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Auf dem Weg zur Klimaneutralität ist der Übergang zu einem dezentralen und dekarbonisierten Energiesystem ein entscheidender Baustein. Die EU hat sich die Steigerung der Energieeffizienz schon vor etlichen Jahren zum Ziel gesetzt und auch Deutschland hat entsprechende Gesetze auf den Weg gebracht. Das bedeutet jedoch auch deutlich mehr Komplexität als bisher. Welche Pflichten sich für Unternehmen hinsichtlich der Einführung von Energiemanagementsystemen (EMS) ergeben, welche Rolle hierbei digitale Technologien spielen und welche Unterstützungsmöglichkeiten die Unternehmen bei der Einführung von EMS haben, beantwortet ein Dossier vom Kompetenzzentrum Energieeffizienz durch Digitalisierung (KEDi).

Rechtliche Rahmenbedingungen und Pflichten für Unternehmen

Die Europäische Union setzt mit der Energieeffizienzrichtlinie ambitionierte Ziele zur Reduktion des Energieverbrauchs.  Dies wurde in Deutschland im Energiedienstleistungen-Gesetz (EDL-G) umgesetzt. 2023 wurde die EU-Energieeffizienzrichtlinie novelliert. Sie enthält nun die Vorgabe zur Einführung von Energiemanagementsystemen bzw. Durchführung von Energieaudits in Unternehmen mit einem Energieverbrauch oberhalb bestimmter Schwellenwerte. Mit einem Energiemanagementsystem (EMS) lassen sich energie- und prozessbezogene Daten (Energieflüsse, Temperatur und Wärmemengen von abwärmeführenden Medien wie Luft und Wasser) systematisch erfassen. Daraus lassen sich spezifische Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz und zur Reduzierung des Energieverbrauchs ableiten, umsetzen und kontrollieren.

In Deutschland wird die Regelung zur Einführung von Energiemanagementsystemen durch das im November 2023 in Kraft getretene Energieeffizienzgesetz (EnEfG) umgesetzt. Das EnEfG verpflichtet Unternehmen mit einem durchschnittlichen jährlichen Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 7,5 GWh (über die drei letzten abgeschlossenen Kalenderjahre), ein Energie- oder Umweltmanagementsystem (EMS/UMS) einzuführen. Ziel ist es, die Energieeffizienz in der Wirtschaft zu steigern und den CO₂-Ausstoß zu senken.

Die Einführung eines EMS ist für Unternehmen mit hohen Energieverbräuchen nun also nicht mehr freiwillig, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Die wichtigsten Punkte der neuen Regelungen:

  • Betroffene Unternehmen: Alle Organisationen mit einem durchschnittlichen jährlichen Endenergieverbrauch über 7,5 GWh.
  • Stichtag: Der Gesamtenergieverbrauch wird zum 1. Januar eines Kalenderjahres ermittelt.
  • Frist: Falls der Grenzwert überschritten wird, bleibt ein Zeitraum von 20 Monaten zur Einführung eines EMS oder UMS.

Im Rahmen des EMS oder UMS sind laut dem EnEfG darüber hinaus auch noch weitere Anforderungen zu erfüllen und verschiedene Maßnahmen umzusetzen (s. hierzu das Dossier des KEDi). Für viele Unternehmen bedeutet dies eine notwendige strategische Neuausrichtung ihres Energiemanagements. Neben der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben bietet ein EMS jedoch auch erhebliche wirtschaftliche Vorteile durch Energieeinsparungen und Effizienzsteigerungen.

Bedeutung der Digitalisierung für das Energiemanagement

Die Digitalisierung spielt eine entscheidende Rolle bei der Transformation des Energiesektors. Der Ausbau erneuerbarer Energien, die Dezentralisierung der Stromerzeugung und die Notwendigkeit einer flexiblen Netzsteuerung erfordern intelligente Lösungen. Digitale Technologien in allen Ebenen – von Energieerzeugung bis Energieverbrauch – ermöglichen eine bessere Nutzung von Energiedaten. Bei der Erfassung, Auswertung und Übermittlung solcher Daten hilft Digitalisierung durch Sensoren, Datenschnittstellen und Auswertungssoftware.

Vorteile digitaler Energiemanagementsysteme

Mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI), schnellerer Rechenleistung und höher skalierbarerem Speicher sowie intelligenten Analysemethoden lassen sich Anlagen, Logistik- und Produktionsprozesse optimiert steuern und Energieströme systematisch erfassen und auswerten. Durch die Kombination von Echtzeit-Datenanalyse, automatisierten Steuerungen und Schnittstellen zu anderen Systemen entsteht ein transparentes Bild des Energieverbrauchs. Dies erleichtert es, Einsparpotenziale zu erkennen und gezielte Maßnahmen zur Effizienzsteigerung umzusetzen.

Besonders wertvoll ist auch die Verknüpfung von Energiedaten mit anderen Informationen wie Wetterdaten oder Produktionsplänen. So kann beispielsweise der Stromverbrauch einer Produktionshalle an die aktuelle Belegung und Tageszeit angepasst werden. So können Energieflüsse im Unternehmen optimiert und hierdurch Lastspitzen reduziert und Netzentgelte gesenkt werden. Weitere konkrete Vorteile ergeben sich beispielsweise auch durch die Möglichkeit einer vorausschauenden Wartung (frühzeitige Erkennung von Ineffizienzen oder Störungen) und durch die Integration erneuerbarer Energien (bessere Abstimmung von Verbrauch und Erzeugung).

Unterstützung für Unternehmen, die ein Energiemanagementsystem einführen wollen

Unternehmen, auf die noch keine Verpflichtung zur Einführung von EMS/UMS zutrifft, können finanzielle Förderung für die Installation und Einrichtung von Messtechnik und Energiemanagementsoftware beantragen. Hierfür lohnt sich ein Blick in das Förderprogramm „Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft“ (mehr dazu s. auch im KEDi-Dossier). Bei der Auswahl entsprechender Software kann die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erstellte Übersicht gelisteter Anbieter für Energiemanagementsoftware erster Anlaufpunkt sein. Darüber hinaus liefert das Dossier „Aufbau eines softwaregestützten Energiedatenmanagements“ Ansätze für die Auswahlentscheidung für Software und Hinweise zum Vorgehen.

Lohnt sich die Einführung eines EMS auf freiwilliger Basis?

Auch für Unternehmen, die unterhalb der Schwellenwerte für ein verpflichtendes EMS liegen, ist ein softwaregestütztes EMS empfehlenswert. Die Unternehmen können ihre Energieströme und -verbräuche verstärkt in den Blick nehmen, systematisch analysieren und dadurch nachhaltiger wirtschaften. So können gegebenenfalls Produktionsprozesse angepasst und optimiert werden, um auf mittlere und lange Sicht Energie und Kosten zu sparen.

Ob die Energie- und Kosteneinsparungen die Kosten der Anschaffung und des Einsatzes über die Jahre hinweg aufwiegen, muss jedes Unternehmen individuell für sich entscheiden (Rechenbeispiel hierzu: s. KEDi-Dossier). Verschiedene Studien kommen zu der Einschätzung, dass durch die Einführung eines EMS Energieeinsparungen von drei bis vier Prozent oder sogar bis zu zehn Prozent möglich seien. Energieeinsparungen können dabei sowohl durch nichtinvestive Maßnahmen (z. B. Sensibilisierung der Mitarbeitenden, Verhaltensänderungen) erreicht werden als auch durch investive Maßnahmen, wie dem Austausch veralteter Maschinen durch energieeffiziente Modelle. Auch hierfür kann das EEW-Förderprogramm Unterstützung bieten.

Branchenzentriert qualifizieren

Der Text dieses Wissensbits basiert inhaltlich auf dem Dossier „Energiemanagementsysteme heben Datenpotenziale. Energieeffizienzgesetz und Fördermöglichkeiten für KMU“ des Kompetenzzentrums Energieeffizienz durch Digitalisierung (KEDi).

Die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH und der CyberForum e.V. sind Partnerinnen der KEDi-Roadshow, die am 11.03. und 12.03. in Stuttgart stattfindet. Die Roadshow beleuchtet in zwei Tagen unterschiedliche Schwerpunkte der effizienten Energienutzung durch Digitalisierung. Hierdurch sollen Unternehmen und Fachleuten praktische Ansätze und innovative Lösungen nähergebracht werden. Die Partnerschaft ist Teil von „Branchenzentriert qualifizieren“, einem durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) Plus gefördert und vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg kofinanzierten Kooperationsprojekt.