Hans, der böse Biergartenbesitzer, schert sich nicht um schädliche Zusatzstoffe in seinen Gerichten. Zur Strafe wird sein Restaurant unter Wasser gesetzt. Von Stewy, seinem ernährungsbewussten Widersacher, der ihm den ungesunden Fraß natürlich nicht durchgehen lässt. Mit dem Cooking Battle Game von Bloom Studios steigt nicht nur die Zockerlaune. Ganz nebenbei inspiriert es auch junge Leute, sich mit gesunder Ernährung auseinanderzusetzen. Für diese Idee gab‘s kürzlich den Game Together Award von Ubisoft.
Ariane Lindemann sprach mit dem 6-er-Team von Bloom Studios über den Learning by Gaming-Ansatz von „Ominous Stew“.
Ihr seid alle leidenschaftliche Gamer. Aber Gaming allein reicht euch nicht …
Naja, genau genommen ist es ja so, dass du in einem Spiel meistens „nur“ bestimmte Level schaffst. Machst du den Rechner aus war‘s das. Für das richtige Leben bringt es dir außer vielleicht ein paar Reflexe wenig. Wenn du ein Buch liest, hast du wahrscheinlich mehr fürs Leben gelernt. Genau das wollen wir mit Videospielen machen: Spaß bringen und gleichzeitig Wissen vermitteln. Wir wollen junge Leute spielerisch überzeugen, dass gesunde Ernährung gut ist.
Diesen Gedanken habt ihr in einem Cooking Battle Game umgesetzt.
In unserem kompetitiven Lernspiel Ominous Stew erlernt man die Grundlagen einer gesunden Ernährung. Man erfährt spielerisch, welche Nährstoffe einzelne Zutaten haben. Damit hat man eine gute Basis für eine gesunde und ausgewogene Ernährung.
Wer spielt gegen wen?
Das Spielprinzip ist folgendes: Du hast ein Restaurant und dein Gegner hat auch eins. Beide bekriegen sich untereinander, denn es geht immer darum, wer aus ernährungstechnischer Sicht besser ist. Da ist zum Beispiel Hans, der böse Biergartenbesitzer, der sein Essen mit ganz vielen Zusatzstoffen vollpumpt, die nicht gesund sind. Und da ist Stewy, der mit gesunden Zutaten versucht, Hans eines Besseren zu belehren.
Welche Kochkünste brauche ich?
Gar keine, denn es muss nicht unbedingt schmecken, sondern einfach nur gesund sein. Du läufst in der Spielrunde durch ein Restaurant, sprichst die Gäste an, aber sie bestellen nichts. Dann stellst du in der Küche ein Gericht für sie zusammen. Da kannst du alles Mögliche in einen Topf werfen. Worauf es ankommt, sind lediglich die Nährstoffe.
Wie schlage ich meinen Gegner?
Du erfragst im Gespräch Alter, Körpergewicht und Größe. Basierend auf diesen Angaben stellst du deinen „Eintopf“ zusammen. Je gesünder und je besser das Gericht auf den Kunden passt, desto mehr Punkte bekommst du und desto höher steigt das Ansehen des Restaurants – was wiederum hilft, die Runde zu gewinnen.
Drumherum passiert allerlei witziger Stuff …
Ja, man kann das Restaurant des Gegners unter Wasser setzen, damit der erst mal Rohre reparieren muss, weil er sonst nicht vorwärtskommt. Oder es gibt Stromausfälle, die zu beheben sind. Ein Suppendrache sorgt beim Gegner für Chaos, das der erst mal beseitigen muss, bevor er weiterkommt. Das ist alles ziemlich actionreich und da ist auch noch einiges geplant.
Ihr wollt junge Leute erreichen?
Ja, und auf jeden Fall Leute, die sich zum ersten Mal mit Ernährung auseinandersetzen. Sei es, weil sie zuhause mal Papa beim Kochen über die Schulter gucken oder weil sie anfangen zu studieren und jetzt in der WG selber kochen müssen. Dann hilft es natürlich, Wissen aufzubauen, noch bevor man irgendwann fest eingefahren ist in den Gerichten, die man sich gerne kocht.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Wir kennen uns alle aus dem Masterstudium Medien- und Spielekonzeption in Sachsen-Anhalt an der Hochschule Haar. Wir haben uns als Freundesgruppe kennengelernt und haben dann irgendwann gemerkt, dass wir zusammen sämtliche Fähigkeiten besitzen, die es braucht, um ein Videospiel herzustellen. Angefangen hat das Ganze dann in einem Studienprojekt. Unser Master-Studiengang ist sehr frei gestaltet. Daraus ist Ominous Stew geboren. An Gründen hatten wir damals noch nicht gedacht. Es war unser Testprojekt und Ende des Semesters haben wir gesagt: Okay, das klappt, das Spiel ist gut, es funktioniert, wir machen das weiter und gründen.
Welchen Background habt ihr, um ein Lernmedium zu entwickeln?
Alex und ich setzen uns schon seit Jahren mit dem Thema Lernen auseinander. Ich habe Technische Redaktion studiert, das heißt, Anleitungen schreiben und Lernmedien herstellen. Wir haben hier eine gewisse Expertise und haben auch schon länger festgestellt, dass es im Bereich der Lernmedien noch viel zu tun gibt. Gerade im Bereich Spiele wird das Potenzial auf dem Konsumentenmarkt noch überhaupt nicht genutzt. In diese Lücke wollen wir rein und Vorreiter werden.
Kann ich Ominous Stew schon spielen?
Noch nicht. Wir haben gerade den Prototyp entwickelt, der noch in einer sehr frühen Phase steckt. Aber große Teile des Konzepts stehen und wir haben den spielbaren Prototyp auch schon auf Messen präsentiert. Erst kürzlich haben wir den Game together Award von Ubisoft, einem der größten Spielepublisher der Welt, gewonnen. Das ist ein Award für Prototypen von Studierenden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Spinat hat gar nicht so viel Eisen, wie man denkt. Eine Erkenntnis, die in eurem Game vorkommt. Wo habt ihr das Ernährungs-Wissen her?
Den Lerninhalt und damit die Recherche zu den Ernährungsthemen hat Dorian übernommen. Außerdem haben wir dann alle Kontakte genutzt, die wir hatten. Eine Bekannte, die Ernährungsberatung studierte, hat uns damals sehr unterstützt.
Wie sieht es mit eurer eigenen Ernährung aus?
Das Game sorgt auch bei uns für sehr viel Inspiration. Wir haben schon vieles gelernt, was wir vorher nicht wussten, und bauen das eine oder andere Lebensmittel jetzt ganz anders in unseren Speiseplan ein.
Wenn das Spiel einschlägt, werdet ihr die Idee auf andere Themen adaptieren?
Ja, der Grundgedanke ist, dass wir uns mit der Zeit ein Portfolio an verschiedenen Spielen aufbauen mit ganz unterschiedlichen Themen. Was unweigerlich ein ganz großes Thema sein wird, ist das Thema Umwelt und Umweltschutz. Da bietet es sich natürlich sehr gut an, ein Spiel zu entwickeln. Aber generell ist die Bandbreite sehr groß. Von physikalischen, chemischen, biologischen Themen bis hin zu: „Wie mache ich meine Steuererklärung?“ ist da alles möglich.
Wer denkt sich die Geschichten aus?
Jonas macht bei uns das ganze Storytelling. Er sitzt seit einigen Monaten in seinem Kämmerchen und feilt an der Geschichte. Was wir schon wissen: Die Götter haben den Menschen und den Tieren vor tausenden von Jahren „Foodji-Energie“ gegeben, die entsteht, wenn man kocht …
Warum heißt das Game Ominous Stew?
Ominöser Eintopf. Die Kernspielmechanik ist das Zusammenstellen der Gerichte. Weil ich in den Topf alles reinwerfen kann, kommen keine realen Gerichte heraus, sondern eher obskure Kreationen.
Ihr seid alles Gamer. Betriebswirtschaftliches Know-how fehlte total. Das habt ihr euch im CyberLab Accelerator geholt …
Ganz großes Thema. Weil wir alle Gamer und Game-Macher sind, haben wir tatsächlich keinen Betriebswirtschaftler im Team. Das heißt, alles, was dazugehört, um eine Firma aufzubauen, das müssen wir uns extern reinholen. Da ist das CyberLab ein sehr, sehr guter Ansprechpartner. Aber nicht nur das. Was uns extrem geholfen hat, war das Netzwerk. Dadurch haben wir Leute an der Hand, die wir fragen können, wenn wir bei Rechtsthemen oder mit anderen Anliegen, nicht weiterkommen. Wir bekamen von dort auch schon sehr gute Kontakte aus der Gaming-Branche in Karlsruhe. Das hilft alles extrem weiter.
Welches war die härteste Nuss?
Das kritischste Thema bei uns ist das Team. Wir sind sechs Leute mit sehr unterschiedlichen Herangehensweisen und Denkweisen. Das ist zwar ein großer Vorteil, wenn man ein Spiel entwickeln will, denn da muss man alle möglichen Variablen bedenken. Aber in der Arbeitsweise ist es natürlich schwierig, wenn der eine eher dynamisch, frei, ohne Strukturen nachts um drei arbeiten möchte und ein anderer am liebsten einen minutengenauen Zeitplan hat und der Nine-to-Five-Typ ist. Das muss man alles unter einen Hut bekommen. Und man muss Meinungsverschiedenheiten klären. Das heißt, man muss alles so konstruieren, dass alle so arbeiten können, wie es für sie am besten ist. Das war für uns bis jetzt die größte Herausforderung. Aber die meistern wir inzwischen ganz gut, indem wir sehr viel miteinander sprechen und sehr ehrlich miteinander sind. Unsere Erfahrung hat gezeigt: Tatsächlich geht die Teamfähigkeit auch über die praktische Fähigkeit. Das Team muss passen und gut zusammenarbeiten, sonst kannst du hier sechs Genies sitzen haben, aber es wird nichts dabei herauskommen.
Habt ihr Mädels im Team?
Ja, eins! Die Gaming-Branche ist tatsächlich immer noch eine Männer-Domäne. Aber sie wandelt sich langsam.
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