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Große Wandflächen streichen geht ins Kreuz. Ermüdungserscheinungen der Arme beeinträchtigen oft die Qualität. Mit der intelligenten Robotik-Lösung von ConBotics können Malerbetriebe effizienter arbeiten und ihre Mitarbeiter*innen von monotonen Aufgaben entlasten. Der modulare Maler-Roboter ist zerlegbar und passt in einen Pkw.

Ariane Lindemann spricht mit Cristian Amaya über die patentierte Lösung von ConBotics, die dem Fachkräftemangel entgegenwirkt.

Die größte Angst beim Thema Robotik: Die Mitarbeiter*innen werden wegrationalisiert. Warum ist bei ConBotics das Gegenteil der Fall?

Wir gehen immer davon aus, dass wenn eine Maschine die Arbeit eines Menschen übernimmt, dieser dann überflüssig wird. Aber im Gegenteil. Wir sehen die Roboter als Werkzeuge für die Fachkräfte. Damit können sie effizienter arbeiten, von gesundheitlich monotonen Aufgaben befreit werden und weitere Aufgaben tätigen. So wirken wir dem Fachkräftemangel in der Baubranche entgegen. Auf der anderen Seite können wir doppelt so schnell arbeiten, ohne Pause und ohne Qualitätsverlust.

Ihr habt einen Maler-Roboter erfunden. Die Idee an sich ist nicht neu. Warum ist ConBotics dennoch weltweit einzigartig?

Das Einzigartige ist, dass wir im Gegensatz zu unseren Mitbewerbern keinen Universal-Roboterarm einsetzen. Wir haben einen eigenen Roboterarm und die gesamte Software dahinter entwickelt. Da wir weniger Freiheitsradius und benötigen und mit wesentlich weniger Präzision auskommen, wie sie ein Industrieroboter hat, kamen wir auf die Entwicklung unseres Roboterarms. Die Idee ist, den Arm und dann auch den gesamten Roboter modular aufzubauen, was auch Modularität für den Maler bedeutet. Er kann den Roboter zerlegen und in mehreren Teilen transportieren. Universalroboter sind dagegen sehr schwer und der Transport ist wesentlich aufwendiger. Diese Modularität bedeutet letztlich auch, dass auf dieser mobilen Plattform in Zukunft auch andere Roboterarme andocken können, die andere Aufgaben erledigen, zum Beispiel Spachtelmasse auftragen, was wir auch gerade planen.

Wie kommt die Farbe an die Wand?

Auf Großbaustellen ist es heute üblich, dass nicht mehr gestrichen, sondern mit Airless-Spritztechnik gesprüht wird. Dabei entsteht kein Wandkontakt. Das Farbspritzgerät wird auf den Roboter montiert, der bewegliche Arm positioniert die Spritzdüsen vor die Wand.

Wie sage ich dem Roboter, welches Stück er streichen soll?

Man bewegt den Roboter in den Raum, der Maler zeichnet den Grundriss ohne Maße auf einem Tablet auf und bringt den Roboter in die Startposition, zum Beispiel in die Nähe einer Raumecke. Dann positioniert sich der Roboter selbst und führt die Streich- bzw. die Sprüharbeit aus. Fenster und Türen erkennt er selbstständig und streicht drumherum.

Aber hinter der Heizung ist weiterhin die Hand des Malers gefragt?

 Ja, hier muss manuell gestrichen werden. Alles andere wäre zu aufwendig.

Wie hoch kommt der Arm?

Momentan bis drei Meter hoch. Mit einer entsprechend größeren Linearachse auch höher. Drei Meter ist die normale Höhe von Büros. So kommt der Roboter auch aufgebaut unter der Tür durch und in den Aufzug, sonst müsste man ihn für jeden Raum auf- und wieder abbauen.

Wie viel Quadratmeter schafft der Maler-Roboter pro Stunde?

Gegenüber dem Menschen schafft er es, doppelt so schnell zu arbeiten. Zudem braucht er im Gegensatz zu einem Menschen keine Pause. Wie viel Quadratmeter der Roboter ganz konkret pro Stunde schafft, das werden wir dann wissen, sobald wir das MVP entwickelt haben.

Kann der Maler den Raum verlassen?

Ja, sobald er Start gedrückt hat, kann er sich anderen Aufgaben zuwenden. Wenn die Farbe ausgeht oder der Akku leer ist, sagt er mit einem Signalton Bescheid.

Ist der Roboter schon zu haben?

Wir haben jetzt das MVP erstellt, damit wir bezahlte Pilotprojekte durchführen können. Der Plan ist, nächstes Jahr das Produkt fertig zu haben, um Markteintritt dann 2024 durchzuführen. Wir haben – auch durch die Teilnahme am CyberLab, dem IT-Accelerator des Landes Baden-Württemberg – wertvolle und wichtige Kontakte knüpfen können, um den Roboter demnächst auch bei Testkunden einsetzen und die Quadratmeter dann entsprechend abrechnen zu können. Vorbestellungen sind aber schon jetzt möglich.

Wer sind die Kunden?

Unser Fokus liegt auf Malerbetrieben ab zehn Mitarbeitern, die auf Großbaustellen arbeiten. Große Büroflächen, Lagerhallen, Wohnungskomplexe, ganze Etagen etc.

Die meisten Malerbetriebe haben einen normalen Pkw oder einen kleinen Transporter. Passt der ConBotics-Roboter da rein?

Der Roboter kann sehr gut auch in kleineren Fahrzeugen untergebracht werden. Insgesamt wiegt er 100 Kilogramm. Jedes Teil wiegt zerlegt ca. 25 Kilo.

Welche Aufgaben verbleiben für die Maler*innen noch?

Wir sehen den Maler-Roboter als einen verlängerten Arm des Malers. Ersetzen wollen wir ihn nicht. Denn nur er weiß, um welche Oberfläche es sich handelt, wie viel Druck er einstellen muss. Er regelt auch die Geschwindigkeit des Arms und er hat die gesamte Kontrolle über den Streichvorgang. Unser Ziel ist es, die Bedieneroberfläche so leicht wie möglich zu machen, damit keine spezielle Schulung nötig ist oder der Mitarbeiter programmieren lernen muss.