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Die Goldstadt Pforzheim liegt im Nordwesten Baden-Württembergs, direkt am Nordrand des Schwarzwalds. Einst arbeitete hier die Hälfte der Bevölkerung in der Schmuck- und Uhrenindustrie. Heute sind es weniger als zehn Prozent.

Pforzheim hat längst den Glanz früherer Zeiten verloren – und dennoch ist die Stadt nach wie vor ein Ort, an dem Kreativität gedeihen kann. Vor allem die weltweit bekannte Hochschule für Gestaltung, Wirtschaft und Technik trägt viel dazu bei, das Goldstadt-Image zu bewahren. Wo ehemals fast ausschließlich Schmuckdesigner ihre individuellen Kreationen in Handarbeit gefertigt haben, arbeiten heute kreative Köpfe aus Schmuck-, Mode- und Industriedesign Hand in Hand. Aber auch für Start-ups und Freelancer wird Pforzheim zunehmend attraktiver, wie ein Besuch im EMMA, dem Kreativzentrum Pforzheims, zeigt.

Ein altes Schwimmbad wird zur Plattform für die Kreativwirtschaft

Namensgebend für das Kreativzentrum Pforzheim ist das Gebäude, in dem es sich befindet: das alte Emma-Jaeger-Bad. Im Jahe 1911 öffnete das Pforzheimer Stadtbad erstmals seine Pforten für Badegäste aus der gesamten Region. Gestiftet wurde es von Emma Jaeger, die der Stadt damals 500.000 Mark – und damit mehr als zwei Drittel der Bausumme – schenkte. In der Denkschrift von damals heißt es „Dass das Bad ein Schönes werde, das der Stifterin des Hauptbetrages Ehre machen möge, musste gewiss ein allgemeiner Wunsch sein.“

EMMA
Das EMMA war ursprünglich ein Schwimbad, was zum Kreativzentrum umgebaut wurde. (Bild: Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim/ Winfried Reinhardt)

Emma Jaeger wäre sicherlich stolz, wenn sie sehen könnte, dass das alte Bad mehr als 100 Jahre später nicht nur nach wie vor ein schöner Ort ist, sondern dass dort inzwischen auch Schönes geschaffen wird – denn anstatt das ehemalige Stadtbad dem Verfall preiszugeben, entschloss man sich im Jahr 2011 dazu, das Gebäude mit Hilfe von Fördermitteln in ein Kreativzentrum umzubauen. Und so eröffnete im Oktober 2014 das EMMA, ein Ort für Gründer, Nachwuchsdesigner, Filmemacher, Blogger und viele mehr. Im Herzen der Goldstadt. Am Ufer der Enz.

Jugendstilarchitektur trifft auf Coworking

Das EMMA sieht von außen recht unscheinbar aus. Lediglich der Schriftzug über der Eingangstür sowie die farbenfrohen Plakate am Briefkasten weisen daraufhin, dass es sich hierbei um kein gewöhnliches Gebäude handelt. Einen Türgriff gibt es nicht. Das führt dazu, dass man beim ersten Besuch etwas ratlos vor dem Kreativzentrum steht, bis man den “Tür auf”-Schalter am Briefkasten entdeckt.

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Vorträge, Seminare und Workshops finden auch im Gebäude des Kreativzentrums statt. (Bild: Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim/ Winfried Reinhardt)

Ein kurzer Tastendruck genügt – und schon öffnet das EMMA seine Pforten wie von Geisterhand. Wer die Geschichte des Gebäudes nicht kennt, bemerkt spätestens im Eingangsbereich, dass er sich in einem ehemaligen Schwimmbad befindet, denn das Kassenhäuschen ist noch im Original erhalten. Für einen Moment fühlt man sich um 100 Jahre in der Zeit zurück versetzt. Die Jugendstilarchitektur von damals kommt in den rennovierten Räumlichkeiten des denkmalgeschützten Hallenbades neu zur Geltung.

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Der Mix macht’s. Die Jugendstilarchitektur trifft auf moderne und rennovierte Räumlichkeiten. (Bild: Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim/ Winfried Reinhardt)

Demgegenüber stehen die modernen, gläsernen Büros im ersten Stock, die iMacs an den Coworking-Arbeitsplätzen, die Konferenräume mit ihren großen Bildschirmen und die Lounge-artige Dachterrasse mit Blick über die Stadt.

Dieses Zusammenspiel aus alt und neu verleiht dem Kreativzentrum seinen ganz besonderen Charme.

Das EMMA bietet viel Raum für kreatives Arbeiten

5 Besprechungsräume, 18 Büros und Ateliers, 2 Veranstaltungsräume für bis zu 100 Personen, 3 Werkstätten für Mode-, Schmuck- und Industriedesign sowie 16 Coworking-Arbeitsplätze sind auf 3000 Quadratmetern im EMMA untergebracht.

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Das EMMA lockt nicht nur mit Coworking-Arbeitsplätzen, man kann sich dort auch bestens mit anderen Freelancer und Startups vernetzen. (Bild: Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim/ Winfried Reinhardt)

Die Coworking-Arbeitsplätze sind mit einem Tisch, Stuhl und Container funktional ausgestattet und stehen vergleichbaren Einrichtungen in Berlin oder Hamburg in nichts nach. 10 Euro (netto) bezahlt man für ein Tagesticket. Wer länger bleiben will, kann zu einem 10er-Ticket (50 Euro), einem Monatsticket (100 Euro) oder einem 6-Monatsticket (540 Euro) greifen. Die Nebenkosten sowie LAN/WLAN sind in den Preisen bereits enthalten. Einen günstigeren Arbeitsplatz, an dem man zudem mit anderen Kreativen netzwerken kann, findet man wohl nirgends.

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Im EMMA hausen gerade unter anderem Architekten, ein Programmierer, eine Schuh-Designerin und ein Fotografen. (Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim/ Winfried Reinhardt)

Wer sich dauerhaft im EMMA niederlassen möchte oder einfach nur mehr Privatsphäre braucht, kann eines der 18 Büros anmieten. 5 möblierte (ab 130 Euro im Monat) und 13 unmöblierte Räume (ab 100 Euro im Monat) mit 9 bis 28 Quadratmetern beherbergt das Kreativzentrum. Derzeit sind allerdings alle Büros vermietet – unter anderem an einen Architekten, einen Programmierer, eine Schuh-Designerin und einen Fotografen. Die Bandbreite an vertretenen Berufsgruppen ist riesig – und verdeutlicht, dass das EMMA seinem Anspruch, ein Ort für kreative Köpfe zu sein, durchaus gerecht wird.

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Coworking-Bereich mit integrierter Werkstatt im EMMA. (Bild: Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim)

Apropos Kreativität: Wer im Bereich Mode-, Schmuck- oder Industriedesign tätig ist, findet im EMMA 18 voll ausgestattete Werkstattarbeitsplätze. Die Preise entsprechen denen im Coworking-Bereich, nur dass den Mietern hier zusätzlich teure Industriemaschinen für ihre Arbeit zur Verfügung stehen, auf die sie ansonsten im Regelfall keinen Zugriff haben.

Für Kundenbesuche oder Workshops gibt es 5 Besprechungsräume (bis zu 16 Personen). Aber auch für Groß-Events ist das EMMA gut gerüstet: die beiden Veranstaltungsräume bieten Platz für bis zu 100 Personen – inklusive Bühne, Medientechnik, Garderobe und Catering. Hier finden unter anderem Ausstellungen und Modeschauen statt.

Ein Sprungbrett für die Zukunft

Im EMMA geht es aber um viel mehr als günstige Arbeitsplätze für Freelancer und Existenzgründer. Es geht um darum, eine zentrale Plattform für Kreativität in Pforzheim zu schaffen. Es geht darum Start-ups eine zentrale Anlaufstelle zu bieten und diese sowohl untereinander als auch mit etablierten Unternehmen zu vernetzen.

EMMA Pforzheim
Wer mehr über das EMMA erfahren möchte, der sollte am 2. Juli vorbeischauen. ab 18 Uhr findet das Sommerfest des EMMA auf der Dachterrasse statt – inklusive Bar, Musik und EM-Public Viewing. (Bild: Wirtschaft und Stadtmarketing Pforzheim/ Winfried Reinhardt)

In diesem Zusammenhang spielt die Initiative CREATE! PF eine entscheidende Rolle, die regionale Akteure und Unternehmen zusammenbringt. So werden beispielsweise einmal im Monat offene Netzwerktreffen (“Creative After Work”) organisiert, die sich mit unterschiedlichen Schwerpunktthema befassen. In Kooperation mit dem Design Center Baden-Württemberg und der Hochschule Pforzheim wurde außerdem das internationale Stipendiatenprogramm “Designer in Residence” ins Leben gerufen. Die Stipendiaten werden zu einer dreimonatigen Arbeitsphase ins EMMA eingeladen, wo im Anschluss die Ergebnisse im Rahmen einer Ausstellung (30. Juni bis 10. Juli 2016) präsentiert werden. Darüber hinaus führt der jährlich stattfindende “Young European Talents Workshop” junge Designer aus der ganzen Welt mit Pforzheimer Studierenden zusammen. Einen Designmarkt sowie diverse Messen und Workshops runden das “Kreativpaket” des EMMA ab.

EMMA Briefkasten
Wer mehr über das EMMA erfahren möchte, einfach die Homepage www.emma-pf.de besuchen. (Bild: Frank Feil)

Wer mehr über das EMMA erfahren möchte, kann entweder auf emma-pf.de vorbeischauen oder direkt vor Ort. Ein guter Termin ist der 2. Juli. An diesem Tag findet ab 18 Uhr das Sommerfest des EMMA auf der Dachterrasse statt – inklusive Bar, Musik und EM-Public Viewing.