Bewerbung ist raus. Unternehmen stellt sich tot. Wer Bewerbungen hortet, um sie nach zwei Monaten zu sichten, darf nicht im Ernst glauben, damit am Ende Spitzenleute zu gewinnen. Die sind nämlich längst woanders untergekommen – bei Unternehmen, die wissen, wie man Fachkräfte rekrutiert.

Vor allem kleinere und mittlere Betriebe agieren oft noch Old School. „Der Recruiting-Prozess muss einfach und unkompliziert sein. Wie beim Online-Shopping“, findet Martin Trenkle von Workwise, vormals Campusjäger und CyberLab-Alumni. Er weiß, wovon er spricht. Gerade hat sich das Karlsruher Startup für seine Recruiting-Plattform 12 Millionen Euro Investorengeld gesichert. Zuvor hatte sich das 140-köpfige Team selbst finanziert.

workwise Gründer Martin Trenkle
Workwise Gründer Martin Trenkle

Bewerber:innen wochenlang warten zu lassen, kann sich heute keiner mehr leisten, sagst du. Recruiting-Prozesse müssen neu gedacht werden. Was können Unternehmen tun? Was müssen sie tun?

In vielen Betrieben wird das Personal aus der Lohnbuchhaltung mal so nebenbei gemanaged. Die Vielfalt an Recruiting-Tools ist so groß, das kann man nicht als Nebenrolle spielen. Wir sehen vor allem bei kleinen und mittelständischen Unternehmen enormen Bedarf, sich hinsichtlich Mitarbeiter-, bzw. Fachkräftegewinnung zukunftsfähig aufzustellen.

Was schlägst du vor?

In erster Linie geht es dabei um Reichweite und Konvertierung. Das heißt, ich muss als Unternehmen auf den Kanälen aktiv sein, wo Jobnachfrager in meiner Region und in meinem Kompetenzbereich, vertreten sind. Ich muss alle gängigen Personalmarketinginstrumente     gut bespielen. Dazu gehören Social Media, Karrieremessen, Jobbörsen etc. Das sind die Hausaufgaben. Zusätzlich kann ich dann noch Werkzeuge obendrauf setzen, wie Active Sourcing oder Performance-Marketing-Kampagnen, die man regional ausrollt.

Bewerber:innen sind heute anspruchsvoll …

Ja, und auch völlig zu Recht. Denn die Arbeitswelt ist im Umbruch. Unternehmen müssen über neue Angebote nachdenken.

Du meinst Home-Office-Optionen zum Beispiel?

Unter anderem, ja. Aber auch andere Dinge, wie Möglichkeiten für Quereinsteiger und flexible Arbeitszeitmodelle. Außerdem ist es wichtig, immer an der Arbeits- und Unternehmenskultur zu arbeiten. Nicht zuletzt aufgrund von Online-Bewertungen, die jeder Bewerber lesen kann und in den meisten Fällen auch liest. Wer hier einen schlechten Score hat, wird viele Leute abschrecken. Das Angebot und die Unternehmenskultur sind die Grundlage dafür, dass ich meine Reichweite auch entsprechend nutzen kann.

Und wie gelingt es, dass Bewerber:innen anbeißen?

Um die Reichweite zu konvertieren, braucht es einen unkomplizierten Recruiting-Prozess, der von Anfang an transparent ist und in dem entsprechend gut kommuniziert wird. Der Prozess als solcher muss exzellent sein.

Lass uns über Workwise sprechen. Über 100 Mitarbeitende beschäftigen sich bei euch damit, das Recruiting für Unternehmen smooth & easy zu gestalten. Ihr bietet genau in diesem Prozess Unterstützung an.

Wir haben eine Plattform entwickelt, auf der Recruiter alle Werkzeuge für die Personalgewinnung finden. Unternehmen können bei uns eine Karriereseite aufbauen, einen sauberen Recruiting-Prozess mit uns aufsetzen, die eigenen Stellen vermarkten und schnell mit den Bewerber:innen interagieren. Und das alles kostenlos. Wir verstehen uns als ganzheitliche Recruiting-Plattform.

Wo klemmt es denn am meisten, wenn es um ein ausgereiftes Recruiting geht?

Das ist ganz unterschiedlich. Manche Unternehmen bewegen sich unsicher in den sozialen Medien, andere haben Probleme, Bewerber:innen anzusprechen und dann auch schnell zu konvertieren. Hier können wir sehr gut entlasten.

Im Klartext: Ihr nehmt den Firmen das komplette Recruitment ab?

Ja oder auch nur einzelne Module. Viele mittelständische Unternehmen nutzen unser gesamtes Tool, unsere Software, und machen das alles selbst mit ihrem eigenen Team.

Welche Module sind das?

Zum einen bieten wir eine Recruiting-Software kostenlos an, über die das Unternehmen wirklich alles machen kann. Über die Karriereseite von Workwise zum Beispiel generieren Unternehmen Bewerbungen, indem sie sie an ihre eigene Webseite anbinden.

Unternehmen haben auch die Möglichkeit, mit Kandidaten schnell über unsere Plattform zu chatten, anstatt telefonisch oder schriftlich Termine zu vereinbaren.

Dann gibt es noch unseren Marktplatz, über den zusätzlich Bewerber:innen angesprochen werden können. Hier laufen bei uns jeden Monat 100.000 Bewerber über die Plattform. Bei uns arbeitet ein ganzes Team daran, nur um diesen Flow für die Jobsuchenden zu optimieren. Darüber hinaus kann man über Workwise Jobs auf klassischen Jobbörsen posten, wie StepStone, Indeed, Bundesagentur für Arbeit etc.

Woran verdient ihr?

Unsere Plattform als Bewerbermanagementsystem zu nutzen, ist für Unternehmen komplett kostenlos. In dem Moment, in dem wir über unseren Service, über den vorhandenen Pool an Jobsuchenden oder andere Wege zusätzlich Kandidaten vermitteln, zahlt das Unternehmen eine Vermittlungsprovision. Das wir uns in diesem Fall um die Vermarktung der Jobangebote kümmern, ist für viele Unternehmen eine große Erleichterung.

Was habt ihr weiter vor?

Wir erweitern unsere Werkzeugpalette kontinuierlich und bieten immer mehr Recruiting-Features an. In den nächsten Wochen wird es zum Beispiel möglich sein, Stellen auf vielen anderen relevanten Jobbörsen kostenlos zu vermarkten. Außerdem können künftig Kandidaten auf unserer Plattform auch proaktiv angesprochen werden. Wir wollen Workwise zum Inbegriff von effektivem und effizientem Recruiting im deutschsprachigen Arbeitsmarkt machen.

Wie sieht es mit Fachkräften in den eigenen Reihen aus – Stichwort internes Recruiting?

Das ist ein superrelevantes Thema. Mitarbeiter im eigenen Unternehmen zu identifizieren und sie auf offene Stellen zu allokieren, das ist eine gute Strategie, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Ein großes Potenzial, das meines Erachtens noch unterschätzt wird, liegt in der Bereitschaft, Praktikanten und Werkstudenten zu beschäftigen, beziehungsweise Abschlussarbeiten im Unternehmen auszuschreiben. Denn der Wettbewerb, wenn ich zum Beispiel eine Informatik-Abschlussarbeit ausschreibe, ist viel geringer, als wenn ich eine Stelle für einen Junior Softwareentwickler für den Berufseinstieg ausschreibe. Als Unternehmen habe ich dann den Vorteil, dass ich die Person und deren Potenzial schon kenne und eventuell übernehmen kann.

Ihr habt euch sieben Jahre lang selbst finanziert … jetzt kommt Investorengeld.

Die letzten Jahre kamen wir durch erfolgreiches Bootstrapping und starkes organisches Wachstum in eine sehr gute Ausgangslage. Mit LEA Partners und Armira Growth stehen wir schon seit einiger Zeit in einem vielversprechenden Austausch. Wir freuen uns und sind stolz, mit solch erfahrenen Partnern, die uns nicht nur finanziell, sondern auch mit ihrem Know-how unterstützen, den nächsten Wachstumsschritt gehen zu können.