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Um Kunststoffgranulate aufzutreiben, muss Einkäufer Fabian Bauer täglich Portale durchforsten. Ganz schön stressig und zeitaufwendig. Denn die aktuelle Liefersituation auf dem Kunststoffmarkt ist bei fast allen Polymeren extrem angespannt. Seine regulären Lieferanten können oft nicht in der richtigen Menge oder nicht rechtzeitig liefern. Was dann? Checkplast Buddy, ein digitaler Kollege, löst das Problem. Er übernimmt die Suche und verschickt innerhalb weniger Minuten eine Liste mit Händlern, die das passende Granulat liefern können. Mit einer simplen E-Mail-Lösung sorgt das Startup-Team von your digital buddy damit für einen Gamechanger im Kunststoff-Sourcing.

Co-Founder Manuel Roth spricht im Gespräch mit Ariane Lindemann über diese ziemlich geniale Idee und über Gründen im Nebenberuf.

Was ist an der Beschaffung von Kunststoffgranulaten so schwierig?

Aufgrund der aktuellen Lieferketten-Schwierigkeiten ist es nicht ganz einfach, an die benötigten Materialien heranzukommen. Manche Produkte bekommt man natürlich relativ einfach bei seinem Standardlieferanten. Aber es kann durchaus vorkommen, dass ein bestimmtes Polymer dort nicht mehr zur Verfügung steht oder die Abnahmemenge nicht passt. Dann muss ich schauen, wo ich das kurzfristig herkriege. Es gibt einige Händler, die Restpostenbestände anbieten, aber diese Recherche ist manuell und damit sehr zeitaufwendig, weil man unzählige Portale durchsuchen muss. Ein Einkäufer erzählte uns kürzlich, dass er 30 Tonnen eines Granulats auf dem Hof stehen hat, von dem er lediglich 500 Kilo gebraucht hat, aber er konnte es nicht in kleineren Mengen bestellen. Da wollen wir einfach eine Alternative bieten.

Euer Checkplast Buddy soll zum unverzichtbaren Freund für EinkäuferInnen werden … 

Statt unzählige Portale zu durchsuchen, könnte man in der Zeit erfolgreiche Verhandlungen führen und sich um Lieferantenbeziehungen kümmern. Deshalb haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, die Suche nach Kunststoffgranulaten zu vereinfachen und haben die Buddies entwickelt, digitale Kollegen, die einem diese repetitive Arbeit, die meistens lästig ist und aufhält, abnehmen.

Das Problem der Recherche wird mit nur einer E-Mail gelöst?

Richtig. Nehmen wir mal an, du brauchst den Kunststoff „Durethan“. Dann schickst du deinem Buddy einfach eine E-Mail und bekommst innerhalb von ein paar Minuten die Rechercheergebnisse zurück, welcher Händler aktuell noch Durethan in der entsprechenden Qualitätsstufe, Farbe und Menge anbietet.

Simpler geht es ja eigentlich gar nicht …

Es war uns relativ schnell klar, dass wir versuchen müssen, die Eintrittsbarriere dieses Tools so einfach wie möglich zu machen. Deshalb haben wir uns ganz bewusst gegen eine Webseite oder ein Portal entschieden, sondern wir setzen die Digitalisierung an der Stelle an, die die Mitarbeiter sowieso schon kennen, denn jeder arbeitet heutzutage mit einem Mailprogramm. Total einfach.

Wie bindet ihr die Händler an? 

Wir holen die Informationen per Webcrawling direkt von der Seite des Händlers ab.

Da fallen dann aber all diejenigen durch, die ihre Bestände nicht auf der Webseite abbilden? 

Das stimmt, aber wir greifen zunächst auf die öffentlich verfügbaren Informationen zu. Es gibt auch andere Einbindungsmöglichkeiten. Wir könnten auch ohne Probleme Excel-Bestandslisten verarbeiten, wenn wir diese haben. Das lässt sich in einem zweiten Schritt entsprechend erweitern.

Wer sind eure Kunden? 

Unsere zukünftigen Kunden sind in erster Linie Spritzgussunternehmen. Dort werden die meisten Kunststoffgranulate eingesetzt.

Warum ausgerechnet Kunststoffgranulat?

Unser Mitgründer Fabian arbeitet seit vielen Jahren im Kunststoffgranulat-Einkauf. Er hatte eben genau dieses Problem, dass er jeden Tag mindestens eine halbe oder eine ganze Stunde damit verbracht hat, diese Granulate zu bekommen. Er und Tobi, einer unserer Mitgründer kannten sich schon von früher. Tobi brachte mich mit ins Boot. Gemeinsam haben wir dann einfach mal probiert, da etwas zu entwickeln.

Was mit Kunststoffgranulaten geht, funktioniert sicher auch mit anderen Produkten? 

Schritt eins ist jetzt zunächst, zu verifizieren, ob das Ganze am Beispiel Kunststoffgranulat/Polymere funktioniert. Hier haben wir durch Fabian das Branchen-Know-how im Team. Danach kann man sich überlegen, welche weitere Märkte man angehen kann. Da gibt es mehrere Bestrebungen. Der nächste Schritt könnten Elektroteile oder Rohre sein. Auch diese Produkte sind im Einkauf alles andere als leicht zu beschaffen. Wir hatten auch schon Ideen für den Bereich Personal, wo es um die Suche nach geeigneten Kandidaten für Stellenausschreibungen geht.

Your digital buddy läuft nebenberuflich für euch alle drei. Was macht ihr hauptberuflich? 

Ich bin Teamleiter bei einem Finanzdienstleister. Dort habe ich ein kleines Entwicklerteam, mit dem ich hauptsächlich Proof of Concepts baue. Fabian ist nach wie vor im Einkauf tätig und und Tobi ist im Hauptberuf Entwickler.

Wenn andere abends auf der Couch sitzen, geht es bei euch in die zweite Runde, richtig? 

Tatsächlich haben wir bisher überwiegend in den Abendstunden und am Wochenende gearbeitet. Tobias und ich sind jetzt seit kurzem auf Teilzeit umgestiegen, um uns noch mehr mit your digital buddy beschäftigen zu können. Sonst kommen wir einfach nicht so schnell weiter. Wir haben bei unserer Akquisetätigkeit eine Rücklaufquote von fast 20 Prozent, was sehr gut ist. Das zeigt uns: Pain und Interesse sind groß. Jetzt müssen wir eine gute Conversion hinbekommen. Und dafür brauchen wir zeitliche Ressourcen.

„Wenn man sich mit dem eigenen Geschäftsmodell beschäftigt, dann klingt das immer total toll und stimmig. Im CyberLab wird man da ganz schön geerdet. Nach dem Motto: Überlegt euch vielleicht noch mal genau, ob das so auch wirklich funktionieren kann.“

Du bist schon längere Zeit Mentor im CyberLab. Jetzt habt ihr selbst am IT-Accelerator Programm teilgenommen.

Weil ich schon mehrere Jahre als Mentor im CyberLab unterwegs bin, kannte ich Teile des Programms. Ich wusste, dass es sehr viele spannende Themen beinhaltet. Von den Kontakten, die man dort knüpfen kann, mal ganz abgesehen.

Was hat es euch gebracht?

Wenn man sich mit dem eigenen Geschäftsmodell beschäftigt, dann klingt das immer total toll und stimmig. Im CyberLab wird man da ganz schön geerdet. Nach dem Motto: Überlegt euch vielleicht noch mal genau, ob das so auch wirklich funktionieren kann. Ein Thema, das uns außerdem sehr beschäftigt hat, war die rechtliche Seite. Worauf müssen wir in unserem Fall besonders achten? Aber auch das Thema Preisgestaltung – da haben wir uns sehr schwergetan, wie wir das ganze Thema angehen können. Wieviel können wir verlangen, wieviel sollen wir verlangen? Was ist zu viel, was ist zu wenig? Auch im Bereich Vertrieb haben wir richtig viel mitgenommen.

Ich finde das Programm super. Daher war schnell klar, dass wir da pitchen und gerne dabei sein wollen. Wir dachten: Wir können nur schlauer werden, wenn wir da mitmachen. Und das hat sich auch so bewahrheitet.