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Maduka registriert reglose Körper im Schwimmbecken

Hochbetrieb im Freibad. Die Badeaufsicht pfeift Rowdys aus dem Wasser, weist Kids zurecht, die vom Beckenrand springen, ahndet übermütige Verstöße auf der Rutsche. Die Ausbildung deutscher Bademeister, wie sie inoffiziell immer noch heißen, ist hervorragend. Drei Jahre lang lernen die Fachangestellten für Bäderbetriebe, die alle ausgebildete Schwimmer:innen sind, alles über die technischen Anlagen, Wasserrettungsmaßnahmen und Erste Hilfe im Notfall. Bei der Arbeit gilt: immer 100 Prozent Aufmerksamkeit, immer 100 Prozent Verantwortung. Immer jeden Winkel des Bades im Blick.
Nur eines bleibt selbst von den Profis oft unbemerkt: ein Kreislaufkollaps im Wasser. Ein unspektakulärer Vorgang. Denn der Körper sinkt völlig lautlos zu Boden. In dieser lebensbedrohlichen Situation entscheiden Sekunden.

Maduka entwickelt ein neuartiges sekundenschnelles Alarmierungssystem. Es hilft dem Aufsichtspersonal im Notfall rechtzeitig zur Stelle zu sein, vor allem, wenn eine lückenlose Überwachung aller Becken nicht möglich ist. Das intelligente Sensorsystem verkürzt nicht nur die Rettungszeiten erheblich, sondern minimiert damit auch die Langzeitschäden durch minutenlangen Sauerstoffmangel für die Betroffenen. Ziel dieser weltweit einzigartigen Innovation ist es, fatale Badeunfälle zu verhindern und die wertvolle Funktion der Badeaufsicht zu stärken.

Ariane Lindemann im Gespräch mit Martin Duch, Gründer und Geschäftsführer von Maduka.

Warum sind neue Maßnahmen erforderlich, um ein Höchstmaß an Sicherheit in Schwimmbädern zu gewährleisten?

Die Badeaufsicht hat viele Aufgaben, wie z.B. das Überwachen der Wasseraufbereitung, die regelmäßige Kontrolle der technischen Anlagen, etc. Eine lückenlose Überwachung aller Becken ist daher nicht immer möglich. Derzeit fehlen in deutschen Bädern ca. 2.700 Fachangestellte. Nimmt man ein Kombibad mit zeitweise bis zu 4.000 Badegästen, fragt man sich, wie das zu leisten ist.
Hinzu kommen ein verändertes und herausforderndes Verhalten der Jugendlichen und ein steigendes Unfallrisiko durch den Trend zu Badegästen ohne ausreichende Schwimmkompetenz, der durch die Corona-Pandemie stark zugenommen hat.

Warum ist ein Kreislaufkollaps im Wasser schwer zu erkennen?

Wenn ich einen Kreislaufkollaps erleide, verliere ich die motorische Kontrolle über meine Arme und Beine und mir wird schwarz vor Augen. Dann nehme ich eine bestimmte Menge Wasser auf, so dass aufgrund des Masse-Körper-Dichte-Verhältnisses des menschlichen Körpers zum Medium Wasser ein Sinkprozess einsetzt. Der beginnt leider ziemlich lautlos und unspektakulär. Deshalb wird er in der Regel auch nicht bemerkt. Das Szenario ist so unscheinbar, dass es bei den anderen Badegästen keine Alarmreaktion auslöst.

Maduka erfasst Gefahren in Sekunden. Wie funktioniert die Technik?

Maduka basiert auf einer einzigartigen Sensor-Technologie. Die Scan Unit überwacht einen bestimmten Bereich des Beckens und erkennt dort, wenn eine Person nach einem Kreislaufkollaps zum Beckenboden sinkt und zum Liegen kommt. Die Software kann bestimmte Körperverhaltensmuster und Körperpositionen erkennen und daraus binnen weniger Sekunden den Notfall ableiten.

Was passiert konkret, wenn jemand auf den Beckenboden sinkt und entdeckt wird?

Die Meldung geht an eine Zentraleinheit im Keller des Schwimmbades, wo alle Becken angeschlossen sind. Dort läuft der Alarm auf, geht an einen Pager zur Badeaufsicht, der am Gürtel getragen wird und quittiert werden muss. Die Aufsichtsperson erhält eine Positionsangabe und kann sofort Rettungsmaßnahmen einleiten. Der gesamte Vorgang wird in einem gerichtsverwertbaren Logfile protokolliert, d.h. von der Detektion über die Signalübermittlung und die Annahme des Alarms, bis hin zur Bergung der Person liegt nun eine lückenlose Dokumentation vor.

Warum kann man dann nicht schon vorher mit der Detektion beginnen, also bevor die Person den Beckenboden erreicht?

Damit würden wir einen Ansatz verfolgen, bei dem wir alle Badegäste mit einem Sensor ausstatten und den Puls in Echtzeit messen müssten, um sozusagen die 30 Sekunden vor dem Badeunfall registrieren zu können, damit es gar nicht erst so weit kommt. Diese Form der lückenlosen und präventiven Überwachung ist aber nicht wirklich wünschenswert und aus rechtlichen Aspekten heraus nicht durchsetzbar.

Wichtig ist grundsätzlich, dass die Person innerhalb von drei Minuten geborgen und reanimiert wird. Drei Minuten, das ist wissenschaftlich unstrittig, ist die Grenze, wo der Sauerstoffgehalt im Blut und damit rückwirkend in den Organen und im Gehirn, bzw. im zentralen Nervenstamm, so weit absinkt, dass bleibende Schäden (z.B. Lähmungen, Sprachstörungen) ausgelöst werden, die von der heutigen Schulmedizin nicht mehr zu beheben sind.

Warum setzt ihr auf Technologie, statt auf herkömmliche Methoden?

Traditionelle Methoden in der Badeaufsicht sind angesichts steigender Unfallgefahren und veränderter Badegastdynamiken nicht mehr ausreichend. Maduka kombiniert Hochtechnologie und menschliche Aufsicht, damit Badbetreiber diesen Anforderungen optimal gerecht werden können.

Was unterscheidet Maduka von anderen Ertrinkenden-Erkennungssystemen?

Es gibt videobasierte Systeme, die zur Ertrinkenden-Detektion erhältlich sind. Diese bildgebenden Systeme sind allerdings aus Expertensicht sehr wahrscheinlich nicht DSGVO-konform und bringen Privatsphäreverletzungen mit sich. Aber auch physikalische Nachteile, denn in großen Becken gibt es trotz moderner Filteranlagen, im Hochbetrieb, immer eine gewisse Trübung, die eine zuverlässige Interpretation für die Software nicht mehr garantiert. Zudem entstehen bei der Kameraüberwachung häufig Wasserspiegelungen, Lichtreflexe und blinde Spots, die dann zu Fehlalarmen führen können.

Ist ein kommunaler Bäderbetrieb bereit, für ein solches Hightech-Sicherheitssystem Geld auszugeben? Bäderbetriebe sind ohnehin ein Zuschussgeschäft.

Auf jeden Fall. Die Bäder müssen jedes Jahr nicht unerhebliche Summen ausgeben, um ihre bestehende Infrastruktur am Leben zu erhalten oder Nachrüstungen zu betreiben. Da ist der Einbau eines solchen Systems, zumal wenn ich damit – eventuell auch juristisch – in der Lage bin, das Personal etwas sicherer leben zu lassen, eigentlich unverzichtbar.

Welche Auswirkungen hat Maduka auf juristische Auseinandersetzungen?

Maduka ermöglicht eine lückenlose Dokumentation von Alarmen, Rettungsmaßnahmen und Zeitabläufen. Dies stärkt die Position der Kommunen in gerichtlichen Auseinandersetzungen und trägt dazu bei, Millionen an Haftungsansprüchen zu vermeiden.

Und das ist jetzt der Knackpunkt für die Kommunen, weil es nicht selten zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt …

Ja, denn das ist ein wichtiges Argument für die Kommunen. Denn jetzt können sie nachweisen, dass die Person in weniger als 3 Minuten gerettet wurde. Das ist etwas, wo die Kommune, bzw. ihr Rückversicherer, bislang bei gerichtlichen Auseinandersetzungen den Prozess fast immer verliert.

Maduka ist kein Ersatz für Bademeister?

Ganz klares Nein! Die Fachangestellten sind sehr wichtig und zudem in Deutschland ganz herzvorragend ausgebildet. Maduka festigt ausdrücklich die wertvolle Funktion ausgebildeten Badeaufsichtspersonals, das durch Technik nicht zu ersetzen ist.

Gibt es Konkurrenz?

Nicht mit unserem Lösungsansatz und nicht hinsichtlich einer wie angesprochen rechtskonformen Anwendung. Wir haben eine Hightech-Kompetenz in der Endausreifung, die man sich erst erarbeiten muss und wir haben auf absehbare Zeit keine Bedenken, kopiert zu werden, denn dafür braucht man ganz bestimmte Fachleute. Und die Einzigen, die das in Europa können, sind in unserem Team oder als Industriepartner vertraglich entsprechend gebunden.

Was fehlt euch jetzt noch?

Wir haben Ende letzten Jahres die Sensorik im Becken demonstriert, und obwohl unsere Elektronik noch gar nicht integriert war, konnte man schon sehen, dass es funktioniert. Jetzt muss das System 2024 fertig entwickelt, getestet, zertifiziert und abgenommen werden (TÜV, Dekra). Anfang 2025 werden wir in die Vermarktung gehen können.

Der Markt ist da?

Absolut. Wir hatten vor kurzem ein Interview in der Zeitschrift „AB“ (Archiv des Badewesens, das Fachmagazin der Bäderbranche). Seitdem bekomme ich jede Woche mehrere Anfragen von Stadtwerken aus ganz Deutschland, die sich für unser System interessieren und wissen wollen, wann es erworben werden kann.

Strebt ihr Marktführerschaft an?

Unser Ziel ist in erster Linie die Schaffung eines soliden Hightech-Familienunternehmens, das sich von Deutschland auf die D-A-CH-Region und die EU ausdehnen kann. Marktführerschaft ist nicht unser Hauptziel, sondern die nachhaltige Sicherheit von Schwimmbädern durch innovative Technologie. Es ist aber davon auszugehen, dass unser Produkt und die geplanten strategischen Schritte die Firma rasch in die Position des Marktführers setzen werden.

Ihr seid aktuell auf der Suche nach einer geeigneten Endfinanzierung. Übliche Seed-Phasen habt ihr grundsätzlich ausgelassen. Warum?

Wir wollen gerne die Kontrolle über unser Familienunternehmen behalten. Deshalb suchen wir eine Eigenkapitalstärkung von Dritten, um das Produkt in diesem Jahr zur Serienreife zu bringen und die Vorproduktionskosten zu stemmen.

Wie siehst du die Chancen, Maduka irgendwann auch an Badeseen oder größeren Spaßbädern einzusetzen?

Das ist technisch alles möglich. Aber wir müssen jetzt erst ein solides, serienreifes Produkt entwickeln, das vermarktbar ist. Die Anforderungen sind bei einem Ertrinkenden-Erkennungssystem ungleich höher als bei einer Software, die in einem App Store veröffentlicht wird. Erst wenn das alles funktioniert, sind wir in der Lage, unser System auch an komplexere Beckenstrukturen anzupassen.

Foto: Martin Tschepe, © MADUKA

Dieser Artikel wurde in Kooperation mit dem CyberLab Karlsruhe erstellt. Das CyberLab ist die zentrale Anlaufstelle für Startups und Gründungsinteressierte im IT-Bereich.
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