Wie lässt sich die Instandhaltung von Schienenfahrzeugen möglichst effizient gestalten? Dieser Frage stellt sich das CyberLab-Team aicorn. Im Interview sprachen wir mit den Foundern Samuel Wenz, Christian Grund und Thilo Richter und stellten ihnen die bekannten zehn Gründerview-Fragen.
Euer Startup in einem Tweet?
Wir haben die Bosch Diagnosebox für Schienenfahrzeuge entwickelt: Box auspacken, 2 Kabel anstecken und sofort habe ich eine übersichtliche Anzeige über den Zustand von z.B. Klimaanlage, Bremse oder Antrieb. Ein mobiler Prüfstand, der eine einfache Anwendung besitzt und eine detaillierte Analyse ermöglicht.
Wie ist eure Geschäftsidee entstanden; was war der initiale Funke?
Codewerk betreibt Auftragsentwicklung für Verkehrsbetreiber. Hier sind wir auf den Bedarf gestoßen, Fahrzeugdaten einfach auszulesen, aufzubereiten und Wartungsschritte abzuleiten. Die Startup-Idee aicorn hat im Grunde 2019 mit dem Forschungsprojekt Astrid begonnen. Dort soll die Vollautomatisierung eines Straßenbahndepots inkl. autonom fahrenden Trams am Beispiel der Verkehrsbetriebe Potsdam konzipiert werden. Wir bauen den dafür notwendigen cloudbasierten DataHub als zentrale Datendrehscheibe.
Wie groß ist euer Team, wer gehört dazu und wie habt ihr euch gefunden?
Liebe auf den ersten Blick ;). Wir sind drei Gründer, Christian Grund, Samuel Wenz und Thilo Richter. Samuel und Christian waren früher lange bei Siemens und haben vor ca. 8 Jahren die Firma codewerk gegründet, mit der sie Softwareentwicklung von Embedded bis Cloud anbieten. Samuel und Christian haben den Bedarf an einer neuen technologischen Lösung für die Instandhaltung gesehen und haben dann zusammen mit Thilo die Firma aicorn gegründet. Mittlerweile ist das Team auf 8 Mitglieder gewachsen.
Wer profitiert von eurer Idee und warum?
Alle, die mit der Bahn fahren! Wir unterstützen Verkehrsbetriebe dabei, dass die Fahrzeuge dort sind, wo sie hingehören: auf die Strecke. Dazu setzen wir dort an, wo jedes Fahrzeug regelmäßig vorbeischaut: in der Instandhaltung. Diese arbeitet heute an der Kapazitätsgrenze und kann dank effizienterer Fehlerdiagnose Zeit im Instandhaltungsprozess sparen. Wenn wir Defekte elektronischer Bauteile schneller finden, sind die Fahrzeuge wieder schneller auf den Schienen.
Wie sieht euer Arbeitsalltag – gibt es überhaupt schon so etwas wie einen „Alltag“?
Kontrollierter Wahnsinn – keine Meetings vor 10 Uhr, um morgens schon mal 3h voll konzentriert zu arbeiten. Wir arbeiten in Sprints und haben einen bunt gemischten Alltag, der vor allem von den aktuellen Sprintzielen bestimmt wird. Derzeit liegt der Fokus wie bei den meisten Startups dabei, neue Kunden zu gewinnen, um aus dem Feedback das Produkt weiterzuentwickeln.
Weshalb habt ihr euch für einen Accelerator wie das CyberLab entschieden?
Lernen und Beziehungen aufbauen!
Der Erfahrungsaustausch mit anderen Startups, sowie der Wissensaufbau zu Themen wie Förderung, Rechtliches und die Inputs von Mentoren sind enorm hilfreich. Im Alltag sind wir in der Bahnsystemindustrie vertieft und da helfen die Hinweise von Personen aus der IT- oder Startup-Welt von außen ungemein.
Welches Startup hat euch am meisten begeistert oder inspiriert?
Stadler Rail – Zughersteller aus der Schweiz – hat im Bahnsektor mit einer der spannendsten Unternehmensgeschichten. 1942 gegründet, 1951 erste Insolvenz, hartnäckig geblieben und Anfang 1990 mit 18 Mitarbeiter aufgerüstet. Mit der Übernahme des Enkels in kurzer Zeit von einer Werkstatt zum Milliardenkonzern, der den Markt ordentlich aufmischt und die großen Player wie Siemens und Alstom ziemlich ärgert. Auch der neue Großauftrag der Karlsruher Verkehrsbetriebe geht an Stadler.
Was ist der nächste große Schritt?
Zum aktuellen Zeitpunkt laufen zwei Pilotprojekte, in denen wir das Produkt direkt am Markt weiterentwickeln. Ziel ist es, weitere Pilotprojekte zu gewinnen und in allen Piloten dafür zu sorgen, dass wir eine Leistung liefern bei denen unsere Kunden gar nicht anders können, als langfristig mit uns zusammen zu arbeiten.
Über welche Stolpersteine musstet ihr während der Gründung steigen?
Alles dauert länger, als man denkt. Sei es die Gründung der GmbH, die ersten Kundenkontakte, Zulassung unserer Hardware (Datenbox). In den Gedanken gehen die Dinge immer schnell und ohne Probleme. In der Realität sieht das so gut wie immer anders aus. Herausforderungen entstehen in der Umsetzung. Wichtigster Leitspruch: Kein Businessplan und kein Produktkonzept überlebt die erste Begegnung mit dem echten Kunden und Nutzer. Ergo fast beats perfect.
Habt ihr einen Rat/Tipp an andere Gründer?
Fokus. Fokus. Fokus. UND den unablässigen Drang den Alltag des eigenen Kunden wirklich zu verstehen. Immer dranbleiben und nicht aufgeben. Ein weiteres wichtiges Learning: Erst die Ziele setzen und dann überlegen, wie und mit welchen Schritten diese erreicht werden.
Über aicorn:
Mit aicorn helfen wir Firmen dabei, die Standzeiten ihrer Schienenfahrzeuge zu reduzieren. Dazu machen wir Daten aus dem Fahrtbetrieb fahrzeugunabhängig verfügbar – plug-and play für Werkstatt & Flotte. Heute stehen uns Softwaresysteme und Technologien zur Verfügung, die Effizienz und Datenanalyse in der Instandhaltung massiv verbessern können.