachstumsprozess.