Die Probleme sind fast immer die gleichen: Ob Roboter auf dem Mond, unter Wasser oder als Industriearm in der Produktion arbeiten – der schwierigste und komplexeste Teil der Realisierung einer Roboteranwendung ist die Integration. Sie läuft in den meisten Fällen nicht rund. Damit bleiben viele Robotiklösungen weit unter dem Möglichen. Dr. Denis Stogl forscht seit vielen Jahren auf diesem Gebiet. Wenn es um Integration und Steuerungsarchitekturen in der Robotik geht, trifft er mit seinem Spezialwissen einen Nerv. Mittlerweile international gefragt, skaliert er seine Ingenieurs- und Beratungsdienstleistungen und gründet das Startup Stogl Robotics.
Von Ariane Lindemann
In Sachen Roboter-Integration bist du weltweit gefragt. Warum ist deine Erfahrung so attraktiv?
Ich forsche schon seit über 10 Jahren in diesem Bereich und habe dann 2021 mit dem Beratungsgeschäft angefangen. Da es ein Nischenprodukt ist und es nicht viele mit meiner Erfahrung gibt habe ich mittlerweile einen sehr hohen Bekanntheitsgrad.
Einfach einen Roboter kaufen und hinstellen löst ja noch keine Probleme … Wo liegt genau die Schwierigkeit bei der Integration?
Zwischen Roboter-Herstellern und Anwendern braucht es Integratoren, die die unterschiedlichen Komponenten zusammenfügen und in die vorhandene Lösung einbinden, damit alle Systeme optimal miteinander kommunizieren und harmonisieren. Aber genau an der Stelle gibt es nicht genug Spezialisten, die sich damit auskennen. In sehr vielen Fällen ist es so, dass die Roboter dann längst nicht das macht, was sie eigentlich kann. Zudem sind die Integration und die Optimierung sehr zeitaufwendig. Da es sich um heterogene Systeme handelt, braucht es hier viel Erfahrung. Je mehr Systemkomponenten desto komplexer. Eine übergeordnete Steuerung und die optimale Auswahl an Hard- und Software sind hier entscheidend.
Du hast aus deiner Beratungsdienstleistung ein Startup gemacht …
Ja, wir helfen mit unserer Beratung und unserer Steuerungs-Software beim Aufbau einer Steuerungsarchitektur und deren Implementierung. Die Software ist wie ein „Treiber“ für Roboter.
Eine Lösung für alle Roboterarten?
Im Prinzip schon. Dadurch, dass wir bei komplett unterschiedlichen Robotern, von landwirtschaftlichen Fahrzeugen, Unterwasserrobotern, Industriearmen bis Consumer Robotics tiefe Einblicke haben, sind wir in der Lage, gemeinsame bereichübergreifende Lösungen anzubieten und Roboter sehr schnell in Betrieb zu nehmen. Interessant ist, dass die unterschiedlichen Roboter alle nahezu die gleichen Probleme haben. Deshalb kann man diese Probleme mit ein- und derselben Lösung in den Griff kriegen. Hier melden sich tatsächlich viele Unternehmen bei uns, weil sie einfach Hilfe brauchen. Manche versuchen es auch erst mal selbst zu lösen. Dann kommen sie jedoch zu uns und wollen unsere Dienstleistung. Hier bieten wir dann auch unsere Software an.
Hier setzt ihr auf Open Source …
Wir setzen sehr stark auf Open Source, weil wir dadurch einfache Möglichkeiten haben, die Lösungen bei mehreren Kunden in Einsatz zu bringen. Ohne irgendwelche Lizenzprobleme. Das ist im Endeffekt auch ein Weg, über den wir sehr viele Kunden bekommen. Natürlich könnte man das auch selbst machen, allerdings läuft es mit uns 20 bis 50 mal schneller.
Die Software wird bereits an tausenden von Robotern weltweit getestet … Wie ist das Feedback?
Das Feedback ist sehr gut. Gelobt werden in erster Linie eine höhere Produktivität, mehr Effizienz und auch eine enorme Zeitersparnis. Wir bekommen aber auch Feedback, wo noch Problemstellen sind. Dieses Feedback ist unglaublich wichtig für die weitere Produktentwicklung. Andererseits ist die Software auch sehr ehrlich, denn wir müssen nicht etwas versprechen, was wir nicht können. Jeder kann sich das anschauen. Das schafft letztlich die Möglichkeit, das Produkt in seiner Kernfunktionalität immer besser zu machen.
Wie hoch ist der Support-Aufwand?
Sehr hoch – zum Glück! Denn dadurch verstehen wir das Kernproblem viel besser. Wir können vom Staubsaugerroboter bis zur Weltall-Robotik und alles dazwischen bedienen.
Das können wir nur, weil wir durch diese Supportarbeit sehr tiefe Einblicke haben. Das ermöglicht uns, technisch sehr, sehr gute Lösungen anzubieten.
Könnt ihr damit auch Unternehmen, die sich bisher an Robotik nicht rangetraut haben, die Angst nehmen?
Das ist durchaus ein Zielmarkt, wo wir uns im Laufe des nächsten Jahres hin entwickeln wollen. Weil immer mehr Personal fehlt, brauchen Unternehmen zunehmend Roboter, die die monotonen Aufgaben erledigen. Aber: Eines der aktuell ganz großen Probleme in Deutschland ist die Beladung von Bearbeitungsmaschinen mit Robotern. Denn auch hier fehlen Leute, die die Teile in die Maschine einsetzen. Dann läuft die Produktion natürlich nicht effizient. Geplant ist, eine Komplett-Lösung zu entwickeln, die man an kleinere Firmen verkaufen würde, um deren Probleme zu lösen.
Seid ihr mit eurem Nischenprodukt weitgehend allein?
Es gibt andere Firmen, die das auch anbieten, insbesondere in den USA. Aber diese werden eher unsere Kunden. Wenn sie wirkliche Probleme haben, kommen sie zu uns. Viele Leute verbinden mit der Kernsoftware, die wir verwenden, meinen Namen. Ich bekomme viel Feedback über LinkedIn zum Beispiel. Auch hier sieht man, dass der Bedarf wirklich da ist.
Weltmarktführer kann man fast sagen. Wie sieht es mit der Region aus?
Wir sind in dieser Nische weltweit bekannt, aber wir sehen unseren Zukunftsmarkt durchaus bei lokalen Firmen. Das war auch ein Grund, Kontakt zum CyberLab zu suchen. Denn auch wenn wir viel Remote über mehrere Kontinente hinweg arbeiten, wollen wir in erster Linie auch Probleme vor Ort lösen. Durch das CyberLab haben wir sehr gute Kontakte zu hiesigen Firmen bekommen und konnten die lokale Vernetzung ankurbeln. Der Accelerator war aber aus mehrfacher Hinsicht für uns interessant. Sich mit Mentoren austauschen, sich noch mehr Wissen anzueignen über Firmenaufbau, wie das Team funktionieren kann und Einblicke in Bereiche zu bekommen, mit denen man sich bisher gar nicht beschäftigt hat.
Habt ihr eure Idee im CyberLab noch mal umgekrempelt?
Tatsächlich haben wir jetzt noch mal den Fokus auf die Produktentwicklung verstärkt. Vorher waren wir sehr auf den Dienstleistungsbereich fokussiert. Das CyberLab hat uns hier noch mal einen Push gegeben.
Ist euer Produkt ein Selbstläufer?
Da wir ein Produkt auf Basis der Probleme entwickeln, die wir täglich sehen, können wir sicher sein, dass es auch wirklich einen großen, echten Bedarf gibt. Die Leute kommen zu uns, weil sie wissen, dass sie so etwas dringend brauchen. Das ist ein großer Vorteil und daher kann unser Produkt als Selbstläufer bezeichnet werden.