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Du hast ständig Knieschmerzen? Erfahre hier, wie Du sie in 60 Sekunden loswirst.
Nein, nicht in diesem Artikel. Sorry. Solche Versprechen sind ein gängiges Marketingtool, um Kunden über das Netz zu gewinnen. Denn wer jetzt nähere Angaben zu seinen Beschwerden macht, der kann das optimale Produkt finden. Für Unternehmen sind diese Angaben Gold wert, denn sie generieren sogenannte Leads, die zu Kunden werden können. So der Plan. Die Realität sieht oft anders aus, denn die Qualität dieser Leads reicht oft längst nicht aus, um daraus wirklich kaufbereite Kunden zu machen. Für ein optimales Match braucht es noch einen Zwischenschritt: die Prüfung der Kundenanfragen auf Relevanz. Das übernimmt Airlead. Unternehmen bekommen so nur attraktive Leads, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu Kunden werden.

Ariane Lindemann im Gespräch mit Marco Kolb und Abda Arouna von Airlead. 

Kundenanfragen holt man sich nicht mehr über Händeschütteln und Netzwerk?

Nein. Das meiste läuft heute über Online-Maßnahmen. Dieser Markt ist in den letzten Jahren explodiert. Für Unternehmen ist es mittlerweile gängig, zur Kundengewinnung Leads zu kaufen. 

Hast du ein Beispiel?

Nehmen wir Facebook. In deinem Feed werden immer wieder Werbeanzeigen zwischengeschaltet, wie zum Beispiel: Du hast ständig Knieschmerzen? Erfahre hier, wie Du sie in 60 Sekunden loswirst. Wenn du unter Knieschmerzen leidest, wirst du ziemlich sicher weiterklicken und in der weiteren Abfrage deine Daten hinterlassen. Im Optimalfall wird dir dann ein gutes Produkt, beispielsweise eine Orthese, empfohlen. Oder du kannst direkt Kontakt zu einem Vertrieb von Orthesen herstellen. Damit wurde ein Lead erzeugt, aus dem ein Kunde werden kann. 

Bis zum kaufbereiten Kunden ist es dennoch ein langer Weg. Warum?

Die Leads sind oft nur eine vage Ausbeute, wenn die Qualität schlecht ist. Um herauszufinden, wer wirklich interessant ist und wer nicht, müssen Unternehmen viel zusätzliche Zeit investieren. Wenn von 50 potenziellen Anfragen, die man sich auf welchem Weg auch immer beschafft hat, bei der Hälfte Emailadresse oder Telefonnummer falsch sind oder man sie nicht erreicht, dann sind sie natürlich nicht relevant. Das findet man leider häufig erst dann raus, wenn man drei, vier oder mehr Stunden Arbeit reingesteckt hat.

Frustrierend, wenn man aus 50 Adressen nur einen guten Kunden gewinnt. Was läuft da falsch?

Man kann sich das vorstellen wie bei einer Online-Partnerbörse. Wer sein Profil hochlädt, will den perfekten Match. Wenn aber die Technologie dahinter nicht gut genug ist, um punktgenau herauszufinden, wer zu wem passt, bekommt man Vorschläge, die dem Profil überhaupt nicht entsprechen. Was hier fehlt, ist eine Qualitätskontrolle, bevor die Leads angeboten werden.

Airlead prüft, ob der potenzielle Kunde, der seine Daten hinterlegt hat, auch wirklich das sucht, was das Unternehmen anbietet.

Unsere Vision ist es deshalb, einen Marktplatz zu bauen, der alle diejenigen, die Kundenanfragen generieren, mit ihren Kunden vernetzt. Wir sitzen quasi in der Mitte und sorgen für das Thema Qualität. Damit minimieren wir den Ausschuss und bekommen als Ergebnis Top-Leads. Wir lösen das Ganze technisch, aber auch telefonisch. Wir beschäftigen MitarbeiterInnen, die diese Leads vorher anrufen und die Relevanz abprüfen. Wir fragen im Gespräch, wo der Schuh drückt. So erhalten wir weitere Informationen, die den Wert des Kontakts deutlich erhöhen, weil das Unternehmen dann nur noch anrufen und beraten muss.

Da scheint noch richtig viel Luft nach oben …

Das große Problem ist: Der Markt ist sehr intransparent. Jede Agentur nimmt einen anderen Preis, hat eine andere Qualität, andere Bezahlungsmodelle, auch die Call-Center sind sehr unterschiedlich in Qualität und Preis. Unsere Vision ist deshalb nicht nur, die Matches miteinander zu vernetzen, sondern Lead-Generierung für Unternehmer einfacher und vor allem transparenter zu gestalten.

Transparenter heißt? 

Bei uns zahlst du pro Ergebnis. Das heißt, wenn du einen Lead bekommst, liefern wir dir auch die Information darüber, wie qualitätsvoll diese Art von Anfrage ist. Es gibt zum Beispiel Anfragen von Leuten, die erst noch stark überzeugt werden müssen. Und dann gibt es die anderen, die wollen am liebsten gleich morgen die Orthese haben, um bei unserem Knie-Beispiel zu bleiben. Ein anderer braucht noch etwas mehr Beratungsbedarf. Jemand mit Beratungsbedarf ist dann bei uns kostengünstiger als einer, der morgen kaufen will. Unternehmen zahlen für die Anfrage nur das, was die Anfrage auch wert ist. Diese Art von Transparenz gibt es so tatsächlich im Markt noch nicht.

Wie gut ist die Ausbeute an Leads mit Airlead bisher? 

Wir werfen von allem, was reinkommt, in der Regel erst mal 30 bis 40 Prozent raus. Das sind Menschen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, falsch eingetragen haben, keine Lust mehr haben oder die bereits woanders fündig geworden sind. Diese Arbeit nehmen wir Unternehmen ab. Mit dem, was dann noch übrig bleibt, haben wir eine Erfolgsquote von rund 80 Prozent.

Euer Verfahren ist noch an Manpower gebunden? Kommt noch KI dazu?

Ja, in Zukunft wollen wir das Manuelle runterfahren und mehr technisch über Customer Profiling lösen.

Habt ihr genug Kapital, um das Ganze zu finanzieren?

Wir beide haben vor einigen Jahren eine Marketing-Agentur gegründet. Wir sind jetzt schon lange im Geschäft und wissen, wenn etwas kein Geld abwirft, dann kannst du es gleich lassen. Wir haben also den Vertrieb für unser Produkt angekurbelt, hatten nach ein paar Wochen unterschriebene Verträge in der Tasche und dachten: Okay, das kann was werden. Dafür lohnt es sich dann auch, die Agentur aufzugeben. Als es dann aber darum ging, wie man das Ganze finanziert, haben wir angefangen, Möglichkeiten zu suchen, um an Kapital zu kommen. Da ist uns Nicolai aus dem CyberLab Accelerator auf einer Messe über den Weg gelaufen, und hat uns erzählt, dass sie Startups unterstützen.

Was habt ihr daraus an Erkenntnissen gewonnen?

Wir wollten wissen: Welche Kapitalhöhen sind interessant? Welches Kapital setzt man wann ein? Wann gibt man Konzepte ab? Wie macht man das strategisch richtig? Wann gibt man wie viel Prozent an wen ab? Was ist der Nachteil von VCs? Welches sind die Vor- und Nachteile von Business-Angels? Wir haben hier sehr viel mitnehmen können aus dem Lab und konnten viele wertvolle Kontakte knüpfen. Für uns hat es sich voll gelohnt.

Wichtig ist, die Erkenntnisse dann auch umzusetzen …

Das ist ein entscheidender Punkt. Man muss in Aktion kommen und was draus machen. Wir haben zum Beispiel mit einem VC-Berater gesprochen, der uns im Nachhinein gesagt hat, dass wir die Einzigen sind, die sich nach der Beratung bei ihm gemeldet haben. Das hat uns noch mal mehr klar gemacht, dass man schon auch die Initiative ergreifen muss. Er hat uns jetzt auch die Tür geöffnet zu spannenden VC-Anwälten. Das CyberLab ist eine ganz coole Möglichkeit, um mit den richtigen Menschen zu sprechen und weiterzukommen. Aber natürlich muss man als Gründer smart sein und die Chancen auch wahrnehmen.