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Ein kleines Wortspiel: In „GAROMA“ steckt Aroma, Rom und die Anfangsbuchstaben von Gastronomie (… ja, und Oma, aber die kommt erst später ins Spiel). GAROMA ist ein Karlsruher Startup, das demnächst mit einem Komplettüberblick über die Karlsruher Gastro-Landschaft ein großes Ding landet.

Wo kann ich koreanisches Kimchi essen? Welches Restaurant bietet Minimum zehn vegetarische Gerichte an oder wo kriege ich eine Currywurst, die online mit mindestens 9,0 bewertet wurde? Wer wissen will, wo Wiener Schnitzel, Wurstsalat, Veggie-Burger, Buddha-Bowls oder Austern auf der Speisekarte stehen, muss sich künftig nur bei garoma.de einloggen. Die beiden Gründer, Philip Girrbach und Oliver Zindler, prophezeien: „Zukünftig führen nicht mehr alle Wege nach Rom, sondern nach GAROMA.“ Zumindest gastronomisch.
Wie die Plattform funktioniert und warum sie einzigartig ist, erklären sie im Interview.

Jetzt mal im Ernst, ihr wollt wirklich jedes einzelne Schnitzel im Stadtgebiet Karlsruhe erfassen?

Absolut, ja. Gastro-Seiten gibt es ja im Netz zuhauf. Allerdings sind diese nie vollständig, es gibt also immer nur eine Auswahl und die ist auch nicht immer aktuell. Wir bilden tatsächlich jedes einzelne Restaurant mit jedem einzelnen Gericht, jedem einzelnen Angebot, und jeder einzelnen Veranstaltung in Karlsruhe durch zunehmend automatisierte Prozesse ab.

Ihr seid also das booking.com der Gastro-Branche?

Gewissermaßen schon. Über unsere Plattform gibt es, ähnlich wie bei den Hotelbuchungsportalen, zahlreiche Filtermöglichkeiten, um ein gastronomisches Angebot ganz dezidiert zu suchen und es natürlich zu finden. Künftig ist es via GAROMA im übertragenen Sinne sogar möglich, nicht nur nach einem passenden Hotel zu suchen, sondern nach einem Hotelzimmer mit ganz bestimmten Eigenschaften – beispielsweise der Größe des TV oder die Farbe der Wände.

Wie bewegt ihr die Restaurants zur Zusammenarbeit?

Gar nicht. Das Ganze ist für die Restaurants kostenlos. Sie müssen auch keine Daten einpflegen. Andere Plattformen sind darauf angewiesen, die Restaurants miteinzubinden, aber genau aus diesem Grund haben sie meist nur 30, maximal 50 Prozent der Restaurants überhaupt auf der Plattform ihrer Zielregion oder die Profile sind nicht vollständig bzw. aktuell. Damit hat der Nutzer nicht den echten Mehrwert, wirklich über alles informiert zu sein.

Eine ambitionierte Idee. Wie ist sie entstanden?

Philip: Ich hatte damals im Studium 2012/2013 die Aufgabe einen Businessplan für ein Geschäftsmodell zu erstellen. Meine Idee war, Speisekarten digital abzubilden und mit Features wie Bildern, Weiterempfehlungen und Flirtfunktionen auszustatten. Den Businessplan habe ich geschrieben, mich dann aber später doch für eine Festanstellung im Bereich Kommunikation entschieden. Der entscheidende Moment war allerdings eine Brasilienreise mit Oli im Jahr 2018. Wir waren in einem mexikanischen Restaurant namens Guacamole in Rio de Janeiro. Und was sahen wir? Genau die Anwendung, wie ich sie mir damals vorgestellt hatte: ein iPad, über das man Gerichte einsehen, bestellen und bezahlen konnte. Eine tolle Spielerei, aber für mich gleichzeitig ein Wow-Erlebnis.

Digitale Speisekarten haben sich ja mittlerweile durchgesetzt …

Stimmt – zwar oftmals nicht direkt im Restaurant, aber zumindest online bzw. durch einen QR-Code. Es war aber auch nicht unser Kerngedanke, jedes Restaurant mit einer digitalen Speisekarte auszustatten, sondern wir haben Anfang 2020 andere Strömungen festgestellt.

Zum einen, dass Restaurants verstärkt digitale Channels nutzten. Durch Corona gab es ja eine enorme Dynamik, was Öffnungszeiten, Lockdown-Speisekarten und Liefer-Angebote, bzw. To-Go-Optionen anbelangt. Gleichzeitig war es für den User sehr schwer, einen Überblick über die geänderten Bedingungen und Services zu bekommen. Das hat uns getriggert, eine andere Perspektive einzunehmen. Also weg von der Speisekarte in digitaler Form hin zu einer Plattform, die flächendeckend das Angebot der Gastronomie abbildet.

Ihr habt euch dann eine Testregion mit rund 18.000 Einwohnern vorgeknöpft.

Begonnen haben wir in Pfinztal, unserer Homebase. Oli und ich kennen uns seit der Kindheit und leben beide hier. Dort haben wir von jedem Restaurant die Speisekarte individuell angelegt, das heißt, jede einzelne Speise auf unserem System erfasst und online abgebildet. Das hat eine ganze Weile gedauert.

Okay, aber dafür gibt’s ja automatisierende
Technologien …?

Wir haben uns im nächsten Schritt überlegt, wie wir die Prozesse verschlanken können, damit wir keinen so hohen Aufwand haben, um diese ganzen Daten einzupflegen und vor allem zu aktualisieren. Jetzt brauchten wir eine Strategie, eine Geschäftsidee, um dahin zu kommen. Das haben wir jetzt in den letzten eineinhalb Jahre optimiert.

Wo fließt bei euch Geld?

Wir bieten Restaurants die Möglichkeit an, Angebote hervorzuheben oder das Profil zu individualisieren, das sind eher kurzfristige Modelle. Langfristig ist geplant, das Ganze datengetrieben zu personalisieren. Das heißt, jemand, der regelmäßig Schnitzel essen geht, soll personalisiert ausgespielt bekommen, wo es heute Schnitzel gibt. Zum Beispiel per Push-Benachrichtigung um 11 Uhr.

Aber wir sehen unseren Schwerpunkt hinsichtlich Geschäftsmodell bzw. Monetarisierung weniger bei den Restaurants an sich. Da gibt es andere Möglichkeiten.

Jetzt wird’s spannend …

Wir können uns zum Beispiel vorstellen, eine sogenannte Company-Lunch-Karte für Mitarbeiter von Firmen anzubieten, die keine eigene Kantine haben. Diese könnten zum Beispiel 10% Rabatt auf den Mittagstisch in ihrer Umgebung bekommen. Oder auch eine Art Voucher-System für Studenten, wo wir universitätsnahe Restaurants mit Spezialaktionen anbieten. Mittelfristig wollen wir ein Marketplace-Modell etablieren. Das heißt, dass wir beispielsweise die Möglichkeit haben, Events zu buchen, Gutscheine, Küchenpartys oder Brauerei-Führungen anzubieten. Ziel ist es, als Kanal wahrgenommen werden, der die Angebote und Rabatte bündelt, um sie an die entsprechende Zielgruppe weiterzugeben.

Momentan seid ihr also eine reine Informationsplattform?

Genau. Sobald wir mit dieser Informationsplattform eine gewisse wiederkehrende Nutzeranzahl generieren können, ergeben sich Monetarisierungsoptionen von allein. Sei es über die erwähnten priorisierten Listings, mittelfristig eventuell auch über die Vermittlung beziehungsweise Buchung von Angeboten, Events, Tickets oder Gutscheinen. Denkbar ist auch langfristig, gastronomienahe Firmen einzubinden, die die erzeugten Daten und Informationen, die unsere Plattform mit Blick auf die Interaktion zwischen Nutzer und Gastronomie, liefert, nutzen können. Zum Beispiel: Wo wird häufig nach Schnitzel gesucht, in welcher Region ist ein veganer Fokus erkennbar etc. Dazwischen gibt es unendliche Möglichkeiten, die wir Schritt für Schritt testen.

Im Frühsommer 2022 wollt ihr mit garoma.de auf den Markt. Kriegt ihr hin, oder?

Gerade sind wir mit einer Betaversion online. Wir wollten eigentlich Ende letzten Jahres schon damit raus, was aber wegen Corona keinen Sinn machte. Momentan arbeiten wir mit einigen Pilotkunden und sind auch auf der Suche nach weiteren interessierten Gastronomen. Geplanter Start ist Frühsommer. Das wollen wir halten.

Im vergangenen Sommer wart ihr Teil des CyberLab Accelerator-Programms. Wie hilfreich war das?

Was uns wirklich weitergeholfen hat und auch noch immer weiterhilft, ist das Netzwerk. Wann immer wir eine Frage hatten, konnten wir uns ans CyberForum wenden. Das war und ist für uns das Wertvollste, weil uns dadurch auch Türen geöffnet wurden und noch geöffnet werden. Wir haben dadurch Kontakte bekommen, auf die wir immer wieder zurückgreifen können. Mit vielen Teams, Experten und Unternehmen stehen wir immer noch in Kontakt. Sie begleiten uns weiterhin auf dem Weg zu einer höheren Unternehmensreife.

Dass in GAROMA auch das Wörtchen Oma steckt ist sicher Zufall. Trotzdem: Ist eure Plattform so einfach, dass auch Ältere sich unkompliziert zurechtfinden?

Natürlich! Auch Oma und Opa sind willkommen. Die Suche ist einfach und selbsterklärend. Auch Teenager können schauen, welche Dönerbuden es gibt oder welche TO-GOs gesunde Mittagssnacks aktuell anbieten.

 

Oliver Zindler (34) ist Wirtschaftsingenieur. Vor der Gründung von GAROMA hat er drei Jahre im IT-Projektmanagement und anschließend vier Jahre bei einer Digitalstrategieberatung gearbeitet.

Philip Girrbach (34), Master International Communications, war vor der Gründung von GAROMA sieben Jahre bei Agilent Technologies in der Unternehmenskommunikation für Deutschland tätig.