Stress, Überforderung, Burnout – psychische Probleme sind in Unternehmen längst keine Ausnahme mehr. Trotzdem gibt es oft keine wirksame Unterstützung. Roxana Chilla von hellowecare will das ändern. Mit ihrer Plattform bringt sie Psycholog:innen in die Firmen – anonym, flexibel und bezahlbar. Im Gespräch mit Ariane Lindemann erzählt sie, warum das Thema so wichtig ist und wie sie mit einer genialen Idee zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt.
„Psychologen verdienen weniger als Praktikanten“
Wie bist du auf die Idee für deine Plattform gekommen?
Ich habe Psychologie studiert und danach die Weiterbildung zur Psychotherapeutin begonnen. Was viele nicht wissen: Diese Weiterbildung ist extrem teuer, bis zu 25.000 Euro, und man verdient in der Zeit kaum etwas. Ich hatte Kolleg:innen, die im Einzelhandel oder der Gastro gejobbt haben, um über die Runden zu kommen. Dabei tragen wir als angehende Psychotherapeut:innen oft schon in der Weiterbildung viel Verantwortung für eigene Patient:innen. Parallel habe ich aber auch gesehen, wie überlastet das psychotherapeutische System ist. Menschen warten oft Monate auf einen Therapieplatz – und dadurch wird die Symptomatik oft schlimmer. Da dachte ich mir: Das muss besser gehen.
„Das System hat Lücken – wir füllen sie“
Was macht ihr anders?
Wir bringen Psycholog:innen direkt in die Unternehmen. Mitarbeitende können Termine buchen, anonym und flexibel, ohne dass ihre Personalabteilung davon erfährt. Für Unternehmen ist das super günstig: Ein Beratungsgespräch kostet 40 Euro. Außerdem bieten wir Workshops und Präventionsmaßnahmen an. Uns ist wichtig, dass wir früh ansetzen – bevor jemand komplett ausfällt oder im Burnout landet.
„Wartezeiten gibt es bei uns nicht“
Aber wie schafft ihr es, schneller zu sein als das normale System?
Wir garantieren Termine innerhalb von 24 Stunden. Das geht, weil wir flexibel sind. Unser Team besteht aktuell aus 15 Psycholog:innen, die teilweise freiberuflich bei uns arbeiten. Viele sind selbst noch in der Weiterbildung und können sich über uns etwas dazuverdienen. Das ist für beide Seiten ein Gewinn: Wir bieten fairen Lohn, und sie können sich die Arbeitszeit anrechnen lassen. Außerdem ist bewiesen, dass vor allem frühzeitige Hilfe ein wesentlicher Faktor für eine schnelle Genesung ist.
„Unternehmen brauchen uns – sie wissen es nur manchmal noch nicht“
Manche Arbeitgeber denken sicher: „Private Probleme? Nicht mein Ding.“ Wie reagierst du darauf?
Viele Unternehmen sind sich der Kosten psychischer Erkrankungen nicht bewusst. Ein Krankheitstag wegen psychischer Probleme kostet ein Unternehmen etwa 400 Euro – und eine durchschnittliche Krankschreibung dauert 48 Tage. Rechne das mal hoch. Besonders spannend ist für viele der präventive Ansatz: Indem wir frühzeitig unterstützen, vermeiden wir langfristige Ausfälle und fördern eine positive Arbeitskultur. Zufriedene, gesunde Mitarbeitende sind produktiver und bleiben dem Unternehmen treu. Unser Angebot ist eine Investition in die Zukunft.
„Wir wollen psychische Gesundheit normalisieren“
Wie flexibel ist euer Stufenplan für Unternehmen in Bezug auf die Kosten?
Unser Stufenplan ist extrem flexibel und passt sich den Bedürfnissen jeder Unternehmensgröße an. Arbeitgeber können individuell entscheiden, wie viele Mitarbeitende Zugang zur Plattform erhalten sollen und welche Leistungen – wie Beratungsgespräche, Workshops oder Gefährdungsbeurteilungen – sie buchen möchten. Damit bieten wir für jedes Budget die passende Lösung, angefangen bei Paketen ab 200 Euro im Monat.
Wie anonym bleibt das Ganze wirklich?
Absolut anonym. Wir geben keine personenbezogenen Daten an die Unternehmen weiter. Die Mitarbeitenden buchen direkt über ihr Dashboard, und wir melden nur, wenn ein Kontingent aufgebraucht ist. Gerade diese Anonymität ist entscheidend, weil es immer noch viel Stigmatisierung gibt.
„Wir setzen auf Prävention – nicht nur auf Krisenhilfe“
Was macht euch als Team aus?
Wir sind sehr flexibel und nah an den Menschen dran. Unser Ziel ist es, nicht erst dann einzugreifen, wenn jemand fast zusammenbricht. Wir arbeiten präventiv, bieten Workshops und zeigen den Unternehmen, wie sie ihre Mitarbeitenden besser unterstützen können.
In Sachen Vertrieb habt ihr euch externe Unterstützung im CyberLab Accelerator gesucht. Was bringt euch die Teilnahme?
Der Austausch mit anderen Startups war Gold wert. Besonders in Vertrieb, Pitchen und Netzwerken haben wir uns enorm weiterentwickelt. Es war eine inspirierende Zeit, in der wir nicht nur wertvolle Skills gelernt, sondern auch spannende Kontakte geknüpft haben. Das Programm hat uns nicht nur vertrieblich, sondern auf vielen Ebenen vorangebracht – von betriebswirtschaftlichen Themen bis hin zu persönlichem Wachstum.
„Unsere Idee funktioniert – und wird gut angenommen“
Ihr arbeitet schon mit großen Partnern wie der AOK zusammen. Wie läuft das bisher?
Wir sind gerade in der Pilotphase mit der AOK und einem ihrer Partnerunternehmen. Die Zusammenarbeit läuft super, und wir sehen schon jetzt, wie gut unser Angebot von den Mitarbeitenden angenommen wird. Besonders zum Jahresende, wenn Stress oft zunimmt, merken wir einen deutlichen Anstieg bei den Beratungsgesprächen. Das zeigt uns, dass wir mit unserem Ansatz genau den richtigen Nerv treffen.
Und was sagt die AOK dazu?
Sie sind begeistert und überlegen, uns in ihr Portfolio aufzunehmen. Das wäre ein großer Schritt für uns, denn damit könnten wir noch mehr Unternehmen erreichen und zeigen, wie wichtig Prävention und schnelle Hilfe sind.
Dieser Artikel wurde in Kooperation mit dem CyberLab Karlsruhe erstellt. Das CyberLab ist die zentrale Anlaufstelle für Startups und Gründungsinteressierte im IT-Bereich.
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