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Die Brüder Johannes und Michael Siebers möchten mit einer Suchmaschine für Ferienhäuser eine Marktlücke schließen. Holidu heißt ihr Startup, das seit dreieinhalb Jahren online ist und unter anderem vom Bundeswirtschaftsministerium und dem EnTechnon des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gefördert wurde. Aber wie gründet es sich eigentlich mit dem eigenen Bruder? Welche Vorteile, Herausforderungen und Konflikte gibt es? Wie teilen sich die beiden ihre Aufgaben auf und welche Tipps können sie gründenden Geschwistern mitgeben?

Jede Menge schlaflose Nächte und monatelang ohne Verdienst in Vollzeit arbeiten – so sah der Alltag von Johannes und Michael Siebers bei Gründung ihres “Familienbetriebs” im Juli 2014 aus. Dazu kam eine Investition im höheren sechsstelligen Bereich, bestehend aus eigenen Ersparnissen, einer Förderung durch das EXIST-Gründerstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums zusammen mit dem Institut für Entrepreneurship, Technologie und Innovation (EnTechnon) des KIT Karlsruhe sowie einem Investment von Business Angels. Die Idee zum eigenen Startup war keine spontane Aktion der aus dem baden-württembergischen Offenburg stammenden Siebers-Brüder. “Als Geschwister haben wir schon lange den Plan gehegt, selbst ein Unternehmen zu gründen. Michaels technischer Hintergrund und meine Erfahrungen aus dem Venture-Capital-Bereich ergänzen sich sehr gut. Manche denken vielleicht: Wie kann man bloß mit seinem Bruder gründen? Wir denken: Wie könnte man nicht!”, erklärt Johannes Siebers, heute CEO von Holidu.

Ausschlaggebend war ein gemeinsamer Surf-Urlaub in Portugal

Die Idee für Holidu kam den Brüdern Johannes und Michael Siebers bei der Suche nach einem Ferienhaus für einen gemeinsamen Urlaub in Portugal. Während der Recherche hatten sie festgestellt, dass oft ein und dasselbe Ferienhaus auf mehreren Buchungsplattformen auftaucht – jedoch zu unterschiedlichen Preisen und Verfügbarkeiten. Wenn ein transparenter Preisvergleich für Flüge und Hotels schon lange möglich ist, warum dann nicht auch für Ferienhäuser und -wohnungen? Die besondere Herausforderung lag darin, die entsprechenden Unterkünfte zuverlässig auf den jeweiligen Internetportalen zu erkennen. Denn anders als bei Flügen und Hotels haben Ferienhäuser keine Namen oder standardisierte Nummern für eine einfache Aggregation der Daten. Michael Siebers war sich sicher, dass diese Aufgabe nur technisch gelöst werden kann: “Ich habe mir die Portale angeschaut und schnell festgestellt, dass die einzige verlässliche Verbindung zwischen den mehrfach gelisteten Ferienhäusern die Bilder sind. Fazit: Nur mit einer Duplikatserkennung, basierend auf ‘image recognition’, können solche Doppelungen verlässlich erkannt werden.” Das war dann auch die erste und grundlegende Technologie, die er für Holidu entwickelt hatte. Sein Bruder Johannes, der nach seinem BWL-Studium bereits im Venture-Capital-Bereich tätig war, hat mit Marktexperten und Investoren gesprochen. Gemeinsam haben die beiden die Strategie für Holidu entwickelt. “Wir lieben das Reisen, und wir lieben es, Probleme zu lösen. Für uns war klar: Die Lücke im Markt müssen wir schließen.”

Grundvertrauen

Wenn man die beiden fragt, was das wichtigste bei der Gründung war, sind sie sich einig: das Vertrauen zueinander. “Etwas eigenes auf die Beine zu stellen hat uns schon immer fasziniert. Und wir wussten, dass wir das zusammen machen wollen. Als Brüder vertrauen wir uns blind und wissen, wir können uns 100%-ig aufeinander verlassen. Im Wagnis der Unternehmensgründung ist das nicht zu unterschätzen.” Johannes Siebers erklärt es so: “In einem Startup kommt es ständig zu komplizierten und unvorhergesehenen Problemen, die in kurzer Zeit gelöst werden müssen. Festes Vertrauen sowie eine schnelle und direkte Kommunikation sind da sehr hilfreich. Als Brüder sind wir immer und zu jeder Zeit sehr ehrlich. Wir verstehen schnell, was der andere meint – und wie er es meint.”

Konflikte

Auch wenn das starke emotionale Band viele Vorteile für die beiden mit sich bringt, stehen die Brüder doch manchmal vor ganz besonderen Herausforderungen. Denn wer kennt es nicht: In der Familie genießt man zwar größtes Vertrauen, doch kann auch die Distanz zum anderen fehlen. Michael Siebers verrät: “So harmonisch, wie Johannes und ich jetzt zusammenarbeiten, war es bei uns in der Kindheit nicht immer. Da haben wir schon mal gestritten, wer die Schaufel im Sandkasten bekommt. Wenn es heute zu Konflikten kommt, können und wollen wir miteinander nicht forsch oder anders als mit den Kollegen umgehen.” Hier sei Disziplin genauso gefragt wie Professionalität. Und der Glaube an einen der wichtigsten Unternehmens-Werte: „We win as a team“, das in höchstem Maße auch für das Gründer-Duo gilt. Dazu zählt genauso, sich nicht von ihrem Team auszugrenzen.

Rollenverteilung der Brüder

Für die Siebers ist es hilfreich, dass sie klare Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche in ihrem Travel-Tech-Startup haben. Bereits im Studium schlugen sie völlig andere Richtungen ein – hatten dabei aber auch im Hinterkopf, dass sich das BWL-Studium von Johannes und Michaels Informatik-Studium später wieder gut vereinen lassen. “So unterschiedlich unsere Interessen und Fachgebiete auch sind, auf der Geschäftsebene ergänzen wir uns perfekt.”

Die Kompetenzen sind wie folgt aufgeteilt: Johannes Siebers verantwortet als CEO alle Belange rund um Business Development, Finance und PR & Marketing im Unternehmen. Michael Siebers verantwortet als CTO das Technologie-Team, technische Infrastruktur, Business Intelligence und technisches Product Management. Erst vor kurzem hat das Startup seine Internationalisierung weiter vorangetrieben und in außereuropäischen Märkten wie Australien und Brasilien gelauncht. Die strategische Unternehmensführung verantworten die Brüder gemeinsam.

Tipps für gründende Geschwister

“Egal ob Geschwister oder nicht: Gründer müssen in dieselbe Richtung blicken. Vor dem Launch der Suchmaschine haben wir uns quasi ein Jahr lang eingesperrt und am Konzept gearbeitet. Das funktioniert nur mit einem Geschäftspartner, mit dem man sich auf allen Ebenen verbunden fühlt”, erklärt Johannes Siebers. Und das sei für die meisten eben nicht die Mutter, der Vater, der Partner, sondern der Bruder oder die Schwester. Michael Siebers schließt sich an: “In einem Startup erlebt man fast täglich Erfolge und Misserfolge. Mit einer vertrauten Person an der Seite wirft einen so schnell nichts aus der Bahn. Auch wenn wir für unterschiedliche Bereiche zuständig sind, wachsen wir gemeinsam und haben unser Ziel vor Augen.”

Offizielle Zahlen zu Firmengründungen von Brüdern und Schwestern liegen nicht vor, doch es gibt einige unternehmerische Beispiele dafür, dass gründende Geschwister enormen Erfolg haben können. Das Prominenteste sind wohl derzeit die Samwer-Brüder. So kompliziert Geschwisterbeziehungen auch sein mögen: Sie sind laut etlichen Studien die dauerhaftesten Bindungen, die Menschen überhaupt entwickeln – und das scheint auch in der Wirtschaft zu gelten.

Über die Gründer

Michael Siebers (28) hat von 2009 bis 2013 Informatik an der Hochschule Karlsruhe und der University of Stellenbosch (Südafrika) studiert, mit Abschluss zum Bachelor of Science in Informatik. Während und nach dem Studium hat Michael Siebers bei Zalando in Berlin gearbeitet. Er war ein frühes Teammitglied und hat geholfen, das Zalando-Team auf über 600 Entwickler zu skalieren. Dabei hat er eng mit dem damaligen CTO Arash Yalpani zusammengearbeitet, der einer der ersten Angel-Investoren für Holidu war und noch immer Berater und Freund ist.

Johannes Siebers (32) ist Diplomkaufmann und hat in Tübingen, Madrid und Sydney von 2004 bis 2009 Internationale BWL studiert. Nach dem Studium hat er bei Siemens in München im Bereich Venture Capital gearbeitet. Dort konnte er die erfolgreiche Entwicklung verschiedener Startups begleiten und sehen, dass mit guten Ideen und harter Arbeit alles möglich ist. Diese Begeisterung hat er mitgenommen.

Über Holidu

Die Suchmaschine für Ferienhäuser Holidu wurde im Juli 2014 von den Brüdern Johannes und Michael Siebers gegründet und zählt zu den am schnellsten wachsenden Travel-Tech-Start-ups Europas. Die Metasuchmaschine ermöglicht mit einer selbst entwickelten Bilderkennungstechnologie einen direkten Preisvergleich von Millionen Ferienhäusern weltweit.

Holidu betreibt 21 Länderdomains. Erst vor kurzem hat das Start-up seine Internationalisierung weiter vorangetrieben und in außereuropäischen Märkten wie Australien und Brasilien gelauncht. Am Standort München beschäftigt Holidu ein Team von über hundert Mitarbeitern aus 30 Nationen.