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Im Gründerview stellen wir in regelmäßigen Abständen spannende Startups vor. Das Startup und Cyberlab – Team medicalvalues entwickelt eine Diagnoseunterstützung für komplexe diagnostische Pfade in der Labormedizin, basierend auf Künstlicher Intelligenz. Im Interview sprachen wir mit den Co-Founder Florian Stumpe und Jan Kirchhoff und stellten ihnen die bekannten zehn Gründerview-Fragen.

Euer Startup in einem Tweet?

Wir entwickeln eine Diagnoseunterstützung für komplexe diagnostische Pfade basierend auf Künstlicher Intelligenz. Unser Startpunkt ist dabei die Labormedizin.

Wie ist eure Geschäftsidee entstanden; was war der initiale Funke?

Die moderne Labormedizin erlaubt es bestimmte Krankheitsbilder frühzeitig zu erkennen. Eine stetige Weiterentwicklung, Generierung neuer Parameter und Messmethoden ermöglicht eine immer aussagekräftigere Analytik, die jedoch auch an Komplexität zunimmt. Es ist für Ärzte nicht immer möglich, in der kurzen im Behandlungsalltag verfügbaren Zeit eine Diagnose zu stellen, die der Fülle an Informationen vollständig gerecht wird. Dies wurde einem Team-Mitglied während ihres Medizinstudiums und der Promotion bewusst. Florian und ich hatten die Idee, uns dieser Herausforderung mithilfe von Künstlicher Intelligenz zu stellen.

Wie groß ist euer Team, wer gehört dazu und wie habt ihr euch gefunden?

Wir sind mittlerweile über 10 Leute – darunter sowohl IT’ler als auch Mediziner. Florian und ich kennen uns bereits seit unserem dualen Studium bei der SAP und hatten auch schon einmal zusammen gegründet.

Wer profitiert von eurer Idee und warum?

Unser System hilft Medizinern in der zielgenauen und umfassenden Diagnostik. Dadurch entlasten wir den Arzt und tragen zu einer früheren Erkennung von Krankheiten bei. Dies wiederum hilft dem Patienten und auch dem Gesundheitssystem. Der Hauptvorteil der medicalvalues Platform liegt in der Verbindung von bestehendem Forschungswissen mit Massendaten und einer dadurch erhöhten Qualität des Machine Learnings.

Dies bezeichnen wir als hybriden Ansatz, welcher uns auch eine White-Box Machine Learning ermöglicht – wir können also ganz genau erklären, warum unser System bestimmte Vorschläge anzeigt. Unser Knowledge Graph ist sehr gut geeignet, um komplexe Zusammenhänge zwischen verschiedenen Disziplinen abzubilden und einen einrichtungsübergreifenden Wissenstransfer zu ermöglichen.

Zugleich ist aber auch ein lokaler Betrieb im Klinikum/Praxis möglich. Es ist auch geplant, medicalvalues in unterversorgten Regionen dieser Welt zum Einsatz zu bringen und so einen Beitrag zur Gesundheitsversorgung vor Ort zu leisten.

Wie sieht euer Arbeitsalltag aus – gibt es überhaupt schon so etwas wie einen „Alltag“?

Natürlich gibt es jeden Tag neue Aufgaben und Herausforderungen – von Terminen mit Kliniken bis hin zu Gesprächen mit Experten zur Medizinproduktzulassung. Für uns ist es wichtig, möglichst viel Zeit und Konzentration in die Produktentwicklung zu investieren und dabei sehr eng mit unseren Pilot-Teilnehmern zusammen zu arbeiten und im stetigen Austausch zu bleiben.

Wie in jedem Software-Startup gibt es die typischen Entwicklungsarbeiten und damit verbundenen Meetings– bei uns sicherlich mit einem besonderen Fokus auf eine hohe Qualität; wir sind uns der besonderen Verantwortung eines Medizinproduktes bewusst. Eine Besonderheit ist für mich, dass es neben der technischen Produktentwicklung auch ein Team von Medizinern/Medizinstudenten gibt, welche beispielsweise den Knowledge Graphen entwickeln. Der überwiegende Teil von medicalvalues sitzt im CyberLab – zugleich wollen wir aber die besten Talente gewinnen und arbeiten deshalb auch remote mit Kolleginnen und Kollegen in Marburg, Berlin und Stuttgart zusammen.

Weshalb habt ihr euch für einen Accelerator wie das CyberLab entschieden? 

Schon während unseres Studiums waren wir begeistert von der IT-Gründerszenze in Karlsruhe. Hierbei spielt das CyberForum und das CyberLab eine wichtige Rolle. Sowohl der Austausch zu aktuellen Technologien, aber auch der informelle Austausch in der Kaffee-Ecke (soweit möglich) sind enorm wichtig. Zugleich soll natürlich auch der Spaß bei Events wie dem Gründergrillen oder den vom CyberLab organisierten Veranstaltungen nicht zu kurz kommen.

In welches Startup würdet ihr gerne mal einen Tag Einblick in den Arbeitsalltag bekommen?

Ich würde gerne einen Einblick in den Arbeitsalltag bei BionTech erhalten, welches sicherlich kein „klassisches“ Startup mehr ist, mich aber schon vor Corona enorm beeindruckt hat.

Was ist der nächste große Schritt?

Der nächste große Schritt ist die Zulassung zum Medizinprodukt. Hierzu arbeiten wir unter anderem mit dem Johner Institut zusammen.

Über welche Stolpersteine musstet ihr während der Gründung steigen?

Florian und ich hatten beide sehr gute Jobs und uns dann für die Gründung in einem sehr komplexen Umfeld entschieden. Dies führt durchaus auch zu Unverständnis – aber wir sind vom Erfolg und gesellschaftlichem Nutzen von medicalvalues überzeugt. Deshalb haben wir die Entscheidung keine Sekunde bereut!

Habt ihr einen Rat/Tipp an andere Gründer?

Man kann sehr viel über möglichst einfache und vermeintlich schlanke StartUp Ideen lesen. Bestimmte Prozesse, Märkte und Sachverhalte sind aber nun einmal komplex – sich dieser Komplexität zu stellen und diese zu bewältigen ist zäh und mühsam, aber mit jedem Schritt nähert man sich dem nachhaltigen Erfolg.

Über medicalvalues

Labordaten sind wertvoll aber komplex – wir unterstützen Ärzte in der Probenanforderung und Auswertung durch Kombination von Machine Learning mit medizinischem Forschungswissen. Dies ermöglicht eine gezieltere und frühere Erkennung von Krankheiten wie Fettstoffwechselerkrankungen, Gerinnungsstörungen und Anämien. Unser Graph-basiertes White Box Machine Learning ermöglicht es uns, die Ergebnisse genau zu erklären. Zudem können wir das Wissen einrichtungsübergreifend zur Verfügung stellen. Wir arbeiten daran komplexe, interdisziplinäre Diagnosepfade zu unterstützen. Zudem wollen wir unser System auch in unterversorgten Regionen zur Verfügung stellen.
Das Team besteht aus Medizinern und Informatikern und sitzt unter anderem in Karlsruhe und Marburg.

 

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