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Die Bundesregierung wirbt damit, dass der Personalausweis „digital, einfach und sicher“ sei. Bei genauerer Betrachtung ist der Mehrwert der „Online-Funktion“ allerdings nach wie vor gering.

„Mit dem Online-Ausweis weisen Sie sich sicher im Internet und an Bürgerterminals aus. Sie erledigen Ihre Behördengänge oder geschäftliche Angelegenheiten einfach elektronisch. Das spart Zeit, Kosten und Wege.“

Mit diesen Zeilen wirbt die Bundesdruckerei schon seit vielen Jahren – genauer gesagt seit 2010 – für den „neuen“ Personalausweis mit Online-Funktion. Und in der Theorie hört sich das ja auch alles super an: Anstatt unnötig viel Zeit mit Behördengängen zu verschwenden und unzählige Formulare von Hand auszufüllen, erledigt man einfach alles online. Schnell und unkompliziert. So wie man das im Zeitalter der Digitalisierung auch erwartet.

Doch die Praxis sieht anders aus. Tatsächlich ist der praktische Nutzen der Personalausweis Online-Funktion auch nach zehn Jahren noch sehr gering.

Personalausweis: Bürger machten lange Zeit einen Bogen um die Online-Funktion

Es wäre allerdings zu einfach, die Schuld allein bei der Politik zu suchen. Denn als der neue Personalausweis 2010 eingeführt wurde, konnte die Online-Funktion durchaus noch als innovativ angesehen werden. Allerdings haben die Verantwortlichen den Fehler gemacht, die Online-Funktion nur optional anzubieten. Und da die meisten Deutschen von Haus aus allen neuen Dingen gegenüber kritisch eingestellt sind, ließ kaum jemand die Online-Funktion aktivieren – vor allem, da auch noch ein Lesegerät für 30 Euro notwendig war, um diese überhaupt nutzen zu können.

Das wiederum kam den Behörden der über 11.000 deutschen Kommunen nicht ungelegen. „Es nutzt doch sowieso keiner die Online-Funktion, warum sollen wir jetzt Zeit und Geld investieren, um unsere Abläufe zu digitalisieren? Wir haben das jetzt seit 50 Jahren so gemacht – und so machen wir es auch die nächsten 50!“ – so der Tenor in vielen Gemeindeverwaltungen. Daraus ergab sich auf Seiten der Bürgerinnen und Bürger folgende Logik: „Ich kann die Online-Funktion vom Personalausweis doch sowieso nirgends nutzen, warum sollte ich sie dann freischalten lassen?“

Und so fristete die Online-Funktion viele Jahre lang ein Nischendasein – bis zum Jahr 2017. Seither ist die sogenannte eID-Funktion bei allen neu ausgegebenen Personalausweisen standardmäßig aktiviert. Zudem reichen inzwischen ein modernes Smartphone und eine entsprechende App, um die Online-Funktion zu nutzen. Ein Lesegerät ist nicht mehr erforderlich.

Aktuell gibt es in Deutschland rund 30 Millionen Personalausweise mit aktivierter Online-Funktion.

eID-Funktion vom Personalausweis kann selten genutzt werden

Auf Bundesebene kann die Online-Funktion inzwischen dazu genutzt werden, um die persönlichen Renteninformationen abzurufen, einen Blick auf die in Flensburg gesammelten Punkte zu werfen oder über Elster Online die Steuererklärung abzugeben.

Auf Ebene der Kommunen, wo die meisten alltäglichen Behördenaufgaben angesiedelt sind, hat sich derweil wenig bis gar nichts getan. Klickt man auf dem offiziellen Portal zum neuen Personalausweis auf „Bürgerdienste“, findet man nur wenige Einträge in Baden-Württemberg – und bei fast allen geht es ausschließlich um das Thema KFZ-Zulassung. In Bayern ist man indes schon weiter. Hier kann man etwa den Antrag auf Feststellung einer Behinderung papierlos stellen, BAföG beantragen und in vielen Gemeinden selbst Gewerbeanmeldungen online erledigen oder Veranstaltungen anmelden.

Einen Lichtblick gibt es dann aber doch noch in Baden-Württemberg: das Digitale Bürgerbüro in Karlsruhe. Die digitalen Serviceangebote umfassen hier beispielsweise Meldebescheinigungen, Urkundenbestellungen beim Standesamt, KFZ-Zulassungen, das Anmelden von Hunden und vieles mehr.

Und dennoch: Bis die Digitalisierung der Verwaltung flächendeckend umgesetzt wird und man sich Behördengänge wirklich komplett sparen kann, werden noch viele Jahre vergehen.