Eine aktuelle und repräsentative Studie hat sich die digitale Transformation der USA und Deutschland vorgenommen und deutsche Unternehmen mit US-Unternehmen verglichen. Klar, ein Vergleich der hinkt. Dennoch, die Autoren fragen sich, „wo denn nun die größten ‚digitalen‘ Unterschiede liegen und bestätigt sich die Vorreiter-Rolle der USA? Und was können Apple, Amazon und Google, was Siemens, Bosch und Bayer nicht können?“ Ich habe mir die Studie im Detail angeschaut.
In dieser Form gab es 2016 eine ähnliche Studie, damals fokussierten sich die Macher allerdings auf den Wirtschaftsraum Deutschland; nun suchte man den Vergleich mit US-Unternehmen – die Kernaussage des Herausgebers etventure, Spezialist für Digitalberatung und Startup-Entwicklung: „Es gibt in Deutschland einen klaren Bewusstseinswandel, die Umsetzung erfolgt allerdings zu langsam und unflexibel. Der Rückstand auf US-Konzerne ist enorm.“ In Deutschland sieht man das natürlich völlig anders; vor allem Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries sieht in der Digitalisierung des Mittelstands eine tragende Rolle. Auch der zuletzt veröffentlichte Digitalisierungsindex sieht Deutschland digitaler als die am Ende des Artikels verlinkte Studie.
Digitale Transformation: US-Unternehmen sind besser vorbereitet
Für 50 Prozent der deutschen Großunternehmen gehört die Digitalisierung zu den Top-3-Themen. Immerhin, 2016 waren es lediglich 41 Prozent. Zum Vergleich: In den USA sind es aktuell 66 Prozent. Keine Überraschung also, dass laut Studie sich fast dreimal so viele US-Großunternehmen wie deutsche sehr gut oder gut auf die digitale Transformation vorbereitet fühlen. Ein Grund dürfte das eigene Personal sein. So sehen US-Konzerne doppelt so häufig wie hierzulande ihre Mitarbeiter qualifiziert für die kommenden digitalen Aufgaben. In Deutschland herrscht laut Studie eher eine digitale Verunsicherung. Mitarbeiter fürchten gar um ihren Arbeitsplatz.

Die fehlende Investition in die drei TOP-Hemmnisse sprechen für sich:
• 63 Prozent fehlende Erfahrung bei nutzerzentriertem Vorgehen,
• 50 Prozent Verteidigung bestehender Strukturen und
• 49 Prozent nennen den Mangel an Zeit als Grund für die schleppende Transformation.
Mitarbeiter im Unternehmen: Know-how-Transfer ein Muss
Die Studie ist der Meinung, dass den hiesigen Unternehmen es meist noch nicht gelingt, das nötige Know-how auf die gesamte Kernorganisation zu übertragen und die Mitarbeiter für die Digitalisierung zu motivieren: fehlendes Budget, fehlendes Personal, generationsübergreifende und passende Schulungen sowie die in Deutschland fehlende Infrastruktur sind die anderen Sorgenkinder.

Startups: in Deutschland hui, in den USA pfui
Was mich persönlich überrascht, sind die Unterschiede bei den Kooperationen mit der Startup-Szene. 35 Prozent der Firmen hierzulande arbeiten inzwischen mit jungen Startups zusammen, in den USA sind es lediglich 14 Prozent. Ziel der Zusammenarbeit ist es vor allem, schneller Innovationen zu entwickeln und Zugänge zu neuen Technologien zu erhalten. Während fast 90 Prozent der deutschen Unternehmen dieses Ziel erklären, sind es in den USA mit etwa 60 Prozent weit weniger. Ebenfalls überraschend: Nur 32 Prozent der US-Unternehmen wollen über Startups ihre Forschung und Entwicklung auslagern – in Deutschland sind es satte 47 Prozent.
Digitale Transformation: mein persönliches Fazit
Der Vergleich mit US-Unternehmen hinkt, klar. Dennoch, einige Zahlen sprechen für sich und zeigen auf, dass speziell die Unternehmensführung gefragt ist, die entsprechenden Hebel zu tätigen. Ein Abwarten zählt nicht mehr, einen Raketenstart müssen wir nun aber auch nicht hinlegen. So sind Bosch und Siemens Unternehmen mit Schlüsseltechnologien. Es sind in erster Linie mittelständische Technologie-Schmieden, die in der Regel ihre Distribution selbst steuern. Solche Unternehmen müssen nicht zwingend das Tempo der US-Wirtschaft mitgehen. Ihre Technologien sind einzigartig und gefragt; keine Massenware. Ein Grund, warum der Mittelstand hierzulande eher schrittweise agiert, neue Projekte mit Startups ausprobiert, neue Tochterunternehmen ins Rennen schickt: Die Zukunft ist meines Erachtens agiler und versucht über Kollaborationen eine Summe an Ideen zu generieren, um über diese das entscheidende Puzzleteil zu generieren. Der Unterschied zwischen US-Unternehmen und dem deutschen Mittelstand sind keine Zahlen, keine Milliarden-Gewinne – die Unternehmenszukunft ist flexibel.
Grafiken im Artikel: Studie