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Wer im Internet nach Wochenmärkten in Karlsruhe sucht, stößt dabei recht schnell auf den städtischen Online-Auftritt mit einer Auflistung sämtlicher Standorte und Öffnungszeiten. Eine Übersicht über sämtliche Wochenmärkte bietet aber auch die Internetseite wo-ist-markt.de/Karlsruhe. Dort sind die einzelnen Märkte mit ihren Öffnungszeiten an ihrem jeweiligen Standort direkt im Stadtplan markiert. Über das Menü können die Nutzer dann zwischen mehreren Möglichkeiten auswählen. Entweder sie lassen sich lediglich sämtliche aktuell geöffnete Wochenmärkte anzeigen oder sie erhalten eine Gesamtübersicht aller Märkte mit den jeweiligen Öffnungszeiten.

Entwickelt wurde die Seite „wo-ist-markt.de“ im Jahr des 300sten Karlsruher Stadtgeburtstags von den Initiatoren des OK Lab Karlsruhe. „Ursprünglich wollten wir lediglich eine möglichst einfache gehaltene Seite für potenzielle Wochenmarktkunden ins Netz stellen“, sagt Projektsprecher Kai Wieland. Doch recht schnell habe das Projekt eine regelrechte Eigendynamik erhalten und mittlerweile haben sich schon über 60 deutsche Städte daran beteiligt. „Eine solche Suchmaschine erleichtert den Nutzern den regionalen und saisonalen Einkauf. Das stärkt dann indirekt auch die nachhaltige Produktion von Lebensmitteln“, sagt Wieland. Das eigentliche Ziel des OK Labs ist jedoch die Visualisierung von frei zugänglichen Daten. Als Basis für die virtuelle Wochenmarktsuche diente deshalb auch die Open Street Map. „Die ist mittlerweile fast genau so präzise wie Google Maps“, sagt Wieland. „Und dazu gibt es noch mehr Informationen zu lokalen Sehenswürdigkeiten und keine Werbung“.

Die Open Street Map diente als Basis für die Wochenmarktsuche. (Bild: OK Lab)

Open Data Day am 3. März im ZKM Karlsruhe

Am 3. März organisiert das OK Lab Karlsruhe anlässlich des Open Data Day zwischen 14 und 18 Uhr einen Aktionsnachmittag in der Ausstellung „Open Codes“ im ZKM Karlsruhe. Zum Auftakt gibt es einen Vortrag von Florian Brucker, Leiter des Projekts „Open Government“ bei der Stadt Karlsruhe. Anschließend präsentieren Mitstreiter des OK Lab Karlsruhe eigene Projekte wie die Visualisierung der Bundestagswahlergebnisse 2017 und machen damit Werbung in eigener Sache. „Engagierte Neuzugänge sind bei uns jederzeit willkommen“, stellt Initiatorin Corinna Hertweck klar. Programmierkenntnisse sind dabei zwar erwünscht, allerdings keine Grundvoraussetzung. „In den OK Labs sind auch viele Stadtplaner und Architekten aktiv. Und natürlich Leute, die Ideen für neue Projekte haben und diese in der Gemeinschaft vorantreiben wollen“, sagt Hertweck. Noch sei das „digitale Ehrenamt“ in der Öffentlichkeit zwar noch nicht sehr weit verbreitet. „Durch die frei zugänglichen Visualisierungen bieten wir den Nutzern aber einen ähnlichen Mehrwert wie Freiwillige Feuerwehren oder Sportvereine“, sagt Hertweck. Die Termine für die regelmäßigen Treffs werden unter dem Meetup-Link auf der Internetseite des OK Lab Karlsruhe veröffentlicht.

Am 3. März organisiert das OK Lab Karlsruhe anlässlich des Open Data Day zwischen einen Aktionsnachmittag in der Ausstellung „Open Codes“ im ZKM Karlsruhe. (Bild: OK Lab)

Wissenschaft der Bürger

Das „OK“ in den OK Labs steht für Open Knowledge, also für „offenes Wissen“. Seit 2004 setzt sich die für mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung gegründete Organisation Open Knowledge International nach eigenen Angaben für die Verbreitung von offenen Daten ein. Unter dem Dach des deutschen Ablegers Open Knowledge Foundation haben sich in der Bundesrepublik unter dem Motto „Code for Germany“ mittlerweile 25 OK Labs gegründet. Dort entwickeln zahlreiche Programmierer, Designer oder Journalisten ehrenamtlich Projekte zur besseren Erläuterung und Visualisierung von komplexen Sachverhalten. Die Projekte der regionalen OK Labs werden auch als „Citizen Science“ (Wissenschaft der Bürger) bezeichnet. Durch das Sammeln von möglichst vielen Informationen können die beteiligten Bürger Wissenschaftlern bei der Erfassung von Daten für Forschungsstudien behilflich sein. Ein bekanntes „Citizen Science“-Projekt ist etwa die jährliche „Stunde der Gartenvögel„, bei der Hobby-Ornithologen während einer bestimmten Stunde die Singvögel in ihrem Garten zählen. Seit Jahren zieht der Naturschutzbund Deutschland (NABU) daraus Rückschlüsse auf Veränderungen im Bestand einzelner Vogelarten.

Selbst gebaute Feinstaubmesser machten Stuttgarter OK Lab bekannt

Deutschlandweit bekannt wurden die OK Labs auch durch die Initiative des Stuttgarter OK Labs zur flächendeckenden Installation von selbst gebauten Feinstaubmessgeräten. Vor drei Jahren rief Jan Lutz in seiner Funktion als Leiter des OK Lab Stuttgart erstmals zum Bau und Einsatz solcher Messgeräte auf und mittlerweile sind alleine in Baden-Württemberg bereits 600 solcher selbst gebauter Feinstaubsensoren aktiviert. Die meisten davon werden in und um Stuttgart eingesetzt, doch auch in Karlsruhe, Pforzheim, Baden-Baden und Gaggenau messen bereits die ersten Bürger die Feinstaubbelastung vor ihrer Haustüre. Die Daten aus den 1600 in ganz Deutschland eingesetzten Messgeräten können im Internet in Echtzeit eingesehen werden und bei einer deutlichen Überschreitung der Grenzwerte verfärbt sich das sechseckige grüne Sensorsymbol auf der Landkarte mit einem Schlag dunkelrot. „Die Bereitstellung dieser Daten hat das Bewusstsein für die Feinstaubelastung in der Öffentlichkeit deutlich erhöht“, freut sich Martin Weis.

Der Geoinformatiker hat das Stuttgarter Projekt an Anfang mit initiiert und ist nach seinem Umzug in die Fächerstadt nun im OK Lab Karlsruhe aktiv. Für Weis steht bei seiner ehrenamtlichen Arbeit vor allem die transparente Aufarbeitung von öffentlich zugänglichen Datensätzen im Vordergrund. „Der öffentliche Umgang mit Daten wird in Deutschland noch recht unterschiedlich gehandhabt“, sagt Martin Weis. In Rheinland-Pfalz könnten die meisten von der Landesregierung erhobenen Geodaten bereits öffentlich eingesehen werden und in Hamburg seien auch die einzelnen Posten des Landeshaushalts problemlos abrufbar. In Baden-Württemberg herrsche in diesen Bereichen jedoch noch Nachholbedarf und der mehrere Hundert Seiten starke Haushaltsentwurfs ist nach Weis` Einschätzung ohne ein entsprechendes Hintergrundwissen nur sehr schwer verständlich.

Karlsruher OK Lab plant Digitale Plattform zum Erfassen der Müllabfuhrtermine

Ein aktuelles Projekt der Karlsruher Gruppe ist die Entwicklung einer digitalen Plattform zur besseren Organisation der privaten Müllentsorgung. „Auf der städtischen Seite stehen die meisten Daten zwar schon bereit. Aber sie können nicht einfach per Mausklick in einen Kalender kopiert werden“, nennt Wieland einen der Gründe für das Projekt. Die Generation der „Digital Natives“ verlange aber heute nach einfachen und intuitiv bedienbaren Lösungen und deshalb wollen Wieland und seine Mitstreiter die Abholtermine für Sperrmüll, Biotonne und Restmüll auch mit einer Erinnerungsfunktion fürs Smartphone ausstatten. „Die nutzerfreundlichen Dienste von Google, Facebook oder Amazon geben heute natürlich den Takt vor“, weiß Wieland. Wenn sich möglichst viele Leute ehrenamtlich engagieren, können kostenfreie Angebote den Branchenriesen nach Wielands Einschätzung jedoch durchaus Konkurrenz machen. Das beste Beispiel für ein funktionierendes Graswurzelprojekt sei sicherlich die Online-Enzyklopädie Wikipedia.

Außerdem will das OK Lab Karlsruhe das Projekt senseBox der Kollegen aus Münster in Karlsruhe bekannt machen. Die senseBox ist eine handliche Kiste mit Sensoren zur Messung von Wetterdaten. Damit können Schulen, Institutionen und Privatleute ihre eigenen Wettermessungen vornehmen und die dadurch ermittelten Daten zur Auswerten ins Internet stellen.