Was genau sollten Startups beachten, wo genau können Investoren Gründer*innen bei ihrer Arbeit unterstützen und welche Themen werden immer mehr an Bedeutung gewinnen.
10 Praxistipps für Startups
1. Fokussierung eigener Produktlösungen, statt auf vorgefertigte Geschäftsideen zu vertrauen
Für den langfristigen Erfolg ist es besonders wichtig, bei der Produktanpassung auf die sich entwickelnden Marktbedürfnisse zu konzentrieren. Damit das Produkt relevant bleibt, sollte regelmäßig Kundenfeedback eingeholt und erforderliche Verbesserungen vorgenommen werden. Ein Paradebeispiel aus der Praxis ist Airbnb. Ursprünglich als einfache Zimmervermittlungsplattform gedacht, wurde schnell das Potenzial erkannt, um ein noch viel größeres Marktproblem lösen zu können: die Möglichkeit für Reisende, einzigartige Unterkünfte zu finden und zu buchen. Damit ein solcher Umbau gelingt, steht als erstes der Aufbau eines robusten, skalierbaren Geschäftsmodells im Fokus. Zur Sicherstellung dessen müssen Gründer*innen auf kontrolliertes Wachstum und Anpassungsfähigkeit statt auf schnelle Expansion setzen. Effiziente Prozessführung, straffe Abläufe und eine flexible Organisationsstruktur bilden dafür ein starkes Fundament. Einen erheblichen Nutzen generieren Startups zudem, wenn sie eine datengestützte Kultur so in ihrem Unternehmen etablieren, dass sich ihre Mitarbeiter umfassend damit vertraut machen. Speziell datengesteuerte Analysen und Vorgänge optimieren nicht nur Geschäftsentscheidungen, sondern treiben sowohl Prozesse als auch neue Innovationsmöglichkeiten voran.
2. Step-by-step die Unternehmensentwicklung steuern
Schwerpunkt für Gründer*innen liegt zunächst in der Identifikation und Formulierung der Marktproblematik. Für die dann folgende Bedarfsanalyse können Vorgehensweisen wie der IST-Prozess hilfreich sein, da dieser eine gute Grundlage für die Entwicklung eines Minimum Viable Product (MVP) bildet. Ziel des MVP ist es, die ersten Kunden zu erreichen und ihr Feedback einzuholen. Erst wenn mittels eines Nachweises ein deutlicher Mehrwert für die Zielgruppe und eine effektive Go-to-Market-Strategie (GTM) erkennbar sind, kann man einen breiteren Kundenkreis adressieren. Schrittweise erkunden Gründer*innen somit ihren Weg und führen abschließend eine fundierte Marktanalyse durch, um das Potenzial ihrer Idee und die Zielgruppe besser zu verstehen. Airbnb hat hier erfolgreich eine Marktlücke gefunden, indem es die Bedürfnisse von Reisenden nach alternativen und erschwinglichen Übernachtungsmöglichkeiten erfüllt.
3. Stets im Blick behalten: Die Relevanz und Dynamik des Kernteams
Eine der größten Herausforderungen für ein Startup ist die sorgfältige Auswahl des geeigneten Teams. In der Frühphase eines Startups kommt es darauf an, keine Kompromisse einzugehen und eine kompetente Mannschaft zusammenzustellen. Dies gilt vor allem für Schlüsselpositionen wie CTO, CFO und Projektmanager*in. Das Team muss über die richtigen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, sowohl im technischen als auch im wirtschaftlichen Bereich. Im besten Fall ergänzen sich die Fachbereiche der Gründer*innen und überschneiden sich nicht.
Aber auch Mitarbeiter*innen tragen ihre eigenen Vorstellungen mit in das Unternehmen, und erwarten von ihren Arbeitgebern Freiheit, Vertrauen, Verantwortung, flexible Arbeitszeiten und -orte, faire Entlohnung, individuelle Weiterbildungsmöglichkeiten und angemessene Arbeitsausrüstung. Startups, die diese Bedürfnisse und Wünsche erfüllen, fördern den Aufbau und Erhalt einer gesunden Unternehmenskultur, die von allen Teammitgliedern geschätzt und weiterempfohlen wird. Weitere Benefits wie Fitnessstudio-Abos, kontinuierliche Schulungsprogramme, die Bezuschussung oder die Übernahme von Fahrtkosten sind sicher nicht verkehrt, aber der Obstkorb oder freie Getränke sind passé und kein ausschlaggebendes Argument mehr.
4. Leader statt Boss: Zusammenarbeit und Vertrauen stärkt die moderne Führungskultur
Gründer*innen schöpfen aus einem Führungsstil, der auf Transparenz und Konsistenz setzt. Eine offene Kommunikation, aktives Zuhören und die Bereitschaft zum Dialog fördern die Eigeninitiative und das Engagement der Mitarbeiter*innen. Insbesondere den Führungsverantwortlichen obliegt es, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das auf Vertrauen und Stabilität aufbaut, indem diese eine „Wir“-Mentalität fördern, für psychologische Sicherheit sorgen und in ihrem Verhalten berechenbar erscheinen. Unternehmerischer Erfolg erfordert kontinuierliches Lernen, Anpassungsfähigkeit und Zusammenarbeit. Daneben verbessern essenzielle Führungsqualitäten der modernen Arbeitswelt wie die Entwicklung von Fähigkeiten, ethischen Werten, Teamgeist und strategischem Denken nachweislich die Zusammenarbeit.
Google, der US-Technologiegigant, lebt diese Führungskultur mit flachen Hierarchien vor. Die dortigen Führungskräfte verstehen sich als Coaches, die ihre Mitarbeiter*innen unterstützen. Sie werden von ihren Teamleiter*innen ermutigt, Zeit für eigene Projekte zu nutzen und arbeiten in einem kreativen Umfeld, das sie motiviert und inspiriert.
5. Ein erfolgreiches Pitchdeck will gut vorbereitet und strukturiert sein
Startend mit einem Intro, deckt ein exzellent ausgearbeitetes Pitchdeck die fünf wesentlichen Fragen ab: Was macht man, warum macht man es, wie macht man es, wo will man hin und wie kommt man dorthin? In Pitches muss das Problem, die Lösung, der USP sofort erkennbar sein. Die Decks sollten spezifisch sein, was genau löst das Kundenproblem und warum ist es besser als das Wettbewerbsprodukt und wie wird damit Geld verdient. Nicht zu vergessen ist, dass Gründer*innen in ihrer Präsentation auch weitere potenzielle Fragen zu ihrem Vorhaben beantworten können. Diese orientieren sich unter anderem an Aspekten wie Wachstumspotenzial, wichtige Meilensteine und Ziele, Break-even-Analyse, Umgang mit Risiken und der Nachhaltigkeit des Unternehmens. Prinzipiell muss gewährleistet sein, dass der Kapitaleinsatz das Wachstum des Startups beschleunigt, beziehungsweise stabilisiert und dass es den Investorenerwartungen entspricht, die mindestens mit dem Dreifachen ihres Kapitals als Return rechnen.
6. Fundraising als Chance wahrnehmen, gemeinsam in eine Vision zu investieren
Als Startup gilt es, den Wert des eigenen Produkts oder Dienstleistung zu kommunizieren und das Potenzial zu zeigen, konkrete Probleme zu lösen und einen bestimmten Bedarf auf dem Markt zu decken. Fundraising ist die Chance, die eigene Idee mit anderen zu teilen und diese dafür zu begeistern, sich daran zu beteiligen. Der konsequente und regelmäßige Investorenaustausch eröffnet Gründer*innen die Möglichkeit, ein Netzwerk von Unterstützern aufzubauen, die dem Startup helfen können, weiter zu wachsen. Startups brauchen heute dringender denn je diesen direkten Zugang zu erfahrenen Experten und einem globalen Netzwerk. Der enge Kontakt gestattet eine realistische Einschätzung des Status quo und des Zukunftspotenzials. Denn Fundraising bedeutet, eine Chance zu teilen und nicht um Wohltätigkeit zu bitten.
7. Erfolg beginnt mit der richtigen Priorisierung
Erfolge entstehen nicht aus Zufall, sondern durch bewusste Entscheidungen und gezielte Priorisierungen. Um ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen, müssen Gründer*innen klare Prioritäten setzen und sich auf die Bedürfnisse ihrer Kund*innen und das Marktproblem konzentrieren. Durch ständige Kommunikation mit den Kunden*innen und das Sammeln von Feedback können Gründer*innen sicherstellen, dass sie die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe verstehen und Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die diesen Bedürfnissen entsprechen.
Tesla erkannte zum Beispiel das Nischenpotenzial des Elektroautomarktes sowie die zahlreichen Bedenken bezüglich der Leistung, Reichweite und Langlebigkeit von Elektrofahrzeugen. Als Konsequenz entwickelt das Unternehmen Elektrofahrzeuge, die dem Komfort und der Leistung von Benzin- und Dieselautos entsprechen.
Für einen maximalen Erfolg ist es für Gründer*innen essenziell, die Ressourcen sinnvoll einzusetzen und die Bereiche zu priorisieren, die den größten Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens haben. Um beim Beispiel von Tesla zu bleiben: Das Unternehmen berücksichtigt nicht nur die Kundenbedürfnisse bei der Entwicklung seiner Produkte. Der begrenzten Reichweite von Elektrofahrzeugen begegnete Tesla auch damit, eine schnelle Lademöglichkeit über ein Netzwerk von Supercharger-Ladestationen anzubieten.
Klare Prioritäten zu setzen bedingt immer auch, dass Gründer*innen flexibel und anpassungsfähig sein müssen. Ja, Unternehmen müssen sich sogar weiterentwickeln können, um den wechselnden Anforderungen des Marktes gerecht werden zu können. Der Fokus von Tesla fußt auf der flexiblen Entwicklung von Elektrofahrzeugen und konzentriert parallel auf die kontinuierliche Verbesserung der Batterietechnologie.
8. Ziele nicht aus den Augen verlieren
Klar definierte und messbare Ziele sind unerlässlich für Startups, um den Strategieerfolg zu bewerten und Ressourcenverschwendung zu vermeiden. Eine effiziente Ressourcenallokation und über die Zeit auch eine bessere Visibilität der Fortschritte sind nur mit Fokussierung möglich. Wer jedoch andererseits zu starr und unflexibel agiert, wird es schwer haben, sich an neue Herausforderungen und veränderte Marktbedingungen anzupassen. Tesla war zum Beispiel auch gezwungen, in die eigene Batterieherstellung zu investieren, weil es keine geeigneten Batterien für Elektrofahrzeuge gab. Erst mit der Entwicklung eigener Batterien konnte das Unternehmen die Reichweite der Elektrofahrzeuge erhöhen. Neben zufriedeneren Kund*innen hat dies dazu beigetragen, dass sich Tesla als Technologieführer im Bereich Elektromobilität positionieren konnte.
9. Die Krisen als Chance nutzen: Innovative Ideen werden mehr denn je gebraucht
Aktuelle Herausforderungen wie Krieg, Inflation, Verlust des Vertrauens in Banken, fortlaufende Lieferkettenprobleme oder die Klimakrise fordern junge Unternehmen und ihre Gründer*innen, die richtigen Antworten zu finden. Dazu gehören beispielsweise auch die Suche nach konkreten Alternativlösungen zur Emissionsreduktion, um den hohen CO2-Fußabdruck bei der Lebensmittelproduktion anzugehen. Jede Krise kann also immer auch eine Chance sein. Dem Onlineversender Zalando gelang es während der Pandemie, eine Partnerschaft mit lokalen Geschäften auszubauen, um diesen bei der Vermarktung ihrer Produkte zu helfen und gleichzeitig die eigene Plattform zu erweitern. Durch diese Initiative konnte Zalando seine Präsenz in den lokalen Märkten ausbauen und dazu beizutragen, dass kleinere Unternehmen in der Krise bestehen können – inklusive des schönen Nebeneffekts von einer Umsatzsteigerung um 30% auf 10,7 Mrd. Euro in 2020. Nachhaltigkeitspraktiken und -ziele in Geschäftsmodellen, die eine klare Vision und Umsetzungsstrategie beinhalten, werden immer öfter bevorzugt. Investor*innen sind heute aktiver denn je bei der Unterstützung.
10. Themenpotenziale für Gründer*innen sind schier unendlich
Das gesamte FoodTech-Segment, von der Produktion oder dem Anbau von Lebensmitteln bis hin zum Konsum, über Transport, Nachverfolgung, Lagerung und Verkauf, gewinnt immer mehr an Bedeutung. So wird in landwirtschaftlichen Betrieben nach Lösungen gesucht, Wasser einzusparen oder Nahrungsmittel zu produzieren, die keine ökologischen Nachteile für die Umwelt verursachen. Potenzial bietet auch die Telemedizin (MedTech), sie ist eine effektive Lösung für die Herausforderungen der Gesundheitsversorgung – insbesondere in ländlichen, unterversorgten Gebieten. Neue und effizientere Technologien in den Bereichen Solar, Wind und Wasserstoff bieten gute Wachstumschancen gerade für junge Unternehmen. Neue und effizientere Technologien in den Bereichen Solar, Wind und Wasserstoff bieten hervorragende Chancen für Disruption.