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In den USA ist Revenue-Based Financing seit vielen Jahren etabliert, nun kommt diese nicht-verwässernde Art der Wachstumsfinanzierung auch nach Deutschland. Somit ist die Eigenkapitalfinanzierung, also das Verkaufen von Unternehmensanteilen an Investoren, nicht mehr der einzige Weg für Startups und Wachstumsunternehmen, um Kapital einzuwerben.

Finanzierung durch Eigenkapital, insbesondere Venture Capital, verhelfen vielen Unternehmen zu großen Erfolgen, gerade bei großem Kapitalbedarf. Sie hat jedoch drei große Nachteile: Erstens verlieren Unternehmer*innen einen Teil der Kontrolle über ihr Unternehmen an die neuen Gesellschafter. Zweitens muss im Falle eines Unternehmensverkaufs ein entsprechend großer Teil der Verkaufserlöse an die Investoren abgegeben werden. Und schließlich ist der Prozess der Finanzierung häufig aufwendig.

Bis vor kurzer Zeit war die traditionelle Bank die bedeutendste Quelle für nicht-verwässernde Finanzierungen, bei denen man also keine Unternehmensanteile abgibt. Jedoch steht diese Quelle meist nur großen und etablierten Unternehmen zur Verfügung. Darüber hinaus ist die Zusammenarbeit zwischen Banken und sich dynamisch entwickelnden jungen Unternehmen häufig auch eine echte Herausforderung.

Ausgehend von Nordamerika etabliert sich seit Kurzem Revenue-Based Financing (RBF) auch in Europa. Für junge Unternehmen gibt es nun eine reale Alternative oder Ergänzung zur Eigenkapitalfinanzierung. Es müssen also nicht immer Anteile verkauft werden, um Wachstumskapital einzusammeln.

So funktioniert RBF

Im Gegenzug für ein Investment erhält der RBF-Investor eine kleine prozentuale Beteiligung an den Umsätzen des finanzierten Unternehmens. Diese Umsatzbeteiligung läuft solange bis eine im Vorhinein vereinbarte maximale Rückzahlung erreicht ist. Das Unternehmen erhält also ein Investment und gibt dafür anstelle von Anteilen für einen gewissen Zeitraum einen kleinen Teil der monatlichen Umsätze ab. Die Höhe der laufenden Rückzahlungen ist also flexibel und hängt von der Umsatz-Performance des Unternehmens ab. Wichtig ist dabei, dass das zu finanzierende Unternehmen zum Zeitpunkt der Finanzierung bereits belastbare, wachsende Umsätze vorweisen kann.

Es gibt unterschiedliche Formen von RBF

Der Finanzierungszeitraum und die Verwendung der Finanzierung sind wichtige Kriterien, um RBF-Angebote und -Investoren und unterscheiden. Zwei grobe Kategorien kristallisieren sich heraus, die unterschiedliche Use Cases bedienen:

  • Kurzfristige, kleine RBF-Investments von automatisierten FinTechs. Diese Investments eignen sich insbesondere zur Finanzierung von Working Capital, saisonalen Verkaufsspitzen oder als Factoring einzelner Kundenverträge. Sie müssen meist in wenigen Wochen bis einem Jahr zurückgezahlt werden. Die Finanzierungsvolumina sind häufig eher klein: 1-3 Monatsumsätze, fast immer 5- oder 6-stellig.
  • Langfristige, größere RBF-Wachstumsinvestments durch Venture-Investoren. Diese Investments sind größer: 6 oder mehr Monatsumsätze, meistens 7-stellig. Sie decken üblicherweise die gesamten Kosten eines Unternehmens für ein Jahr oder länger und eignen sich so, um langfristig in Wachstum zu investieren. Die Rückzahlung läuft über bis zu 5 Jahre und kann so den Cash-Abfluss in der entscheidenden Anfangsphase gering halten. Diese Art von RBF hat mehr den Charakter einer langfristigen Partnerschaft. Auch wenn sie nicht Gesellschafter werden, können RBF-Wachstumsinvestoren, ähnlich wie klassische Venture Capital-Investoren, ihr Netzwerk, Coaches und signifikante Folgefinanzierungen anbieten.

Oft wird RBF fälschlicherweise mit Venture Debt verwechselt. Im Gegensatz zu RBF wird Venture Debt hauptsächlich in Kombination mit einer Eigenkapitalfinanzierung eingesetzt und beinhaltet außerdem meistens selbst eine Option auf Anteile, den „Warrant“. Venture Debt ist also keine Alternative, sondern eine Erweiterung der Eigenkapitalfinanzierung.

RBF kann vielfältig eingesetzt werden

Da RBF ausschließlich auf eine Umsatzbeteiligung setzt, ist die Finanzierungsform auch für solche Unternehmen interessant, die sich nicht auf dem „klassischen Venture Capital-Pfad“ befinden oder keinen Exit anstreben.

Für Venture Capital-finanzierte Unternehmen kann RBF auch eine sinnvolle Ergänzung sein. Beispielsweise zwischen zwei Finanzierungsrunden als nicht-verwässernde Alternative, um die nächste Eigenkapitalfinanzierung hinauszuschieben, und um deren Konditionen zu optimieren. Oder in Kombination mit Eigenkapitalfinanzierung um das verfügbare Wachstumskapital zu maximieren ohne maximal zu verwässern.

Eine wichtige Option für Unternehmer*nnen

Angebot und Nachfrage für RBF wachsen schnell. Sowohl große Fonds aus den USA als auch FinTechs bringen diese Finanzierungsform voran und differenzieren das Angebot weiter aus. Das sind gute Nachrichten für Unternehmer*innen, Geschäftsführer*innen und Gesellschafter*innen in Deutschland und Europa, die von einem reiferen Ökosystem und wachsenden Möglichkeiten der Finanzierung profitiert. RBF sorgt für weitere Optionen, denn es ermöglicht Unternehmen das richtige Kapital zum richtigen Zeitpunkt zu wählen.