Was haben der international bekannte Fall der 33 Bergleute, die 2010 in der Mine San José in Chile eingeschlossen waren, und der jüngste Vorfall bei OpenAI mit dem Hin-und-Her in der Unternehmensführung gemeinsam? Beide sind klare Beispiele für Krisensituationen, in denen die Kommunikation auf sehr unterschiedliche Weise gehandhabt wurde.
Das Grubenunglück in San José in Chile war ein dramatisches Ereignis. Die Krisenkommunikation in diesem Fall war von großer Bedeutung, da sie nicht nur das Leben der Bergleute, sondern auch die öffentliche Wahrnehmung und das Ansehen des Bergbauunternehmens betraf.
Aspekte der Krisenkommunikation
Transparenz und Offenheit: Die chilenische Regierung und das Bergbauunternehmen BHP Billiton wurden für ihre transparente Kommunikation gelobt. Informationen über den Fortschritt der Rettungsaktion wurden regelmäßig mit der Öffentlichkeit geteilt.
Internationale Zusammenarbeit: Es gab eine intensive internationale Zusammenarbeit, sowohl in Bezug auf technische Unterstützung als auch bei der Kommunikation. Expert*innen und Technologien aus verschiedenen Ländern wurden eingebunden.
Familienkommunikation: Die Kommunikation mit den Familien der eingeschlossenen Bergleute war von entscheidender Bedeutung. Es wurden Mechanismen geschaffen, um den Familien regelmäßige Updates zu geben und sie auf dem Laufenden zu halten.
Einsatz von Medien: Die Medien wurden aktiv in den Kommunikationsprozess einbezogen. Live-Übertragungen, Interviews und regelmäßige Pressekonferenzen halfen dabei, die Öffentlichkeit über die aktuelle Situation zu informieren.
Positive Narrative betonen: Die beteiligten Parteien betonten oft die positiven Aspekte der Rettungsaktion, wie den Einsatz der neuesten Technologien, die Zusammenarbeit von Expert*innen aus aller Welt und die Entschlossenheit, die Bergleute sicher zu retten.
Die erfolgreiche Rettung der Bergleute nach 69 Tagen war nicht nur ein Triumph für die technische Leistung, sondern auch für die Krisenkommunikation, die einen wesentlichen Beitrag dazu leistete, die Öffentlichkeit zu informieren und das Vertrauen in die Rettungsbemühungen aufrechtzuerhalten.
Im Fall von OpenAI sorgte die Entlassung des CEOs Sam Altman für erhebliche Turbulenzen. Spekulationen über die Gründe für seine Entlassung drehten sich um das als „aggressiv“ empfundene Vorgehen bei der KI-Entwicklung und seine angeblich mangelnde Konsistenz in der Ehrlichkeit seiner Kommunikation. Diese Umstände führten dazu, dass die Geschäftsleitung das Vertrauen in ihn vollständig verlor.
Die Auswirkungen dieser Entscheidung waren sofort spürbar. Rücktritte von anderen Führungskräften folgten, Hauptinvestor*innen übten Druck aus, und der Versuch, die Entscheidung rückgängig zu machen, scheiterte. Greg Brockman, der Präsident von OpenAI, trat ebenfalls zurück, und die Verwaltung begann die Suche nach einem Ersatz für die Unternehmensleitung.
Währenddessen handelte Microsoft schnell und stellte sowohl Sam Altman als auch Greg Brockman wieder ein, um ein neues Team für fortgeschrittene KI-Forschung zu gründen. Mehr als die Hälfte der Mitarbeitenden von OpenAI, die nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig informiert worden waren, drohten damit, zu Microsoft zu wechseln, wenn das derzeitige Management nicht zurücktreten würde.
Nicht zu vernachlässigen ist auch die Rolle von Social Media, in diesem Fall des X-Netzwerks (ehemals Twitter), über das relevante Informationen, die nicht innerhalb des Unternehmens zirkulierten, nach außen drangen.
Obwohl die Rückkehr von Altman und Brockman zu OpenAI erfolgte, war dies nicht das Ende der Geschichte. Die Luftwirbel und die fehlende transparente Kommunikation – nach innen und außen – während dieser Klemme verdeutlichen, dass die Krisenkommunikation in diesem Fall gescheitert ist. Der Mangel an Offenheit führte zu Spekulationen und Unsicherheiten und die Informationen wurden nicht transparent und effektiv an die Stakeholder weitergegeben.
Was ist Krisenkommunikation?
Der Begriff setzt sich aus „Krise“ und „Kommunikation“ zusammen. Krise ist ein zeitlich begrenzter Abschnitt, in dem die Geschäftsfähigkeit als Unternehmen gefährdet oder bereits ausgesetzt ist. Der zweite Teil bezieht sich auf die Kommunikation sowohl nach innen zu den Mitarbeitenden als auch nach außen zur Öffentlichkeit. Diese Kommunikation beinhaltet alle Auskünfte, die man in diesem Zusammenhang sendet. Die Mischung daraus zielt darauf ab, Botschaften zu formulieren, um in der Krise funktionsfähig und arbeitsfähig zu bleiben.
Erste Maßnahmen in einer Krise
Die ersten Schritte in einer Krise beinhalten eine klare Unterscheidung, ob es sich um eine wirkliche Krise handelt oder nur um eine Herausforderung, ein Inzident oder ein Ereignis. Bei einer bestätigten Krise, die das Unternehmen nachhaltig beschädigen könnte, ist der zweite Schritt die Einrichtung einer besonderen Aufbauorganisation (BAO) mit einem Krisenstab, bestehend aus Leitung, Personal, Infrastruktur und Kommunikation. Danach folgt eine klare Analyse der aktuellen Situation, um die weiteren Bewegungen abzuleiten und effektive Maßnahmen zu ergreifen. Hier spielen die vorhandene und nicht vorhandene Information eine sehr wichtige Rolle: Was weiß man? Was weiß man nicht? Welche Informationen müssen noch eingeholt werden?
Nach der Krise ist vor der Krise …
Die Zeit nach einer Krise sollte nicht romantisiert werden. Obwohl es Lernmöglichkeiten gibt, geht eine Krise oft mit Schmerzen und Ängsten einher. Eine reflektierte Analyse der Emotionalität ermöglicht eine zielgerichtete Veränderung oder je nach der Krise, eine Reformation. Dies kann bedeuten, sich auf ähnliche Szenarien vorzubereiten oder die Kommunikation zu verbessern, anstatt einen vollständigen Wandel zu forcieren.
Grundkenntnisse für Krisenmanagement
Nicht jedes Unternehmen hat Krisenexpert*innen. Grundkenntnisse können durch die Auseinandersetzung mit Sicherheitsstandards, wie die Verordnung vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Standard 200 – 4), erworben werden. Der BSI-Standard 200-4 richtet sich an BCM-Beauftragte, bzw. BC-Manager*innen (Business Continuity Management), Krisenstabsmitglieder, Sicherheitsverantwortliche, -expert*innen und -berater*innen sowie alle Interessierten, die mit dem Management von Notfällen und Krisen technischen und nicht-technischen Ursprungs betraut sind. Diese Verordnung sollte in jeder Firma als offenes, frei verfügbar herunterladbares Worddokument zur Verfügung stehen.
Workshops und Kurse zum Krisenmanagement bieten praktische Einblicke, während eine umfassende Analyse von potenziellen Szenarien Sicherheit und Verständnis schafft. Ein systematischer Ansatz, beginnend mit einem Workshop-Konzept, ermöglicht es, sich Schritt für Schritt auf eine umfassende Krisenkommunikation vorzubereiten.
Die Inhalte dieses Wissensbits stammen aus einem Impulsvortrag im Rahmen des UnternehmerTreffen in Baden-Baden von Juliane Rink, Beraterin für Strategie und Transformationskommunikation.