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Vor 7 Jahren gründete Sibilla Kawala, damals gerade 26 Jahre jung, den Onlineshop LIMBERRY, in dem Kundinnen ihre Kleidung ganz individuell gestalten konnten. Was nach einer guten Idee und vielen Käuferinnen klang, brachte sie 2013 allerdings kurz vor die Insolvenz. Doch aufzugeben war keine Option.

Nach einer Umstrukturierung ihres Unternehmens schrieb Sibilla mit LIMBERRY wieder schwarze Zahlen. Im letzten Jahr konnte die Gründerin außerdem in der Sendung „Die Höhle der Löwen“ zwei Investoren von sich überzeugen. Welche Erfahrungen Sibilla aus dem Fernsehauftritt mitgenommen hat und welche Ratschläge sie vor allem Gründerinnen geben würde, verrät sie uns im Interview.

Sibilla, stelle Dich unseren Lesern doch mal kurz vor: Wer bist Du, was machst Du?

Mein Name ist Sibilla Kawala. Ich bin Gründerin und Geschäftsführerin von LIMBERRY, einem Onlineshop für Designer-Trachtenmode und lebe in Hamburg.

Deine Familie hat eine Stahlhandel-Firma betrieben, in welcher Du nach Deinem Studium und vor der Gründung von LIMBERRY zwei Jahre lang wichtige Erfahrungen im Unternehmertum gesammelt hast. Die Idee war sogar, dass du das Unternehmen von Deinen Eltern übernehmen kannst. Wusstest Du schon als Kind, dass Du einmal Deine eigene Chefin sein möchtest?

Ja, ich war sehr früh davon überzeugt, dass ich mein eigenes Unternehmen gründen und selbst bestimmt arbeiten wollte. Alles andere konnte ich mir eigentlich nicht vorstellen. Ich bin vom Typ her gerne unabhängig, dazu eigenwillig und entscheidungsstark – das kam mir als Gründerin sehr zugute.

Wie kamst Du vom Stahl zum E-Commerce für Mode?

Ich wollte nicht von vornherein ausschließen, den Betrieb meines Vaters zu übernehmen und diesem eine Chance geben. Daher habe ich zwei Jahre lang für ihn gearbeitet, musste aber feststellen, dass es einfach nicht meine Branche war. Parallel zu der Arbeit hatte ich angefangen zu promovieren, jedoch fand ich zu meinem Thema “Mass customization im Fashion E-Commerce” kaum Praxisbeispiele. So kam mir die Idee, selbst einen Onlineshop für individualisierbare Mode aufzubauen und hieraus Daten für meine Promotion zu gewinnen. Somit gründete ich also LIMBERRY.

LIMBERRY ist auf Trachtenmode spezialisiert, das heißt, insbesondere auf Dirndl. Wie kam das?

Meine Ursprungsidee fruchtete leider überhaupt nicht. Die Leute fanden es zwar super, auf meiner Webseite Produkte selbst gestalten zu können, aber gleichzeitig war es ihnen wohl zu unsicher – man hat kein Retourenrecht, weiß nicht genau, wie die Entwürfe in echt aussehen, die Produktion nimmt natürlich mehr Zeit in Anspruch als bei fertigen Kleidungsstücken und ist etwas teurer. So kam es kaum zu Käufen und nach drei Jahren ging mir das Kapital aus.

Was jedoch interessant war, dass ein Dirndl zum Selbstdesignen, das ich ebenfalls im Sortiment hatte, mein Bestseller war. Auch in der Presse bekam ich die meiste Aufmerksamkeit für die Tracht. Ich machte daraufhin eine kleine Trachten-Marktanalyse und bemerkte, dass es im Premium-Preissegment keinen modernen und schönen Online Shop für Trachtenmode gab. So entschied ich mich dazu, alles auf eine Karte zu setzen und machte aus LIMBERRY einen Onlineshop für Designer Trachtenmode. Zum Glück in dem Fall mit Erfolg!

Auch wenn es sich bei Limberry um einen Onlineshop handelt, ist man im ersten Moment dennoch verwundert, dass Ihr Euren Unternehmenssitz in Hamburg und nicht etwa in Süddeutschland habt…

Ja, das höre ich oft, aber der Erfolg von LIMBERRY zeigt, dass im digitalen Zeitalter das Produkt und der Onlineauftritt stimmen müssen. Dann ist es eigentlich egal, wo man seinen Standort hat. Hätte es das Geschäft verlangt, hätte ich vielleicht überlegt, nach München zu ziehen, doch es hat so auch super funktioniert.

Deinen Karriereweg kann man durchaus als steinig bezeichnen: Du bist als Sologründerin gestartet und standest mit Limberry im Jahre 2013 kurz vor der Insolvenz. Was hat Dich motiviert, nicht aufzugeben und Dich stattdessen mit einem Rebranding auseinanderzusetzen?

Ich hatte schon so viel Arbeit und Herzblut in LIMBERRY gesteckt, dass ich einfach nicht bereit war, es aufzugeben. So entschied ich mich dazu, es noch einmal zu versuchen. Ich dachte: Selbst wenn es jetzt nicht klappt, so habe ich immerhin alles gegeben und extrem viel gelernt! Ich hatte keine Angst davor, zu scheitern – ich denke, das hat den Unterschied ausgemacht.

Im August letzten Jahres hast Du Dich in die „Höhle der Löwen“ gewagt. Welche Erwartungen hattest Du bei der Bewerbung für die Sendung?

Ehrlich gesagt: Überhaupt keine. Es kam aus einem spontanen Impuls heraus: Ich saß an einem Dienstagabend vor dem Fernseher, habe die Sendung geschaut und einen Zweizeiler an die Bewerbungs-Mailadresse der Produktionsfirma Sony geschickt. Ich glaubte gar nicht, dass ich überhaupt genommen werden würde.

Wie lange hat die Vorbereitung für den Pitch gedauert und was war das Wichtigste, das Du dabei gelernt hast?

Ich hatte leider nur 2 Wochen  Zeit, um mich vorzubereiten und den Pitch zu üben. Meine wichtigste Lektion war, dass man einfach so locker wie möglich bleiben sollte und sich wie in einem Bewerbungsgespräch vorstellt. Auch habe ich gelernt dass vor einem eben “auch nur Menschen sitzen” ;-)

Du konntest Carsten Maschmeyer und Judith Williams als Investoren für Dich gewinnen. Zuvor hast Du Limberry komplett alleine finanziert. Was für Veränderungen und Umstellungen ergaben sich für Dich und den Onlineshop?

Die Zusammenarbeit mit den Löwen ist wirklich toll. Sie können mir sowohl in strategischen, als auch operativen Fragen helfen, womit ich immer einen Ansprechpartner habe, egal worum es geht. Außerdem haben beide ein großes Kontaktnetzwerk, welches sie für mich angehen, wenn es um Vertrieb und Marketing geht. Das ist eine große Hilfe!

Auch wenn es immer mehr Gründerinnen gibt, ist der Anteil an weiblichen Selbstständigen noch immer viel geringer als der Anteil an männlichen Gründern. Was denkst Du, woran liegt das?

Ich glaube, es ist immer noch ein Problem des fehlenden Selbstbewusstseins. Viele junge Frauen glauben, dass sie es nicht schaffen würden, ein eigenes Unternehmen aufzubauen und haben Angst davor, dass es nicht funktioniert. Daher gehen sie lieber in eine sichere Anstellung. Das ist sehr schade, es braucht viel mehr Unternehmerinnen. Ladies, habt Mut!

Wie lautet Dein persönlicher Tipp für angehende Gründer und vor allem für angehende Gründerinnen?

Lasst euch nicht unterkriegen. Wer hinfällt, sollte- und wird mit Sicherheit auch immer wieder aufstehen können. Selbst wenn der Weg steinig ist, hört nicht auf, an euch zu glauben und geht ihn!

Wichtig ist aber auch, dass man nicht blind ein Unternehmen hochzieht. Man sollte dazu eine gründliche Marktrecherche machen, das Risiko gut kalkulieren und sich von Anfang an einen soliden Finanzplan erstellen. Auch später, wenn das Geschäft schon läuft, sollte man die eigene Idee / das Konzept immer wieder hinterfragen und sich nicht von medialer Aufmerksamkeit oder sogar Auszeichnungen blenden lassen. Die wahre Realität kennt man als Gründer immer nur selbst, darf aber die Augen nicht davor verschließen!