Lesedauer ca. 6 Minuten

Zwei Gründer, die nicht aus Karlsruhe stammen, eine Entscheidung, die eher dem Zufall entsprang – und doch könnte diese Geschichte kaum besser verlaufen. Statt Berlin oder München wurde Karlsruhe zur Heimat von Statpile, einem Startup, das die Logistikprozesse großer Unternehmen radikal vereinfachen will. In diesem Interview erzählt Leo Moos, wie sie aus dem Nichts ein wachsendes Unternehmen aufbauten, warum Accelerator-Programme wie das CyberLab für ihren Erfolg entscheidend waren, und welche Tipps sie anderen Gründer:innen mit auf den Weg geben. Ihre Geschichte zeigt: Manchmal ist es der Zufall, der die besten Karten spielt – wenn man sie richtig nutzt. 

Ariane Lindemann im Gespräch mit Gründer Leo Moos 

Ihr habt euer Unternehmen in Karlsruhe gegründet, obwohl ihr beide ursprünglich nicht von dort kommt. Warum fiel die Wahl auf Karlsruhe und wie hat sich dieser Standort für euch entwickelt?

Das war tatsächlich eher Zufall. Max und ich haben dual studiert und bei Hornbach gearbeitet. Da die Uni in Karlsruhe war, haben wir auch dort gegründet. Rückblickend war das ein Riesenglück, weil Karlsruhe gerade ein stark wachsendes Ökosystem für Startups bietet. In Städten wie München oder Berlin gibt es zwar auch große Startup-Szenen, aber ich bin überzeugt, dass Karlsruhe in den nächsten Jahren aufholen wird. Besonders in Baden-Württemberg, mit seinen technischen Hintergründen und den hervorragenden Universitäten, gibt es ein enormes Potenzial. Karlsruhe ist ein toller Ort, um ein starkes Netzwerk aufzubauen, die ersten Mitarbeitenden zu finden und ein Unternehmen voranzubringen. Wir kommen beide nicht aus der Gegend – ich bin aus der Wiesbadener Ecke und Max aus Dresden. Aber wir sind super happy, dass wir uns für Karlsruhe entschieden haben.

Das klingt nach einem echten Glücksgriff. Du hast erwähnt, dass ihr von Anfang an in Accelerator-Programme involviert wart. Welche Rolle haben diese Programme für euer Wachstum gespielt, und wie hat euch speziell das CyberLab dabei unterstützt?

Accelerator-Programme waren für uns extrem wertvoll, gerade am Anfang. Im CyberLab haben wir viel gelernt, insbesondere wie man ein Unternehmen skaliert und Investor:innen überzeugt. Besonders hilfreich war aber der Austausch mit anderen Gründer:innen. Es ist wichtig, Menschen zu treffen, die die gleichen Herausforderungen haben. Im CyberLab hatten wir genau diese Gemeinschaft, die einem in schwierigen Zeiten den Rücken stärkt. Auch die strukturelle Unterstützung, etwa welche Dokumente ein Investor sehen will oder wie man den Product-Market-Fit erreicht, war unschätzbar.

Das klingt spannend. Was würdest du anderen Gründer:innen raten, die ähnliche Wege gehen wollen? Gibt es typische Fehler, die man vermeiden sollte?

Absolut! Ein häufiger Fehler, den wir auch gemacht haben, ist zu sehr in das Produkt selbst verliebt zu sein und zu lange an der Lösung zu tüfteln, ohne früh genug Feedback von potenziellen Kund:innen einzuholen. Vor allem in Karlsruhe, wo viele Leute einen technischen Hintergrund haben, neigt man dazu, erst mal nur zu bauen und zu entwickeln. Aber es ist wichtig, sich frühzeitig zu überlegen, wer eigentlich der potenzielle Kunde ist und was dieser wirklich braucht. Deshalb rate ich allen Gründer:innen: Holt euch so schnell wie möglich Feedback von euren Nutzer:innen! Accelerator-Programme sind hier hilfreich, weil sie einem oft Mentor:innen zur Seite stellen, die genau solche Fragen stellen und einen herausfordern.

Woher kommt der Name „Statpile“?

Der Name setzt sich aus „Stats“ und „Stockpile“ zusammen. Wir wollen die Daten im Lager, also die „Stats“, nutzbar machen und optimieren. Unsere Vision ist es, die Logistikprozesse so zu vereinfachen, dass selbst Mitarbeitende, die wenig Erfahrung oder Sprachkenntnisse haben, effizient arbeiten können. Dabei greifen wir nicht in bestehende ERP-Systeme wie SAP ein, sondern legen eine benutzerfreundliche Oberfläche darüber, die den gesamten Prozess steuert und Fehlerquellen minimiert.

Wie genau geht ihr das an? Was bietet eure Lösung konkret?

Wir legen eine benutzerfreundliche Oberfläche über die bestehenden ERP- oder Warenwirtschaftssysteme. Der Fokus liegt dabei auf den Logistikmitarbeitenden, die oft mit mehreren Systemen gleichzeitig arbeiten müssen, teilweise sogar mit Stift und Papier. Unsere Software nimmt ihnen die Komplexität ab, indem sie wie eine Art „Ikea-Bauanleitung“ funktioniert: Mitarbeitende müssen nur noch scannen oder tippen und wird durch den Prozess geführt, ohne die dahinterliegenden Systeme zu kennen.

Das klingt, als würdet ihr eine Brücke zwischen der komplexen Systemwelt und den einfachen Arbeitsabläufen schlagen. Habt ihr schon erste Kund:innen oder Pilotprojekte?

Ja, letztes Jahr haben wir zwölf Pilotprojekte durchgeführt und sind jetzt dabei, die ersten Kund:innen zu konvertieren. Ein großen Projekt setzten wir gerade mit Bechtle um. Interessanterweise haben wir gemerkt, dass gerade größere Unternehmen sehr offen für unsere Lösungen sind, weil sie den Bedarf an Digitalisierung und Automatisierung in der Logistik erkannt haben.

Ihr seid also auf dem Weg, euer Produkt weiterzuentwickeln und den Markt zu erobern. Wie sieht eure Zukunftsstrategie aus?

Aktuell decken wir etwa 70 % der Prozesse im Wareneingang ab. Unser Ziel ist es, 100 % abzudecken und dann auch den Warenausgang zu digitalisieren. Langfristig wollen wir Partnerschaften mit Warenwirtschaftssystemanbietern eingehen, um einen nahtlosen Workflow zu gewährleisten. Der nächste Schritt ist, unser Team zu vergrößern, um mit der steigenden Nachfrage Schritt zu halten. Dafür sind wir gerade mitten in einer Finanzierungsrunde.

Ihr seid also schon gut aufgestellt. Was sind die größten Herausforderungen, denen ihr als kleines Team begegnet?

Eine der größten Herausforderungen ist definitiv das Wachstum. Mit einem Team von nur fünf Leuten große Projekte zu stemmen, ist nicht einfach. Bechtle war anfangs skeptisch, ob wir als kleines Team so ein großes Logistikprojekt umsetzen können. Aber wir haben sie mit unserer Arbeit und unserem Zusammenhalt überzeugt. Für uns ist das der Schlüssel zum Erfolg – dass wir als Team funktionieren und jeder seine Rolle kennt.

Was bedeutet Netzwerken für euch in diesem Kontext? Welche Rolle spielen diese Verbindungen für euren Erfolg?

Netzwerken ist für uns extrem wichtig. Wir haben in verschiedenen Accelerator-Programmen viele Kontakte geknüpft und wertvolle Unterstützung bekommen. Besonders hilfreich sind dabei die zwischenmenschlichen Verbindungen, die man aufbaut – sei es zu anderen Gründer:innen oder Investor:innen. Diese Netzwerke sind es, die einen durch die schwierigen Zeiten bringen, die es immer wieder gibt.

Welche Ratschläge würdest du Gründer:innen geben, die noch am Anfang stehen? Was sollte man unbedingt beachten?

Nutzt jedes Accelerator-Programm, das ihr finden könnt, aber achtet darauf, nicht den Fokus zu verlieren. Und ganz wichtig: Baut euer Team auf einer soliden Basis auf – Freundschaften und gegenseitiges Vertrauen sind dabei entscheidend. Wenn alle an einem Strang ziehen, kommt man durch die harten Phasen durch. Und, holt euch früh Feedback von Kund:innen und vernetzt euch mit anderen Gründer:innen. Das kann euch enorm weiterhelfen!

Was hat dir als Gründer am meisten geholfen, die Herausforderungen zu meistern? Gibt es spezielle Ressourcen oder Strategien, die du empfehlen würdest?

Für mich persönlich war und ist das Netzwerk extrem wertvoll. Ich bin Mitglied im Sigma Squad, einem internationalen Netzwerk von Gründer:innen, wo man sich gegenseitig unterstützt. Diese zwischenmenschlichen Verbindungen sind für mich entscheidend, um durchzuhalten. Es geht nicht nur ums Business, sondern auch darum, echte Freundschaften zu schließen, die einen in schwierigen Phasen stützen. Genau das habe ich auch in den Accelerator-Programmen gefunden. Das Gefühl, nicht allein zu sein, sondern ein starkes Team und ein starkes Netzwerk hinter sich zu haben, ist unbezahlbar.