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Mit dem CODE_n new.New Festival initiiert die GFT Technologies SE vom 20. bis 22. September ein Innovationsfestival im Karlsruher Zentrum für Kunst und Medien (ZKM). Ein zentraler Teil der Veranstaltung ist der globale CODE_n CONTEST. Wir stellen die Finalisten aus Baden-Württemberg vor. Heute: AmbiGate.

Euer Business-Modell in 140 Zeichen?

B2B: Betriebliches Gesundheitsmanagement. B2B2C: Durch Empfehlung des Therapeuten gelangt eReha zum Patienten. B2C: Für die präventive Anwendung.

Wie seid ihr darauf gekommen, Lösungen für Heimtherapie- und pflege zu entwickeln?

Wir fanden 3D-Sensoren schon immer super interessant, und Herr Dabels hatte im Bereich Human Machine Interfaces bereits Forschungsarbeiten getätigt. Bei Physiotherapien ist uns dann die mangelnde Motivation für Heimübungen aufgefallen. Papers haben gezeigt, dass man durch einen Gameification-Aspekt (sogenannten ExerGames) die Trainingsfrequenz erhöhen kann. So kam eines zum anderen.

Wie muss man sich eure „eReha“ vorstellen?

eReha ist ein Videospiel-basiertes Bewegungs-Therapiesystem für das häusliche und betriebliche Umfeld. Es ist präventiv, parallel zur Physiotherapie und im betrieblichen Gesundheitsmanagement einsetzbar. Die Software bietet sogenannte ExerGames an; medizinische Übungen, die in einer virtuellen Welt absolviert werden. Ein 3D-Sensor analysiert das Training und lokalisiert falsche Bewegungen in Echtzeit. Um das Training dynamisch anzupassen, werden beim Üben krankheitsspezifische Parameter erzeugt und dem Physiotherapeuten gesendet.

eReha
eReha nutzt Gamifikation-Aspekte für sein Trainingsprogramm. (Bild: AmbiGate)

Wo liegen die Vorteile gegenüber „klassischen“ Reha-Behandlungen?

Zunächst einmal ist ganz wichtig zu sagen, dass die klassische Physiotherapie genauso bestehen bleiben sollte wie bisher. Auch unser Produkt soll das nicht ändern. Wir ergänzen einfach die Therapie mit einem spannenden Heimtraining und ermöglichen spielerische Prävention. Die Vorteile sind hierbei, dass Therapeuten erstmals Daten des Heimtrainings ihrer Patienten erhalten, Krankenkassen ihre Kosten senken können, Patienten 24/7 zu Hause trainieren können und Unternehmen ihren Mitarbeitern eine unkomplizierte Lösung für einen gesunden Arbeitsplatz bieten können. Angefangen beim Rücken, kann eReha auf jede Bewegungstherapie angepasst werden.
Außerdem macht das Training wirklich Spaß und ist nicht so eintönig wie bisher. Ein ganz großes Plus ist vor allem die Rückmeldung ob die Übungen richtig ausgeführt werden.

e-Reha Business richtet sich explizit an die betriebliche Gesundheitsförderung. Wie läuft das in der Praxis ab und was soll es bewirken?

Am Arbeitsplatz werden sehr viele Fehlhaltungen erzeugt, sei es durch das ständige Sitzen oder einseitige Bewegungen oder Belastungen. Die bisherigen Lösungen wie Aerobic während der Arbeitszeit oder Gerätetraining sind oft mit viel Aufwand verbunden. Man schwitzt, muss die Klamotten entsprechend wechseln, danach duschen und so weiter. Vielen Mitarbeitern ist das einfach zu kompliziert, ergo: Die Geräte und Angebote werden häufig ausgeschlagen oder nicht genutzt. Mit eReha entsteht diese Problematik nicht. Man kann es ohne große Anstrengung nutzen und die Übungen beziehen sich direkt auf die Körperregionen, die beim jeweiligen Job überbeansprucht werden. Das kann schon durch richtiges Stretching oder ein paar Bewegungsabläufe gelöst werden. Die Unternehmen können einen Raum oder sogar Konferenzräume mit unserem System „updaten“ und die Mitarbeiter können dort dann während der Arbeitszeit bis zu 15 Minuten am Tag trainieren.

Zusätzlich können Wettkampf- und Belohnungssysteme vom Unternehmen angeboten werden. Die Abteilung mit den meisten Punkten bekommt zum Beispiel eine kleine Belohnung oder der Mitarbeiter, der am regelmäßigsten was getan hat, ein Wochenende am Gardasee. Es gibt viele Möglichkeiten der Anwendung, die wir für den Betrieb individuell anpassen. Nach einer Studie liegt der ROI bei solchen Maßnahmen übrigens bei 1 zu 2 – 15 Euro (Booz).

Wie ist das bisherige Feedback zu e-Reha und e-Reha Business?

Bisher bekommen wir viel positives Feedback und viele Personen und auch Unternehmen haben großes Interesse. Zum Beispiel machen wir ein Modellprojekt mit einem großen Automobilzulieferer in Süddeutschland um die Resonanz zu testen.

Am 28. August hattet ihr gemeinsam mit Staatssekretär Beckmeyer im BMWi einen Auftritt. Wie kam es dazu und was hat es damit auf sich?

Wir wurden vom BMWi mit dem Exist Gründerstipendium gefördert und haben im vergangenen Jahr den IKT Innovations Preis erhalten. Dadurch waren wir am Gemeinschaftsstand des BMWi auf der CeBIT im März und haben dort großen Erfolg mit unserem Produkt gehabt. Es erregt einfach durch die Interaktivität viel Aufmerksamkeit und auch die Verbindung von Bewegungstherapie und Videospiel kam sehr gut bei den Besuchern an. Daher kam das Ministerium auf die Idee, dass es auch beim Tag der offenen Tür im BMWi interessant sein könnte. Dort haben wir dann einen schönen Stand gehabt und hatten einen exklusiven „Red Buzzer“-Auftritt mit dem parlamentarischen Staatssekretär Beckmeyer zur Marktreife-Verkündung unserer ersten Version von eReha. Es kann jetzt also heruntergeladen und getestet werden.

Wie steht ihr zum Standort Baden-Württemberg?

Wir lieben diesen Standort, dort haben wir so viele tolle Kontakte wie zum Beispiel den VPT (größter Physiotherapie-Verband Deutschlands) und die dazugehörige Physiotherapie-Schule. So haben wir einfach die Verbindung zur Branche und auch die nötige medizinische Seriosität für unser Produkt. Außerdem sind wir eng mit der Uni Tübingen verbundenen, was uns enorm weiter gebracht hat.

Auf eurer Webseite schreibt ihr, dass die Sparte Health Care ein zukunftsweisender Markt ist. Welche Veränderungen beziehungsweise Neuerungen erwarten uns dort in den kommenden Jahren?

Also wir sind sicher, dass die Digitalisierung medizinischer Lösungen zunehmen wird. Es ist einfach der nächste logische Schritt. Es gibt so viel mehr Möglichkeiten durch Internet und digitale Medien. Wir können unser Produkt beispielsweise auch sehr gut in Altersheimen nutzen, wo die Menschen oft wenig zu tun haben und man weiß ja „wer rastet, der rostet“. Hierzu gibt es bereits vielversprechende Studien zur Akzeptanz solcher Systeme.
Wir denken, dass sich dort in den kommenden Jahren viel ändern wird und wir finden das auch super. Denn die technischen Möglichkeiten sind da, wieso sollte man sie nicht dort einsetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden.

Was ist das größte Problem, das Ihr selbst in den nächsten 12 Monaten lösen müsst?

Investoren oder Sponsoren finden, um die Software zu perfektionieren. Wir brauchen unbedingt mehr Mitarbeiter um die ganzen Anfragen und Aufträge abzuarbeiten. Eigentlich suchen wir in allen Bereichen nach Leuten, angefangen von der Entwicklung bis zur Buchhaltung. Also wer jemanden kennt oder selber Interesse hat mit uns in Kontakt zu treten, wir freuen uns! :)

Steckbrief:

Name: AmbiGate GmbH
Geschäftsfeld: Medizintechnik
Standort: Tübingen
Mitarbeiter: 8 in house und 8 studentische Projektmitarbeiter der Uni Tübingen
Gründer: Caroline Dabels, Christian Frede, Stephan Dabels
Funding-Status: Bootstrapped.