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Das KMU-Barometer-2016 ist veröffentlicht und zeigt auf, dass Deutschland hinsichtlich der Digitalisierung im internationalen Vergleich zwar noch hinterherhinkt; langsam aber sicher Boden gut macht. Immerhin nutzt die Hälfte aller deutschen Mittelständler (KMU) mittlerweile Geschäftsanwendungen aus der Cloud. Deutschland ist trotz digitalem Fokus Schlusslicht – international dominieren Spanien und die Niederlande.

Die Digitalisierung stockt hierzulande noch ein wenig. Zumindest wenn man dem KMU-Barometer-2016 Glauben schenkt. Und laut der Studie werden in den kommenden Jahren noch weitere Schübe von Errungenschaften auf die Wettbewerbslandschaft drücken. Das unternehmerische Eis wird also noch etwas dünner. Grund: Die Digitalisierung und der technologische Wandel nehmen weiter zu. Dieser These stimmten weltweit immerhin 62 Prozent der befragten Unternehmen zu. In Deutschland waren es dann allerdings nur noch 56 Prozent. Zum Vergleich: Im Süden Europas, genauer gesagt in Spanien, stimmten satte 74 Prozent der These zu.

PwC, die Cloud und das Schlusslicht Deutschland

Auch außerhalb der Studie nehmen Spezialisten Markt-Veränderungen wahr – Kunden und die Wertschöpfung selbst verändern sich. „Der Markteintritt für Start-ups ist heute viel leichter. Denn dank neuer Technologien wie Cloudcomputing benötigen sie viel weniger Startkapital. Das verschärft einerseits den globalen Wettbewerb und erhöht andererseits die Innovationsgeschwindigkeit. Etablierte Großkonzerne kaufen kleinere Unternehmen auf und erschließen damit neue Märkte. Gleichzeitig ändern sich die Kundenbedürfnisse“, sagt Michael Rasch, Partner und Digital Transformation Leader bei PwC zum Thema Digitalisierung. „… in der vierten Welle entwickeln sich regelrechte „digitale Ökosysteme“: Nicht mehr die Produkte, sondern die Kunden stehen im Mittelpunkt der Unternehmen. Produkte und Dienstleistungen aus unterschiedlichen Branchen werden in einem digitalen Ökosystem durch ein Partner-Netzwerk gebündelt. Viele Unternehmen der Medienbranche befinden sich beispielsweise schon in der zweiten oder dritten Welle. Maschinenbauer kommen bisher meist nicht über Stufe eins hinaus.“

Digitalisierung: Geschäftsanwendungen aus der Cloud beliebt

Was dagegen Mut macht sind die Zahlen im Ganzen: Kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland holen bei der Nutzung von Softwarelösungen aus der Cloud stark auf. Die Studie geht davon aus, dass 2016 die Hälfte aller deutschen KMU Geschäftsanwendungen aus der Cloud nutzen. 2015 waren es dagegen 31 Prozent. Ein enormer Anstieg. Grund dürften zum einen die günstigen Preise für Cloudanwendungen sein, zum anderen die Dringlichkeit gegenüber der Konkurrenz nicht an Boden zu verlieren. Deutschland muss sich allerdings im internationalen Vergleich anstrengen. „Trotz dieser Zunahme bleibt Deutschland Schlusslicht. Dort nutzen rund 61 Prozent Cloud-Software für ihr Business. In Spanien und den Niederlanden sind es sogar 70 und mehr Prozent“, so die Studie.

Was positiv stimmt: Wir sind nicht nur Exportweltmeister, auch bei der Einführung neuer Geschäftsmodelle stellen wir uns recht gut an – international gesehen platzieren wir uns sogar als Zweiter hinter Spanien. „58 Prozent der hierzulande Befragten führen aktiv neue Geschäftsmodelle ein – versus nur 54 Prozent im internationalen Durchschnitt. Nur Spanien liegt bei diesem Trend noch vor Deutschland: Dort setzen 60 Prozent der Unternehmen auf neue Geschäftsmodelle“, so die Studie weiter. Ich persönlich finde speziell diesen Punkt, auf neue Geschäftsmodelle zu setzen, enorm wichtig. Die Analysten der Studie sehen es etwas differenzierter: Ihrer Meinung nach erklären sich Zahlen so, dass „viele Unternehmen neue Geschäftsmodelle als Erfolgs- oder sogar Überlebensfaktor betrachten“. Laut der Studie glauben immerhin 35 Prozent der Unternehmen in Deutschland, aber auch international gesehen, dass sie ohne die Optimierung ihrer Geschäftsmodelle in den kommenden fünf Jahren vom Markt verschwinden würden. So gravierend würde ich es nun nicht sehen, aber vielleicht baut diese Art der Argumentation ja auch den nötigen Druck bei den Unternehmen auf. Klar ist, es muss hinsichtlich der Digitalisierung noch einiges bewegt und Überzeugungsarbeit geleistet werden – speziell der Sicherheitsaspekt sorgt hierzulande für Besorgnis. Sind es in Deutschland knapp zehn Prozent, die einen Druck seitens der Digitalisierung verspüren, scheint der internationale Druck höher zu sein: Hier halten 26 Prozent der KMU eine radikale Änderung für notwendig. Kleiner Tipp: Ein Chief-Digital-Officer kann dabei helfen.

Ebenfalls interessant sind die unterschiedlichen Wahrnehmungen, wenn es darum geht, die Konkurrenz einzuschätzen. Sind es in Deutschland noch ein Drittel der Befragten, „die sich dem Trend bewusst sind, dass Wettbewerber mit komplett neuen Geschäftsmodellen in ihren Markt eindringen (37 Prozent im internationalen Durchschnitt), sind es in Spanien 51 Prozent – in Frankreich sogar 43 Prozent die sich darüber besorgt äußern“.

Was am Ende für gute Stimmung sorgen wird: Deutschland hat geringste Schwierigkeiten mit dem technologischen Wandel, drückt zumindest die Studie aus. Laut Umfrage haben es deutsche Unternehmen am leichtesten, mit technologischen Veränderungen in ihrem Sektor Schritt zu halten. 16 Prozent in Deutschland sehen dagegen im technologischen Wandel noch große Herausforderungen. Die größten Schwierigkeiten sehen Spanien (42 Prozent) und Belgien (41 Prozent).