Wer hat Lust auf monotone Aufgaben? Dass bei der Frage keine Hand hoch geht, ist wenig überraschend. Aber wenn man bedenkt, dass in vielen Unternehmen wiederkehrende Aufgaben in Büro, Vertrieb, Marketing, Sachbearbeitung und Management immer noch Zeit fressen, obwohl das meiste längst automatisiert werden kann, stimmt doch was nicht. Die Zeit könnte man viel besser nutzen – wenn man monotone Arbeiten einem Companion überlässt, der sämtliche Dokumente standardisiert.
Das mittlerweile 17-köpfige Team von askui hat sich in kürzester Zeit mit Automatisierung von Geschäftsprozessen einen Namen gemacht. Der Bedarf ist hier riesig. Vor allem auch, weil Fachkräfte fehlen.
Ariane Lindemann im Gespräch mit Gründer Jonas Menesklou.
Noch immer sind Geschäftsprozesse wenig automatisiert. Und das bei Zunahme von monotonen Tätigkeiten und Fachkräftemangel …
Wir sind überzeugt, dass Automatisierung ein Treiber für wirtschaftliches Wachstum sein kann. Wenn jeder Job automatisiert wäre, gäbe es genug wirtschaftlichen Value, um die Leute von repetitiven Arbeiten zu entlasten. Darüber hinaus könnte das Fachkräfteproblem optimal gelöst werden.
Was kann die KI hier leisten?
Die KI wirkt unterstützend, indem sie repetitive Arbeiten übernimmt. Wir bauen einen Companion, der Prozesse automatisiert, damit die Mitarbeitenden mehr Zeit haben für kreative und strategische Aufgaben. Ähnlich ist es bei Chat GPT, das ja schon stark genutzt wird, um ineffektive Prozesse zu verschlanken.
Zum Beispiel?
Da gibt es viele Möglichkeiten. Das kann im HR sein, wenn geeignete Kandidat*innen gesucht werden. Statt eine Vielzahl von Lebensläufen zu analysieren, kann dieser Prozess normiert werden, um die Daten vergleichbar zu machen. Mittels KI können relevante Daten, wie Studienabschluss, Abschlussnote, letzter Job u.a. gefiltert und extrahiert werden. Aber auch beim Insurance Claims Processing bei Versicherungen können die Daten von Versicherungsfällen automatisiert werden. Große Unternehmen erhalten täglich tausende von Rechnungen, die geprüft und abgelegt werden müssen, damit die Informationen daraus verwertbar sind. Auch hier hilft KI-Automatisierung.
Fallen dadurch Arbeitsplätze weg?
Das ist immer die große Angst. Aber man darf nicht vergessen, dass in der Industrie, in der Verwaltung oder auch bei Versicherungen Sachbearbeiter*innen fehlen, die typische Aufgaben übernehmen, zum Beispiel Dokumente überprüfen, Daten digital erfassen, etc. Hier ist Automatisierung von großer Bedeutung, um weiter im Wettbewerb bleiben zu können.
Ihr habt genau genommen zwei große Geschäftsbereiche …
Wir arbeiten darüber hinaus auch mit Großkonzernen zusammen, wenn es um die Automatisierung von Softwaretests geht. In einem Unternehmen gibt es in der Regel unzählige Applikationen. Da die Funktionalitäten miteinander zusammenhängen, müssen diese Anwendungen alle einmal durchgespielt werden, um zu prüfen, ob alles richtig funktioniert. Das ist unser zweites Standbein.
Ihr seid 2020 im CyberLab Accelerator gewesen?
Wir sind mitten in der ersten Corona-Welle gestartet. Für uns war es toll, dass wir dort ein Büro hatten, nachdem wir vorher nur digital zusammengearbeitet haben. Das war der Moment, wo ich realisierst habe: Du hast was gestartet und du willst damit jetzt auch erfolgreich werden.
Wovon habt ihr am meisten profitiert im CyberLab?
Die Arbeit mit den Mentoren hat uns sehr geholfen zu verstehen, wie Business-Modelle und Business-Pläne erstellt werden. Denn wir haben ein sehr technisches, spezielles und erklärungsbedürftiges Thema. Die Startup-Consultants haben uns geholfen, unsere Idee weiter zu verfolgen. Außerdem haben wir unseren ersten Investor über einen Pitch-Event von CyberForum gefunden. Wir nehmen immer noch an vielen Events teil und halten mit den Startup-Consultants Kontakt.
Du bist – gemeinsam mit deinem Mitgründer Dominik – innerhalb sehr kurzer Zeit zu einer Führungspersönlichkeit geworden. Wie seid ihr damit umgegangen, so schnell ein großes Team zu leiten?
Da gab es viele Herausforderungen. Aber man wächst da auch rein. Was mir sehr geholfen hat, war und ist der Austausch mit den Investoren und Business-Angels – und vor allem der Kontakt zu Gründer*innen, die schon ein Stück weiter sind. Denn die meisten Teams laufen in die gleichen Probleme rein und natürlich musst du deinen eigenen Weg finden, Leadership und Management zu machen. Aber bei den typischen Problemstellungen, wie Mitarbeiterführung, Prozesse aufbauen, Spesenabrechnungen etc., hilft es ungemein, mit anderen Leuten darüber zu reden, wie sie es gemacht haben. Ich gehe immer noch alle zwei Wochen ins Gespräch mit einem Gründer, der ein gutes Stück weiter ist als ich.
Hast du dich in diesem Prozess persönlich verändert?
Ich denke schon. Ich bin an den Aufgaben gewachsen und habe sehr viel gelernt. Über steuerrechtliche Aspekte, Mitarbeiterführung, Sales, Vertrieb, wie ein Unternehmen funktioniert, welche Parteien wie zusammenhängen, wie Finanzierungen funktionieren. Wenn ich nochmal gründen würde, wüsste ich für das erste Jahr ganz genau, was ich machen muss. Als ich es das erste Mal gemacht habe, war jeder Schritt superschwierig. Und auch jeder aktuelle Schritt ist schwierig. Ich bin gespannt, wie es in drei Jahren ist, wenn ich zurückblicke.
Bist du mit irgendwas komplett gegen die Wand gelaufen?
Ein Fehler, den ich gemacht habe und den ich auch bei anderen sehe, ist das Auslagern von Themenbereichen, von denen man keine Ahnung hat. Wir haben das in verschiedenen Bereichen mehrmals versucht und es hat nie geklappt. Ich bin überzeugt, dass du als Gründer*in jeden Themenbereich, den dein Unternehmen hat, mindestens einmal selbst gemacht haben musst, bevor du Aufgaben externalisierst. Mein Tipp: sehr viele Meinungen einholen. Aber nicht erwarten, dass andere einem Entscheidungen abnehmen.
Sind neue Projekte in der Pipeline?
Wir bauen jetzt die Software noch weiter aus und nehmen den Vertrieb stärker in den Fokus. Natürlich gibt es auch bei unserem Produkt noch Nachbesserungsbedarf. Deshalb haben wir jetzt sehr viel Engineering an Bord geholt. Aber jetzt geht es erst mal darum, das Team bis Ende 2023 zu vergrößern, die Prozesse anzupassen und das Ganze nochmal auf größeres Wachstum auszurichten, bevor wir dann weiterwachsen.